SAP kann nicht Plattform
Der SAP BTP fehlt das Plattformgen
Laut einer aktuellen Umfrage des renommierten Analysten PAC aus München verwendet nur ein Viertel der SAP-Bestandskunden die SAP Business Technology Platform, BTP. SAP positioniert die BTP als Parallelsystem zu S/4. Das SAP’sche Ziel ist ein standardisierter S/4-Kern als Vorbereitung für die Public Cloud: Keep the Core Clean! Daneben, Side-by-Side, soll die Business Technology Platform das Framework für Erweiterungen und Individualisierung werden.
Das BTP-Konzept ist nicht unumstritten, weil es neben dem S/4-System eine weitere IT-Baustelle in das SAP-Universum einführt. Hinzu kommt das Unvermögen, BTP als konsolidierende Plattform anzuwenden, weil BTP vielmehr eine Ansammlung von Services als ein stringentes Framework wie etwa Microsoft Azure ist. Der BTP fehlt das Plattformgen. Es fehlen ein konsistentes Datenmodell, eine End-to-End-Prozessorganisation, harmonisierte Entwicklungswerkzeuge und vieles mehr. Mit Cloud ALM, Signavio, Joule, Datasphere, LeanIX und AI Hub existieren im SAP-Universum viele und wertvolle Bausteine, diese sind aber weder orchestriert noch harmonisiert – was die Aufgabe der BTP wäre.
Negative SAP-Plattformbilanz
Bereits vor vielen Jahren versuchte sich SAP im Plattformgeschäft mit der Middleware NetWeaver. Altgediente SAP-Bestandskunden werden sich an das Dualstack-Desaster von Abap und Java erinnern und an die horrenden Kosten, Abap und Java wieder zu trennen. Auch SAP NetWeaver hatte wichtige und wertvolle Services und Funktionen, war aber weit entfernt von einer konsolidierten Plattform.
Viele Jahre später wollte SAP die eigene SQL-Datenbank Hana als Plattform in der IT-Szene positionieren, aber niemand wollte auf der Hana-Datenbankplattform SAP-unabhängige Entwicklungen starten. Damit blieb Hana die In-memory-SQL-Maschine für S/4 und mehr auch nicht. Selbst die hübsche Bezeichnung HCP, Hana Cloud Platform, und HEC, Hana Enterprise Cloud, konnte niemanden vom SAP’schen Plattformgedanken überzeugen.
Diese negative Tradition setzt nun BTP fort. Ähnlich dem NetWeaver ist auch BTP ein Konglomerat von interessanten und innovativen Services. Aber wieder fehlen die Orchestrierung und Konsolidierung. Plattform ist anders!
BTP-Zukunftsoptionen
Wenn es SAP gelingt, die vielen Erwartungshaltungen an die Business Technology Platform zu harmonisieren und zu synchronisieren, dann könnte BTP für die SAP-Bestandskunden eine zentrale Entwicklungs- und Datenplattform werden. Die Zutaten liegen im SAP-Werkzeugkoffer bereit. Ob SAP-Technikvorstand Jürgen Müller die Ressourcen bekommt, diese Orchestrierung von Steampunk, Cloud ALM, Joule, Hana, Signavio, LeanIX und Datasphere auch zu verantworten, das bleibt die offene Frage.
Auf den DSAG-Technologietagen 2024 in Hamburg hat Vorstand Jürgen Müller angekündigt, im Rahmen der BTP auf Cloud Foundry zu setzen. Im Sinne der Open-Source-Community eine gute Entscheidung, aber auch eine Flucht nach vorne: Nun kann es für BTP heißen „Bring Your Own Programming Language“, aber was wird aus Abap und Steampunk, was aus RAP und CAP?
Abap kann mehr
SAP-Technikvorstand Jürgen Müller präsentierte auf der SAP TechEd 2023 in Bangalore, Indien, einen Co-Pilot für die Erstellung von Javascript, der aber noch kein Abap beherrscht, was als Steampunk-Funktionalität für die BTP nicht ganz unwichtig wäre. Am Rande des Steampunk- und BTP-Summits 2024 in Heidelberg konnten die Teilnehmer erfahren, dass Microsoft bereits intern mit einem Abap-Co-Pilot arbeitet. Was nun, SAP? Sollen SAP-Bestandskunden für RAP auf die Microsoft-Azure-Plattform wechseln?
1 Kommentar
Daniel Rösch
Wenn die SAP die eigene Roadmap wieder enger mit den Kunden abstimmt, wäre ein Anfang gemacht.