Glaubwürdige Kommunikationsarbeit
SAP hat ein Glaubwürdigkeitsproblem
SAP will eine Cloud Company werden, hat aber im besten Fall nicht mehr zu bieten als Microsoft, Amazon oder Google. SAP redet viel über Cloud Computing, besitzt auf diesem Feld aber kein Alleinstellungsmerkmal. Dort, wo SAP einzigartig ist, gibt es kaum Beachtung für das Angebot.
Das SAP-Produkt Billing and Revenue Innovation Management (on-prem) und das etwas leistungsschwächere SAP-Cloud-Pendant Subscription Billing sind anerkannte Alleinstellungsmerkmale. Einer der führenden BRIM-Experten im deutschsprachigen Raum ist der SAP-Partner GTW, siehe auch E-3 Coverstory vom Oktober dieses Jahres.
Anlässlich des DSAG-Jahreskongresses in Leipzig berichtete ich SAP-Vorstand Thomas Saueressig vom erfolgreichen BRIM-Projekt bei der Schweizerischen Post. Innerhalb von Sekunden ergab sich ein lebhaftes Gespräch. Thomas Saueressig wusste sofort Bescheid und bestätigte den Erfolg und die strategische Bedeutung von BRIM. Es enstand die Idee, eventuell mehr über die BRIM-Lösung zu berichten – auch wenn diese momentan noch nicht Cloud-fähig ist und damit vielleicht nicht zu 100 Prozent in die “SAP-Philosophie” passt. Thomas Saueressig vermittelte den Eindruck, dass er den Wunsch gerne berücksichtigt.
Es gab somit am DSAG-Jahreskongress in Leipzig mit Wohlwollen aus dem SAP-Vorstand ein Treffen zwischen den Beteiligten. Aber auch gut gewollte Kommunikationsarbeit kann destruktiv sein, wenn keine konkreten Schritte erfolgen. Die Worte von Thomas Saueressig anlässlich des Treffens in Leipzig zwischen dem Vorstand und dem E-3 Magazin erscheinen wenig glaubwürdig. Was ist schiefgelaufen?
Insider werden wenig überrascht und dennoch entsetzt sein: Wenn etwas nicht in das offizielle SAP-Bild passt – wie in diesem Fall ein erfolgreiches On-prem-Produkt – dann wird das Thema so lange nach unten delegiert, bis es versandet und wieder Ruhe einkehrt. Entsetzt werden alle Beteiligten sein, die um den Wertbeitrag von BRIM wissen. Kaum ein anderes SAP-Produkt spült kontinuierlich so viel Umsatz in die SAP-Kasse wie BRIM. Hier wird nach Belegen abgerechnet und nach erfolgreichem Customizing klingelt der Geldbeutel bei SAP ohne Ende. Selbst in den gewohnt kritischen Kreisen der DSAG e.V. sind die Experten von der Qualität des SAP-Produkts BRIM überzeugt, machen jedoch auf die hohen Kosten aufmerksam, die sich kaum ein Unternehmen aus dem Mittelstand leisten kann.
Für die SAP-Community ist das SAP’sche Desinteresse ein Kulturschock. Kommunikationsarbeit muss konsistent sein. Das Mittelmanagement und Heerscharen von Assistenten dürfen den SAP-Vorstand nicht ausbremsen. Am Ende findet sich ein unglaubwürdiger, wenig verlässlicher und damit beschädigter Vorstand. Kommunikationsarbeit ist nur dann relevant, wenn diese auch glaubwürdig ist. Das Engagement von SAP-Partnern und die Bereitschaft des Vorstands sind relevant für den Erfolg der gesamten SAP-Community.
Dieser Text wurde am Montag, 5. Dezember 2022 online aktualisiert und stimmt nur zum Teil mit der Druckausgabe E-3 November 2022 überein.