KI-S/4-Kick-off
Jenseits des Hypes um künstliche Intelligenz zeigt sich zunehmend, dass der gezielte Einsatz der KI-Technik handfeste Effizienzsteigerungen in komplexen ERP-Projekten ermöglicht. Insbesondere bei Transformationsvorhaben wie S/4-Migrationen kann KI den SAP-Bestandskunden erheblich entlasten und Prozesse beschleunigen. Dies führt zu messbaren Zeit- und Kosteneinsparungen sowie einer Qualitätssteigerung in kritischen Projektphasen.
Ein Paradebeispiel für dieses Potenzial von KI ist das kürzlich abgeschlossene Projekt bei einem Ososoft-Kunden. Hier konnten die Vorteile des KI-
Einsatzes in einem komplexen S/4-Hana-Transformationsvorhaben unter realen Bedingungen demonstriert werden.
Komplexität meistern: S/4-Migration eines globalen Bauunternehmens. Unser Kunde, ein Bauunternehmen mit über zehn Milliarden Euro Jahresumsatz und mehr als 30.000 Mitarbeitern in über zehn Ländern, stand inmitten seiner S/4-Transformation vor typischen Problemen: unzureichend dokumentierte Changes und Prozesse, fehlende Trainingsunterlagen, mangelnde Test- und Regressionstestfälle. Diese Defizite resultierten aus Fachkräftemangel und der Doppelbelastung des Fachbereichs durch Alltagsgeschäft und Projektaufgaben.
In dieser kritischen Projektphase wurde deutlich, dass innovative Lösungsansätze erforderlich waren, um den Projekterfolg sicherzustellen. Wir empfahlen den Einsatz von künstlicher Intelligenz, um die ressourcenintensivsten Aufgaben zu optimieren. Im Fokus stand die beschleunigte, KI-gestützte Erstellung von Tests, Dokumentationen und Trainingsunterlagen bei gleichzeitiger Entlastung des Fachbereichs.
Intelligente Automatisierung
Unser Ansatz basierte auf drei Säulen: erstens, effiziente Datenerfassung durch fokussierte Prozessaufnahmen; zweitens, KI-gestützte Verarbeitung zur Generierung von Testfällen, Dokumentationen und Schulungsunterlagen, sowie drittens, Mehrsprachigkeit. Durch kurze, zielgerichtete Interviews (durchschnittlich 30 Minuten pro Prozess) erfassten wir detaillierte Daten zu Prozessabläufen und Modifikationen. Diese Daten nutzten wir, um KI-gestützt präzise Testfälle zu generieren, technische und nutzerzentrierte Dokumentationen zu erstellen sowie maßgeschneiderte Schulungsunterlagen in sechs Sprachen zu entwickeln.
KI-gestützte Best Practice
Der Schlüssel zum Erfolg lag in der Verbindung von effizienter Datenerfassung und KI-gestützter Verarbeitung. Anstelle zeitintensiver Workshops implementierten wir einen schlanken, strukturierten Prozess zur Informationsgewinnung. Durch kurze, zielgerichtete Interviews mit Schlüsselpersonen gelang es uns, detaillierte Daten zu Prozessabläufen, technischen Modifikationen und Best Practices zu erfassen. Mit einer durchschnittlichen Dauer von lediglich 30 Minuten pro Prozess konnten wir die Belastung des Fachbereichs auf ein Minimum reduzieren und gleichzeitig eine robuste und konsistente Datenbasis für unsere KI-Systeme aufbauen.
Die so geschaffene Datengrundlage nutzen wir, um drei Kernbereiche grundlegend zu optimieren. Im Bereich Testing entwickelten wir ein KI-Modul, das Anforderungen analysiert, relevante Prozesse auswählt und daraus präzise Testfälle generiert. Diese werden direkt an die genutzte Automatisierungssoftware übergeben, was den Testprozess erheblich beschleunigt.
Dokumentation und Modifikationen
Bei der Dokumentation integrierten wir zunächst die firmenspezifischen Autorenrichtlinien in unser KI-System. Dadurch konnten wir zwei Arten von Dokumentationen erstellen: technische Dokumentationen, die alle Changes, Modifikationen und Customizing-Aspekte eines Prozesses präzise erfassen, sowie nutzerzentrierte Dokumentationen, die sich auf den Prozessablauf konzentrieren und detaillierte Hintergrundinformationen sowie fachbereichsspezifische Erläuterungen enthalten.
Für den Bereich Training nutzte unser System die erstellten Dokumentationen, um maßgeschneiderte Schulungsunterlagen zu generieren. Es erstellte automatisch Präsentationen und Videos, die auf verschiedene Nutzerkreise zugeschnitten werden konnten. Dabei berücksichtigte das System Faktoren wie Granularität, Vorwissen und Komplexität, um die Ausrichtung der jeweiligen Trainings zu steuern und so auf die Bedürfnisse der jeweiligen Zielgruppe einzugehen.
