Indirekte SAP-Daten- und KI-Nutzung
Ich gestehe und meine Frau hat mich diesbezüglich schon oft getadelt: Hinsichtlich Verträgen, juristischer Fragestellungen und Stolpersteine, AGBs und unlauteren Wettbewerbs bin ich naiv, ahnungslos, orientierungslos – aber auch desinteressiert. Ich habe meine Frau, die äußerst gewissenhaft und penibel ist, und ich habe unseren Chefjustiziar. Im beginnenden KI-Zeitalter und mit einer SAP’schen Indirekte-Nutzung-Vergangenheit werde ich jedoch meine abwehrende Haltung gegenüber allem Juristischen ändern müssen.
Wer in den vergangenen Monaten den KI-Diskurs genauer beobachtet hat, konnte bereits die Gier nach Daten und die Herausforderungen des nachhaltigen Lernens erkennen. Large-Language-Modelle, LLMs, sind ein Informatikkonstrukt, das lernfähig ist im Sinn von statistischen Funktionen und Algorithmen, aber natürlich nicht im Sinn von Verstehen. Daraus resultiert ein ungemeiner Hunger nach Daten, je mehr, umso schlauer wird das System – vereinfacht gesagt.
Der Aleph-Alpha-Mitgründer Jonas Andrulis hat bei einer KI-Veranstaltung des deutschen Handelsblatts vom Potenzial seines Large Language Model und den Erkenntnissen des Process Mining von Signavio geschwärmt. Diese Kombination klingt verlockend – nur wie steht es um den Datenschutz und das Intellectual Property? Die Geschäftsprozesse eines ECC oder S/4 sind durch das Customizing und die Modifikationen der SAP-Bestandskunden entstanden. Will ich, dass ein LLM, angelernt mit unseren Geschäftsprozessen, bei einem Mitbewerber schlaue Antworten gibt?
Natürlich widerspricht dieser egoistische Ansatz jeder Open-Source-Idee, aber in den Prozessen steckt nicht nur unser IP, sondern auch Algorithmen und Daten von Partnern, Kunden und Zulieferern. Salesforce hat sein erfolgreiches CRM bereits vor einigen Jahren um leistungsfähige KI-Funktionen erweitert. Wie? In den Salesforce-AGBs kann es jeder nachlesen: Dort sichert sich der Cloud-Anbieter das Recht, in anonymisierter (!?) Weise auf alle Daten zum Zweck des Trainierens eines KI-Modells zuzugreifen. Das ist kein Einzelfall: HCM-Anbieter Workday agiert ähnlich. Irgendwie muss der dumme Computer etwas lernen, oder?
Neben DSGVO, IP und Open Source ist der klassische SAP-Bestandskunde auch noch mit dem Thema indirekte Nutzung konfrontiert. Die Vision von Jonas Andrulis kann nur gelingen, wenn zwischen ECC oder S/4, Signavio und Aleph-Alpha-LLM die Daten und Algorithmen frei ausgetauscht werden, siehe Lerneffekt. Würde SAP das Gebührenschema der indirekten Nutzung beibehalten, dann wäre jedes ERP-LLM unbezahlbar. Würde SAP die indirekte Nutzung bei LLMs aussetzen, dann wäre ein Präzedenzfall für weitere KI-Anwendungen geschaffen. Tatsache ist, dass sich SAP mit dem Thema indirekte Nutzung ein Eigentor geschossen hat, das nun im KI-Zeitalter katastrophale Auswirkungen haben könnte.
Laut Medienberichten aus Hamburg von unseren DSAG-Technologietagen ist sich SAP dieses Dilemmas bewusst. Es gibt eine KI-Vision bei SAP, aber wie diese realisiert werden soll, steht in den Sternen. Ist SAP zu klein für das große Thema KI? Momentan schaut es sehr traurig aus: Die Investitionen von SAP in künstliche Intelligenz, direkt oder indirekt an Aleph Alpha, sind marginal im Vergleich zu den Summen bei Microsoft, Meta, Amazon und Google. Aus europäischer Sicht verkennen wir oft das Kräfteverhältnis, ich habe mir erlaubt, aus dem Manager Magazin eine Grafik über den Wert von Unternehmen zu kopieren.
Die wertvollsten Unternehmen der Welt, Europas und Deutschlands nach Börsenwert, in Billionen Dollar.
Stand 30. Januar 2024. Quelle: Manager Magazin.
Angesichts dieser MM-Grafik braucht SAP dringend einen aktivistischen Kopf wie Ex-Deloitte-Chef Punit Renjen – aus dieser Vision ist nun nichts geworden. Professor Hasso Plattner hat sein eigenes Lebenswerk mit der Abberufung des im Vorjahr designierten Aufsichtsratsvorsitzenden beschädigt, aber das ist eine andere Geschichte.
2 Kommentare
Mario
Lunch until 5PM is Spanish standard lunch 🙂
E3-Magazin
Hello Mario, thank you for your comment!