Mietpreisbremse für SAP?
SAP will offenbar ihre Preise für Cloud-Dienste um 3,3 Prozent anheben. Diese Preiserhöhung soll künftig automatisch jedes Jahr stattfinden, ähnlich wie bei einer Staffelmiete, berichtet das Handelsblatt. Das hört sich zunächst gar nicht nach viel an, summiert sich mit der Zeit aber zu einem erheblichen Aufschlag: Bei einem Fünf-Jahres-Vertrag sind das fast 18 Prozent. So steigt in dieser Zeitspanne eine Gebühr von jährlich 100.000 Euro auf rund 118.000 Euro (zuzüglich möglicher Preisanpassungen der Listpreise, ganz zu schweigen von der S/4 Hana Private Cloud, deren Infrastruktur für viele Unternehmen die einzige Wahl darstellen wird).
Mehrwert bieten
Also: Wenn ich einen Service buchen will, halten mich automatische jährliche Preiserhöhungen in der Regel von der Nutzung dieses Angebots ab. Ich bin Hanseatin, gradlinig, global, für mich müssen verhandelte Konditionen innerhalb der Laufzeit fix sein. Eine Preiserhöhung sollte immer auch einen Mehrwert bieten. Tatsächlich kann ich ja auch nicht innerhalb der Laufzeit Lizenzen reduzieren und habe somit faktisch null Flexibilität, aber die jährlichen Kosten innerhalb vereinbarter Laufzeiten bei nun kommenden Neuverträgen sollen steigen. Warum sollte ich dann überhaupt noch lange Laufzeiten abschließen und nicht lieber abwarten und den Markt beobachten? Und was bedeutet das, wenn meine bestehenden Cloud-Verträge auslaufen?
Bei jeder Vertragsverlängerung können Funktionen entfernt und separat bepreist werden. Wenn es im „Mietvertrag“ nicht geregelt ist, können Nutzungsbedingungen beliebig geändert werden. Preiserhöhungen, ohne einen entsprechenden Gegenwert zu bieten, halten Einzug. Sollte der Kunde das nicht akzeptieren, wird die Subscription beendet und es kann nicht mehr auf die Software zugegriffen werden. Geschäftskritische Daten (auch jene unter gesetzlicher Aufbewahrungspflicht!) gehen verloren. Für einen Mietvertrag für eine so komplexe Software wie SAP gibt es keine realistische Exit-Möglichkeit. Diese Diskussion ist Wasser auf die Mühlen aller Cloud-Skeptiker, die Angst haben, sich in weitere Abhängigkeiten (den sogenannten Vendor-Lock-in) eines einzelnen Anbieters zu begeben. Da muss man zukünftig sicher noch genauer hinschauen, auch, was die PaaS-Nutzung betrifft.
Gelingt es allerdings der SAP, ihre Preiserhöhung ohne spürbare Kundenverluste durchzusetzen, dann sind das zumindest gute Nachrichten für die Aktionäre (Margendruck sinkt, Einnahmen steigern) – für andere Mitglieder der Community eher weniger.
Auf lange Sicht
Das Thema Lizenzen und Preise ist seit vielen Jahren Streitthema zwischen SAP und den Anwendern: Viele Kunden klagen darüber, dass sie die Preis- und Lizenzmodelle des Anbieters nicht mehr nachvollziehen können. Schon lange fordert die DSAG hier mehr Flexibilität und Transparenz. Gerade in der Cloud braucht es bewegliche Lizenzmodelle, die es Anwendern ermöglichen, Ressourcen nach Bedarf zu skalieren. Kurzfristig spielt die Cloud ihre Trümpfe aus und mag in einem volatilen Markt ihre Vorzüge haben. Stichwort ist auch hier vor allem Skalierbarkeit, denn es gibt einen Break-even-Point. Vielleicht ist die Cloud auf lange Sicht doch nicht die günstigere Variante – wer weiß. Bei der reinen Lizenzbetrachtung (Infrastrukturkosten komplett aus der Betrachtung rausgenommen) ist im Schnitt spätestens nach vier Jahren das Mietmodell gegenüber S/4 Hana On-premises teurer.
Es gilt also vor der Migration auf das Cloud-Modell der SAP die Lizenzbestände aufzuräumen, die Vertragssituation gründlich zu prüfen und den Lizenzbedarf im Cloud-Modell vorher zu simulieren. Somit ist man vorbereitet auf die anstehende Verhandlung mit der SAP, um das Optimum aus seinen Lizenzverträgen herauszuholen.
SAP-Lizenzierung ist komplex und erfordert technisches und juristisches Know-how. Nur wer seine Lizenzen optimiert hat, zahlt nicht mehr als notwendig oder riskiert teure Nachzahlungen.