SAP-Kuckucksei
Professor Hasso Plattner könnte in seinem letzten Dienstjahr als SAP-Aufsichtsratsvorsitzender zufrieden sein. Punit Renjen, vor einem Jahr in den SAP-Aufsichtsrat gewählt und damals als Plattner-Nachfolger designiert, hätte als aktivistischer Aufsichtsratsvorsitzender dem Gesetz „Never Change a Running System“ widersprochen und eine neue SAP erschaffen. Diese SAP wäre auf die eigenen Bestandskunden fokussiert gewesen. Kein Stein wäre auf dem anderen geblieben. Eine Reorganisation nie gekannten Ausmaßes hätte stattgefunden.
Aber Punit Renjen hat angesichts des Filzes, der Seilschaften und des Sumpfs in und rund um SAP beschlossen, aus dem Aufsichtsrat auszusteigen. Die Interpretation divergiert: Freunde von Renjen meinen, er habe die Erfolglosigkeit seiner Reformpläne erkannt und nicht ein Bauernopfer werden wollen, die Feinde bescheinigen dem amerikanischen Topmanager anhaltende Unfähigkeit, die Rolle eines deutschen Aufsichtsratsvorsitzenden zu verstehen.
Durch sein aktivistisches Auftreten hat Punit Renjen bereits im ersten Jahr seines Aufsichtsratsmandats viele SAP-Executives verschreckt und gegen sich aufgebracht. Nach den hektischen Jahren mit Professor Hasso Plattner haben sich schon viele SAP-Aufsichtsräte und -Vorstände auf ruhigere Zeiten eingestellt mit einem Aufsichtsrat, der zwar seiner Aufsichtspflicht nachkommt, aber sich mit Ratschlägen doch bitte zurückhalten soll.
Letztendlich fanden die gefährdeten und bedrohten SAP-Executives in Professor Hasso Plattner einen Verbündeten. Punit Renjen wird diesen Mai aus dem SAP-Aufsichtsrat ausscheiden und somit nicht Plattner-Nachfolger sein. Sein vermutlicher Nachfolger ist ohne Bedeutung. Laut Aufsichtsratsplan soll er nur für zwei Jahre gewählt werden. Er war zuvor schon fast 20 Jahre Mitglied des Aufsichtsrats. Er kennt alle Seilschaften und Befindlichkeiten. Er wird niemanden stören oder irritieren.
Professor Plattner wird an seinen neuen designierten Nachfolger Pekka Ala-Pietilä ein gut aufgestelltes und konsolidiertes Haus übergeben. CEO Christian Klein verwaltet dieses Haus gewissenhaft und bemüht. Aber die Geschichte geht weiter: Nachdem die SAP-Seilschaften gerettet wurden, findet sich im zukünftigen SAP-Vorstand noch ein junges Kuckucksei!
Punit Renjen wurde 2023 in den SAP-Aufsichtsrat als Plattner-Nachfolger gewählt. Gewissenhaft analysierte Renjen eine SAP, deren Aufsichtsratsvorsitzender er werden sollte. Er fand viele Baustellen, unter anderem im SAP-Vorstand. Punit Renjen war es, der die Reorganisation zur Jahreswende 2023/2024 auslöste, die Thomas Saueressig einen neuen, bedeutenden Vorstandsposten brachte und Saueressig als möglichen Christian-Klein-Nachfolger positionierte.
Parallel dazu kommt sehr überraschend als Nachfolger von Thomas Saueressig und mit Wirkung zum 1. April 2024 Muhammad Alam in den SAP-Vorstand. Alam startete erst 2022 bei SAP als President und Chief Product Officer für das Intelligent Spend and Business Network. Muhammad Alam ist das Kuckucksei von Ex-SAP-Aufsichtsrat Punit Renjen.
Personalentscheidungen im SAP-Vorstand und -Aufsichtsrat waren immer das Vorrecht von Professor Hasso Plattner. Naturgemäß hatte er innerhalb und außerhalb der SAP viele Einflüsterer und Ratgeber. Letztendlich war es aber fast immer eine sehr persönliche, impulsive und disruptive Entscheidung, auch verbunden mit menschlichen Enttäuschungen.
Das Kuckucksei im SAP-Vorstand konnten aber weder Hasso Plattner noch seine Freunde verhindern, zu geschickt und zu raffiniert hat Punit Renjen den Amerikaner Muhammad Alam platziert: SAP-Vorstand Thomas Saueressig wurde „weggelobt“ auf einen neuen, sehr unspezifischen Vorstandsposten, der auch schnell zum Schleudersitz werden könnte oder die nächste Stufe zum SAP-CEO. Aber wie lange sich nun das Kuckucksei Muhammad Alam ohne die schützende Hand von Punit Renjen halten wird, ist vollkommen ungewiss. Der Übervater Plattner wird in jeder Hinsicht fehlen und der SAP-Vorstand steht ohne Beschützer auf der grünen Wiese.