SAP-Allzeithoch
Nach Vorhersagungen der Analysten von Goldman Sachs liegt das Kursziel der SAP-Aktie bei 240 Euro. Ausgehend vom Tiefstand vor etwa zwei Jahren mit 80 Euro pro Aktie wäre es dann eine Verdreifachung innerhalb weniger Monate. Die Einschätzungen anderer Finanzanalysten sind nicht ganz so euphorisch, aber auch spektakulär: JP Morgan sieht die SAP-Aktie bei 220 Euro und UBS aus der Schweiz bei 222 Euro, das Analystenhaus Jefferies aus New York, USA, sogar bei 225 Euro.
Die Gründe für diesen Aktienerfolg sind mannigfaltig, aber nicht unbekannt: Die Geschäftsentwicklung des ERP-Weltmarktführers ist nur ein Teil der Antwort. SAP ist mit bestimmten Aspekten der Produktstrategie durchaus erfolgreich: Clean Core, Business Technology Platform, Rise und Hana. Diese Komponenten sind jedoch komplex und werden von Finanzanalysten nur zum Teil verstanden und hinterfragt. Was also die SAP-Bestandskunden bewegt und beschäftigt, ist in der Regel etwas anderes. Die Finanzanalysten der großen Banken leben in einer eigenen Blase und bewerten nach anderen Kriterien als die SAP-Community.
Produktstrategie und Roadmap
Während SAP seit vielen Jahren eine durchwachsene Produktstrategie fährt und die eigenen Partner und Bestandskunden mit viel Licht und Schatten beglückt, war unter dem ehemaligen SAP-Finanzvorstand Luka Mucic die Kommunikation mit der Finanz-Community nur unterdurchschnittlich. Die meisten Mitglieder der SAP-Community bescheinigen Luka Mucic eine ganz hervorragende Arbeit. Er verstand nicht nur die SAP-Finanzen, sondern auch die SAP-Produkte. Er war in beiden Welten zu Hause und finanzierte sowohl erfolgreiche Zu- als auch Verkäufe von Beteiligungen. Seine Bilanz war immer positiv.
Die sehr positive Arbeit des ehemaligen SAP-Finanzvorstands Luka Mucic fand aber kaum Niederschlag im SAP-Aktienkurs, was Professor Hasso Plattner nervös und unzufrieden machte. Weil Luka Mucic die Finanzanalysten nicht vom offensichtlichen Erfolg der SAP überzeugen konnte und der Aktienkurs im Vergleich zu den SAP-Mitbewerbern sich lange Zeit mehr seitlich als aufwärts bewegte, zog Professor Plattner die Reißleine und Mucic musste gehen. Sein Nachfolger wurde Dominik Asam, der mit einer makellosen Industriekarriere überzeugt hat.
In den letzten SAP-Tagen von Luka Mucic im Jahr 2023 begann der SAP-Aktienkurs sich aufwärts zu bewegen und Dominik Asam konnte diesen Schwung voll mitnehmen. Anfang dieses Jahres erklärte er auf der Bilanzpressekonferenz: „Das Jahr 2023 war für uns ein Wendepunkt. Wir haben Wort gehalten und trotz eines ungünstigen gesamtwirtschaftlichen Umfelds ein zweistelliges Wachstum beim Betriebsergebnis (Non-IFRS) erreicht. Im Jahr 2024 werden wir uns weiter darauf konzentrieren, den eingeschlagenen Pfad zur Verbesserung der Erträge sicherzustellen, um unsere aktualisierten Zielsetzungen für 2025 zu erreichen und nachhaltiges Wachstum und finanzielle Leistung zu zeigen.“
SAP-Vorstandssprecher Christian Klein sagte auf der Bilanzpressekonferenz am 23. Januar dieses Jahres: „Die SAP hat geliefert: Unseren Ausblick für 2023 haben wir bei allen wichtigen Kennzahlen erfüllt oder übertroffen und mit einem hervorragenden Auftragseingang ist unser Current Cloud Backlog um 27 Prozent auf ein Rekordniveau gestiegen. Wir sind zuversichtlich für das Jahr 2024, denn aus dieser Position der Stärke heraus schlagen wir das nächste Kapitel in unserer Erfolgsgeschichte auf: Mit dem geplanten Transformationsprogramm verlagern wir verstärkt Investitionen in strategische Wachstumsbereiche, in erster Linie in KI. Damit werden wir auch zukünftig wegweisende Innovationen entwickeln und gleichzeitig die Effizienz unserer Geschäftsprozesse verbessern.“
Ist der SAP-Aktienkurs ein Versprechen auf die Zukunft? Die aktuelle Situation der SAP-Community ist nicht unbekannt: Europa denkt und agiert anders als der Rest der Welt. Global erfreuen sich SAP-Neukunden an den Funktionen der S/4-Public-Cloud. Wer keine Altlasten hat und auf der grünen Wiese beginnt, für den kann S/4 eine Wohltat sein. Für langjährige SAP-Bestandskunden ist bereits die Meldung eine Katastrophe, dass noch mehr erfahrene Mitarbeiter den ERP-Weltmarktführer verlassen als geplant und dass noch radikaler mittels Public Cloud auf Effizienz und hohen Deckungsbeitrag optimiert wird. Langfristig sieht es düster für SAP-Bestandskunden aus.
