Mehr S/4-PS, bitte!
SAP ist sehr bemüht, letztendlich ihre Bestandskunden von Hana und S/4 zu überzeugen. Tatsache hingegen ist, dass die allermeisten Business-Suite-7-Anwender einer S/4-Conversion zustimmen, weil es keine Alternativen gibt. Das ist eine gefährliche Entwicklung für SAP.
Genau genommen hat SAP sich selbst aufgegeben. SAP hat vor den Bestandskunden inhaltlich kapituliert. Seit vielen Monaten ist das finale Argument für Hana und S/4 das viel beschworene Cloud Computing, das mehr PS bringen soll, siehe Illustration. SAP hat eine Deadline gesetzt und damit ihre Bestandskunden unter Druck gesetzt. Das Argument lautet nur noch: mehr PS in der Cloud.
Ein inhaltlicher Diskurs findet nicht statt. War es früher eine kritische und konstruktive Auseinandersetzung über die bestmöglichen Geschäftsprozesse, über eine optimale Aufbau- und Ablauforganisation, so werden von SAP aktuell nur noch technische Argumente wie Cloud Computing und Process Mining vorgebracht. Hier investiert SAP viel und kann auch PS vorweisen, aber ohne konzeptionellen Überbau – weshalb auch Rise with SAP versandet ist.
SAP hat vor mehr als einem Jahr für viel Geld ein sehr mächtiges Process-Mining-Werkzeug gekauft. Neben Celonis vielleicht das potenteste System. Die PS waren also vorhanden. Was aber damit anfangen? Wohin soll die Reise gehen? Lediglich die SAP Business Suite 7 auf eine neue Plattform zu heben und kräftig Gas zu geben ist den meisten SAP-Bestandskunden zu wenig, siehe Illustration.
Ein halbes Jahr später wurde SAP sich des intellektuellen Defizits bewusst, denn die zugekauften Process-Mining-PS verpufften ungenutzt. Eine neuerliche Partnerschaft mit Professor August-Wilhelm Scheer soll nun den intellektuellen Überbau für das PS-starke Process-Mining-Werkzeug von Signavio liefern. Eine gute Entscheidung, aber eine wissenschaftliche Absicherung und ein analytisches Grundgerüst hat der Signavio-Mitbewerber Celonis aus München schon vor vielen Jahren mit Professor Wil van der Aalst eingeleitet, der seit mehr als einem halben Jahr Chief Scientist bei Celonis ist.
Ein Schelm, der Böses dabei denkt: Celonis gab im August vergangenen Jahres die Ernennung von Professor Wil van der Aalst zum Celonis Chief Scientist bekannt, nur zwei Monate später präsentierte SAP die runderneuerte Partnerschaft mit Professor August-Wilhelm Scheer. Die Erkenntnis daraus: Als Unterbau braucht der SAP-Bestandskunde mehr PS für sein ERP, um ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis zu bekommen, aber ohne konzeptionellen Überbau und eine verifizierte Roadmap geht es nicht.
PS in der SAP-Community sind nicht nur ein starker Hana-Motor, mit dem Gas gegeben wird, sondern sollten auch ein Plan sein, wohin die Reise führen kann. Zeitgemäße PS für S/4 bestehen aus einer semantischen und syntaktischen Komponente. Beides zusammen könnte die SAP-Bestandskunden wirklich vorwärtsbringen und ihnen nicht nur eine Geräuschkulisse anbieten: Brumm! Brumm! Roaaarr!