Als besonderer Vorteil erwies sich die integrierte Mehrsprachigkeit: Alle generierten Materialien – von Testfällen über Dokumentationen bis hin zu Schulungsunterlagen – konnten den Anforderungen entsprechend in sechs verschiedenen Sprachen erstellt werden. Dies ermöglichte einen reibungslosen und beschleunigten internationalen Roll-out des S/4-Hana-Systems, ohne zusätzlichen Aufwand für den Fachbereich oder externe Übersetzungsdienstleister.
Diese Vorgehensweise ermöglichte es, hochwertige und maßgeschneiderte Materialien zu erstellen – bei minimaler Belastung des Fachbereichs. Der Einsatz von KI fungierte hier nicht nur als Effizienzbooster, sondern als echter Katalysator, der die Projektdynamik grundlegend veränderte und neue Maßstäbe im Bereich Time-to-Value setzen konnte.
Messbare Projekterfolge mit KI
Insgesamt führte unser KI-gestützter Ansatz zu messbaren Verbesserungen in den betroffenen Projektbereichen und trug wesentlich zur Einhaltung kritischer Meilensteine bei. In nur drei Tagen gelang es, Materialien zu generieren, deren konventionelle Erstellung etwa 180 Personentage erfordert hätte. Diese enorme Zeitersparnis ermöglichte es, kritische Meilensteine trotz der angespannten Ressourcenlage einzuhalten und sogar zusätzliche Qualitätssicherungsmaßnahmen durchzuführen.
Eine anfängliche Herausforderung war die Skepsis der Mitarbeiter gegenüber KI, insbesondere die Befürchtung, ersetzt zu werden. Durch Workshops und Demonstrationen konnten wir zeigen, dass KI die Mitarbeiter von repetitiven Aufgaben entlastet, nicht ersetzt. Dies war essenziell für die initiale Akzeptanz des Projekts und die Unterstützung der Fachbereiche.
In den Kernbereichen des Projekts zeigten sich jeweils deutliche Verbesserungen: Im Testing reduzierte sich der Erstellungsaufwand für Testfälle um 65 Prozent, während sich die Testabdeckung um beeindruckende 220 Prozent erhöhte, was zu einer deutlichen Steigerung der Projektsicherheit führte.
Schulungsmaterial
Die Erstellung technischer und prozessualer Dokumentationen beschleunigte sich um über 80 Prozent, was zu einer umfassenderen und aktuelleren Dokumentationslage führte. Bei der Entwicklung von Schulungsmaterialien wurde eine Zeitersparnis von 57 Prozent erzielt, was eine schnellere und effektivere Einarbeitung der Mitarbeiter in das neue System ermöglichte. Ein wesentlicher Vorteil des Ansatzes war die geringe zeitliche Belastung des Fachbereichs: Mit durchschnittlich nur 30 Minuten Aufwand pro Prozess konnten die Fachexperten ihr Wissen effizient einbringen, ohne von ihren Kernaufgaben abgelenkt zu werden – insgesamt konnte der Fachbereich durch den gezielten Einsatz von KI rund 120 bereits budgetierte Personentage einsparen. Dies trug wesentlich zur Akzeptanz des Projekts bei und ermöglichte es dem Fachbereich, sich auf kritische Aspekte der Transformation zu konzentrieren.
Interessanterweise übertraf die Qualität der generierten Materialien sogar unsere eigenen Erwartungen. Nach anfänglichen Schwierigkeiten zeichneten sie sich durch hohe Konsistenz, Detailtiefe und Zielgruppenorientierung aus – ein Eindruck, der durch positive Rückmeldungen aus verschiedenen Unternehmensbereichen bestätigt wurde. Fehlerhafte Informationen und Halluzinationen konnten durch bereitgestellte Daten fast vollständig unterbunden werden.
Fazit
Der Einsatz von KI in diesem S/4-Hana-Transformationsprojekt hat deutlich gezeigt, dass künstliche Intelligenz nicht nur ein Hype ist, sondern durchaus dabei unterstützen kann, komplexe Herausforderungen in digitalen Transformationen zu meistern. Die erzielten Zeit- und Kosteneinsparungen sowie die messbare Qualitätssteigerung in nahezu allen Projektphasen zeigen das enorme Potenzial dieser Technologie.
Besonders hervorzuheben ist die Tatsache, dass der KI-Einsatz nicht zulasten der Mitarbeiter ging. Im Gegenteil: Durch die Übernahme repetitiver Aufgaben durch die KI wurden die Mitarbeiter entlastet und konnten sich auf wertschöpfendere Tätigkeiten konzentrieren. Dies führte zu einer höheren Mitarbeiterzufriedenheit und letztendlich zu einem erfolgreichen Projektabschluss.
Die gewonnenen Erkenntnisse aus diesem Projekt dienen als wertvolle Grundlage für zukünftige Transformationsprojekte. Der Einsatz von KI als strategischem Katalysator wird eine zunehmend wichtigere Rolle spielen und Unternehmen dabei unterstützen, ihre digitale Transformation effizienter und schneller abzuschließen.