Standardisierung erhöht den Deckungsbeitrag. Individualisierung kostet Ressourcen. CEO Christian Klein und CFO Dominik Asam trimmen SAP in Richtung Cashcow. Mittels Massenentlassungen und Public Cloud wird SAP viel Geld verdienen. Weil SAP das gesamte Geschäftsmodell nicht mehr an betriebswirtschaftlichen Themen ausrichtet, sondern dem technischen Paradigma Public Cloud verfallen ist, sehen Finanzanalysten und Investoren eine goldene SAP-Zukunft vor sich: Mit der Präsentation der Finanzzahlen für das zweite Quartal 2024 stieg der SAP-Aktienkurs auf ein Allzeithoch.
Aufgrund einer umfassenden Unternehmensreorganisation war Anfang dieses Jahres geplant, etwa 8000 Mitarbeiter zu entlassen oder umzuschulen. Die SAP-Pläne haben sich geändert, nun soll es 10.000 Personen treffen, und die aktuellen Pläne zeigen, dass der ERP-Weltmarktführer noch schneller und radikaler zu einer Public-Cloud-Company mutieren will. Die Geschäftszahlen aus dem zweiten Quartal 2024 bestätigen diesen Trend und geben dem CEO Christian Klein und seinem CFO Dominik Asam recht.
Mit einer soliden Public-Cloud-Strategie kann SAP nur gewinnen, weil viel Personal mit altem On-prem- und Private-Cloud-Wissen abgebaut werden kann und gleichzeitig mit einer Public Cloud der bekannte Skalierungs- und Effizienzeffekt greift – die Hyperscaler haben es jahrelang vorgemacht. Ob SAP mit der radikalen Public-Cloud-Strategie für die europäischen Bestandskunden aber weiterhin relevant bleibt, ist noch nicht abgeklärt. Eine Umfrage der Deutschsprachigen SAP-Anwendergruppe (DSAG e. V.) von Anfang dieses Jahres zeigt, dass unter den DSAG-Mitgliedern die Relevanz von SAP als gleichbleibend bis leicht fallend wahrgenommen wird. Trotz neuer Themen wie KI und Cloud gelingt es SAP nicht, für die traditionellen Bestandskunden attraktiver zu werden.
Wachstumsdynamik mit Cloud
Christian Klein, Vorstandsvorsitzender der SAP, sagte bei der Präsentation der Bilanzzahlen aus dem zweiten Quartal: „Unsere Wachstumsdynamik im Cloud-Geschäft blieb im zweiten Quartal unverändert hoch und die Unternehmens-KI hat viele Geschäftsabschlüsse ermöglicht. Wir setzen weiterhin unsere Transformation mit großer Disziplin um und heben daher unsere Zielsetzung beim Betriebsergebnis für das Jahr 2025 an. Gleichzeitig investieren wir nach wie vor in unser Ziel, der führende Anbieter von Unternehmens-KI zu werden. Aufgrund unserer Fortschritte und starken Auftragspipeline sind wir zuversichtlich, bis 2027 ein beschleunigtes Umsatzwachstum zu erreichen.“
Die Erwartungshaltung der SAP-Bestandskunden ist eine andere als die Strategie von CEO Christian Klein. Ein langjähriger SAP-Anwender erwartet vom ERP-Weltmarktführer betriebswirtschaftliche und organisatorische Standardlösungen. Relevant war SAP immer aufgrund der programmierten Geschäftsprozesse, aufgrund der ganzheitlichen Sichtweise auf die Aufbau- und Ablauforganisation der Bestandskunden und aufgrund der soliden und effizienten End-to-End-Prozesse. SAP verdiente mit betriebswirtschaftlicher Standardsoftware immer ausreichend. Naturgemäß waren die Deckungsbeiträge beim Datenbankhersteller Oracle höher, aber der Unterschied fand sich nicht in einer besseren Strategie, sondern lediglich in einem anderen Geschäftsmodell. Softwareprodukte wie Microsoft Office, Adobe Acrobat oder Oracle lassen sich anders verkaufen als beratungsintensive ERP-Software. ERP in Form des SAP-Softwareangebots war nicht nur für die Anwender aufwändig und komplex, sondern auch für den Anbieter hinsichtlich Entwicklung und Wartung eine Herausforderung.
Aufgrund der langjährigen und hohen Abhängigkeit der Bestandskunden vom Wohlwollen der SAP haben sich Misstrauen und Sprachlosigkeit entwickelt. Es scheint, als würde SAP einen eigenen Weg zur Optimierung des Aktienkurses gehen und nicht mehr die Interessen der Kunden und Partner als Ziel ansehen. Als monopolartiger ERP-Anbieter erlaubt sich SAP mehr Freiheiten als viele Hyperscaler, die untereinander in pausenlosem Mitbewerb stehen. Mit der Kraft des Monopols ging SAP in den vergangenen zehn Jahren einen für Bestandskunden nicht immer leichten Weg. Eine Korrektur ist aus Sicht vieler Partner und Kunden überfällig, aber die Finanzanalysten jubeln und der Aktienkurs gibt SAP-Chef Christian Klein recht.
„Unser Augenmerk gilt weiterhin der Erfüllung unseres Ausblicks für dieses Jahr“, erklärte SAP-Finanzvorstand Dominik Asam im Juli dieses Jahres. „Das Wachstum des Current Cloud Backlog in der zweiten Jahreshälfte 2024 und insbesondere im vierten Quartal wird entscheidend sein, die Grundlage für unsere Zielsetzung bei den Cloud-Erlösen für 2025 zu schaffen. Gleichzeitig arbeiten wir weiterhin daran, unsere Zielsetzung für den Free Cashflow im Jahr 2025 zu erreichen. Dies trotz Restrukturierungszahlungen im mittleren dreistelligen Millionenbereich, die sich auf das nächste Jahr auswirken werden.“
Mit der S/4-Public-Cloud will SAP den erfolgreichen Weg der Hyperscaler gehen: durch maximale Standardisierung auch maximalen Profit erzielen. Was in Bereichen wie KI, Mail, E-Commerce und Storage sowie Datenbanken eventuell gelingen kann, das ist für eine umfassende ERP-Software kaum vorstellbar. SAP will dennoch eine Public-Cloud-Company nach dem Vorbild der Hyperscaler werden und beschneidet damit die Funktionen des eigenen ERP-Erbes, bis es in eine Public Cloud passt.
Die SAP-Bestandskunden sehen die Entwicklung in Richtung einer reduzierten, vereinfachten und standardisierten Public Cloud sehr skeptisch. SAP verspricht sich von diesem Weg hohe Effizienz, einen hohen Deckungsbeitrag und weniger notwendiges Personal. Gleichzeitig investiert die IT-Szene, darunter auch SAP, in generative KI, die eventuell vorhandene Defizite einer Public Cloud ausgleichen kann. SAP-Chef Christian Klein hat es oft genug betont: Betriebswirtschaftliche und organisatorische Herausforderungen, Störungen von Lieferketten, Digitalisierung und Supply Chain Planning werden SAP noch auf viele Jahre ausreichend Umsatz bescheren. Christian Klein hat recht. Die weltweit beste ERP-Software wird in herausfordernden Zeiten noch mehr gebraucht.
SAP versus Hyperscaler
Warum aber beschäftigt sich SAP-Chef Christian Klein mit Cloud? Die Hyperscaler oder spezialisierte und lokale Hoster können es wahrscheinlich besser. Warum beschäftigt er sich mit KI? Der Hype neigt sich dem Ende zu, die Aufwände und notwendigen Ressourcen sind gewaltig. Vorschlag: Cloud und KI den Spezialisten, ERP der SAP überlassen. Eine Korrektur ist überfällig. SAP sollte auf den ERP-Weg zurückfinden. SAP ist definitiv vom Kurs abgekommen. Angefangen hat es mit dem Ausflug in den Datenbankbereich. Hana ist nur aufgrund der SAP-Marktdominanz – Monopol – ein hinreichend befriedigender Erfolg. Werden Cloud und KI bei SAP ein ähnliches Schicksal erleiden?
SAP beherrscht den ERP-Markt wie kein anderes Unternehmen. Aufgrund der Komplexität des Themas ist SAP aber auch vor jeder Kartellbehörde und Monopolkommission geschützt. Naturgemäß besitzt SAP im ERP-Markt ein Monopol, mit dem es ein Leichtes war, eine unfertige Datenbank als neuen Standard zu etablieren. Nun zwingt SAP die Bestandskunden in die Cloud und verspricht KI-Funktionalität. Aber generative KI könnte schon bald jede Art von manuell programmierter Software obsolet machen. KI-Pionier Jürgen Schmidhuber erzählte vor vielen Jahren von der Konstruktion neuronaler Netze für das maschinelle Lernen.
Damals meinte er, dass schon bald ML (Machine Learning) so erfolgreich sein wird, dass die Maschinen ihre eigenen neuronalen Netzwerke konstruieren. Dieser Effekt ist auch vorstellbar für generative KI. Ein Large-Language-Modell könnte weitere und immer bessere Modelle entwerfen. Eines Tages könnte generative KI das bessere ERP in der Public Cloud anbieten, was jede weitere Bemühung von SAP vereiteln würde. ERP-Wissen in Form von Standardisierung und Mitarbeiterkündigungen aufzugeben, kann in Zeiten der generativen KI eine Sackgasse werden. SAP sollte nicht versuchen, eine Cloud Company zu werden, sondern weiterhin betriebswirtschaftliches Wissen generieren. Das kurzfristige Streben nach mehr Umsatz und Gewinn steht einem langfristigen Wissens- und Unternehmenserfolg entgegen.
Wahrscheinlich ist ERP-Software wie SAP ECC 6.0 am Ende des Lebenszyklus. ERP-Software, wie die SAP-Community sie kennt, ist ein Auslaufmodell. Offensichtlich sind aber S/4 und die Datenbank Hana nicht die adäquaten Nachfolger. Viele SAP-Bestandskunden machen den S/4-Hana-Releasewechsel mangels Alternativen und Innovationen. Noch fehlt der etablierte SAP-Mitbewerber oder das junge Start-up. Vereinzelt weichen SAP-Bestandskunden auf Spezial- und Nischenlösungen aus, aber für mindestens noch fünf Jahre ist das SAP-Monopol ungefährdet. Die S/4-Conversion wird etwa im Jahr 2030 abgeschlossen sein, dann beginnt die Diskussion über einen S/4-Hana-Nachfolger, weil die S/4-Bestandsgarantie bis 2040 niemanden in der SAP-Community interessiert.
Die nächste ERP-Generation muss jedoch offener, agiler, Public Domain und transparenter sein. Cloud Computing kann für viele ERP-Bereiche ein hilfreiches Betriebsmodell sein. Generative KI wird von außen neue Architekturmodelle für die betriebswirtschaftliche Aufbau- und Ablauforganisation konzipieren. Ein Public-Cloud-System als Blackbox, wie es SAP sich vorstellt, kann und wird es nicht geben. Die Public Cloud als ERP-Monopol und damit SAP-R/3-Nachfolger ist unsinnig und lediglich ein Zwischenschritt. Jede Public Cloud wird früher oder später zur ERP-Multi-Cloud mit unterschiedlichen Anbietern.
Vorstandssprecher Christian Klein ist jedoch mit dem SAP-Weg sehr zufrieden. Im April bestätigte er: „Wir hatten einen großartigen Start in das Jahr 2024 und sind zuversichtlich, unsere Ziele für das Jahr zu erreichen. Für die weitere Zukunft verfügen wir mit unserer Unternehmens-KI, dem zusätzlichen Verkauf weiterer Lösungen aus unserem Cloud-Portfolio an Bestandskunden und der Gewinnung von Neukunden im Mittelstand über starke Wachstumstreiber. Das Rekordwachstum unseres starken Current Cloud Backlog belegt diese anhaltende Dynamik. Darüber hinaus verläuft unser Transformationsprogramm planmäßig und wird uns helfen, dieses Wachstum zu erzielen und die Effizienz zu steigern.“
Auch fast zehn Jahre nach der Präsentation des On-prem-Systems S/4 ist die Marktakzeptanz verhalten. Die S/4-Metamorphose von On-prem zu Cloud war kein Geniestreich von SAP. S/4 mit der Datenbank Hana ist kein Cloud-native-System. S/4 funktioniert hinreichend bei den Hyperscalern und bei SAP selbst als Private- und Public-Version. SAP hat nur zwei Möglichkeiten: mit einem Cloud-native-ERP in Form eines S/5 einen radikalen Schnitt oder S/4 mit kostenfreien Zusätzen immer attraktiver zu machen. Mittlerweile gibt es viele Optionen, die ein SAP-Bestandskunde sich kostenfrei liefern lassen kann, wenn er bereit ist, in die SAP-Cloud mit S/4 zu übersiedeln. LeanIX, Signavio und Enterprise-Architekten sind hier nur die Spitze des Eisbergs.
Auch SAP-Finanzvorstand Dominik Asam ist nicht immer gleicher Meinung wie die SAP-Community: „Wir haben im ersten Quartal erfolgreich mit der Umsetzung unseres Transformationsprogramms begonnen. Zusammen mit den gezielten Investitionen in Unternehmens-KI werden wir die Chance verfolgen, die Kostenentwicklung vom Umsatzwachstum zu entkoppeln. Sehr erfreulich ist auch die anhaltende Wachstumsdynamik der Cloud-ERP-Suite, die den langfristigen Wandel im Markt hin zu integrierten Cloud-Lösungen widerspiegelt.“
Das verbliebene Restrisiko sind nicht die zahlreichen Zukäufe und Übernahmen, sondern die fehlende Orchestrierung im Sinne der SAP-Community. Wenn aus Vorhandenem wieder Neues erwachsen soll und die Metamorphose das weitere Wachstum prägt, dann minimiert sich das Risiko für die SAP-Bestandskunden. SAP-Chef Christian Klein plant das Gegenteil. Er geht mit Cloud und Best-of-Breed hohes Risiko ein, weil er allgemeinen und beliebigen IT-Trends hinterherläuft. SAP-Bestandskunden sind es gewohnt, über viele Jahre zu planen. Spontane IT-Shows, kurzfristige Roadmaps und kurzlebige Trends stehen nicht im Fokus von SAP-Verantwortlichen. Für Schockmomente und Kurskorrekturen sorgte in der Vergangenheit Professor Hasso Plattner.
Alternativen und Blindflug
SAP verkauft den aktuellen Blindflug als Erfolgsweg in eine glorreiche S/4-Cloud-Zukunft. An der Börse wird dieses Märchen geglaubt und der Aktienkurs ist stattlich, aber die SAP-Community weiß es besser: So kann es nicht weitergehen. Bestandskunden schauen sich nach Alternativen um. SAP verliert an Relevanz, siehe DSAG-Investitionsumfrage aus diesem Jahr. Der Blindflug von SAP-Chef Christian Klein soll durch KI erhellt werden, was natürlich nicht passieren wird, weil KI nur ein weiteres Werkzeug wie Cloud Computing ist. Was die SAP-Bestandskunden brauchen, sind Lösungen – digitale Transformationsprozesse – und keine weiteren IT-Werkzeuge. Auch kostenfreie Zugaben sind nur ein Trostpflaster und keine Lösung: Wenn Signavio und LeanIX kostenfrei den Weg zu den SAP-Bestandskunden schaffen, beginnt wieder die Diskussion über die Relevanz der Produkte.
Auch SAP wird es nicht gelingen, es allen mit allem recht zu machen. Ein IT-Gemischtwarengeschäft wie SAP wird niemals eine Antwort für die digitale Transformation sein. Die SAP-Community braucht vom ERP-Weltmarktführer Orientierung, Kompetenz und eindeutige Strategien. Der gleichzeitige Tanz in Echtzeit (siehe SAP Hana) auf allen Hochzeiten ist keine Antwort für die SAP-Bestandskunden.