Das digitale Werk der Zukunft
Der führende Schaltschrank- und Systemanbieter Rittal, ein Unternehmen der Friedhelm-Loh-Gruppe, investiert in seine deutschen Standorte in Haiger, in Hof und in Rittershausen.
Bis 2018 entsteht am Standort Haiger das weltweit modernste Kompaktgehäusewerk mit einer hochautomatisierten digitalisierten Fertigung, das den Prinzipien der Industrie 4.0 entspricht.
Dazu wird die dreistufige Fertigung von Kompaktgehäusen, bestehend aus Blechbearbeitung, Lackierung und Montage, durchgehend vernetzt.
9000 Kompaktgehäuse sollen das hochmoderne Werk in Haiger täglich verlassen. Industrie-4.0-Strukturen bilden die Basis für hocheffiziente Produktions-, Logistik- und Kommunikationsprozesse.
In dieser Fabrik der Zukunft fällt Orbis, als IT-Spezialist für Industrie-4.0-Lösungen, die Rolle des Digitalisierungspartners zu.
Fertigung bis auf Losgröße 1
„Im neuen Werk werden wir sämtliche Arbeitsschritte – von der Bestellung des Kunden über die Fertigung bis hin zur Logistik – digital vernetzen“
erläutert Carsten Röttchen, Geschäftsführer Produktion.
„Auf diese Weise können wir in Zukunft die rund 9.000 Kleingehäuse pro Tag höchst effizient und im Bedarfsfall bis zur ‚Losgröße 1‘ fertigen.“
Die digitale Vernetzung und die damit verbundene hochautomatisierte Produktion wird von Rittal mit Orbis Manufacturing Execution System (MES) und SAP ERP realisiert.
Orbis MES vernetzt die Prozesse des Shop-Floors bidirektional mit der SAP Business Suite. Die digitale Fabrik wird komplett im SAP-System geplant und mit Orbis MES gesteuert.
Die SAP-Integration von Orbis MES wurde von SAP zertifiziert mit dem Gütesiegel „Powered by the SAP-NetWeaver-Technologie-Plattform“.Orbis MES erlaubt die volle Integration der MES-Prozesse in die Prozesse der Produktionsplanung und -steuerung (SAP PP), der Instandhaltung (SAP EAM), des Qualitätsmanagements (SAP QM), der Logistik (SAP LES) und der Personalwirtschaft (HCM).
Erst durch diese hohe Prozessintegration ist eine Automatisierung der Prozessabläufe in der Smart Factory möglich. Im SAP-System entsteht so ein virtuelles Abbild des realen Geschehens in der Fabrik in „Echtzeit“.
SAP ERP und Produktion vernetzen
Eine zentrale Komponente von Orbis MES ist die Maschinendatenerfassung (MDE). Dadurch werden Maschinen direkt in die SAP-Prozesse eingebunden. Die Aufbereitung der gewonnenen Daten erfolgt immer aktuell in benutzerfreundlichen Dashboards.
Es entsteht eine vollständige Visualisierung der Maschinen- und Anlagenzustände von Produktion und Montage als Grundlage einer transparenten und effizienten Fertigung.
Mit Orbis MES können Prozesse mit Maschinen, Terminals, Sensoren, Waagen, Steuerungen, I/O-Modulen bis hin zu Signallichtern, RFID-Scannern, Bluetooth-Komponenten oder auch mobilen Endgeräten etc. gesteuert werden.
Ein weiterer Baustein von Orbis MES ist die Betriebsdatenerfassung (BDE). Damit werden Personen auf der Shop-Floor-Ebene aktiv in die Prozessabläufe der papierlosen Fabrik eingebunden.
Umfassende und belastbare Aussagen zum Auftragsdurchlauf liegen in „Echtzeit“ vor. Die Einbindung der am Produktionsprozess beteiligten Personen erfolgt über ein proaktives Push-Prinzip.
Komplett papierlose Fertigung
Ziele der digitalen Fabrik im Kontext von Industrie 4.0 sind eine durchgängige Automatisierung und ein Monitoring der Prozesse über die gesamte Wertschöpfungskette. Ziel ist die Abbildung einer losorientierten Produktion von Serienprodukten bis hin zur kundenindividuellen Produktion in Stückzahl eins.
Angestrebt wird eine papierlose Fertigung, in der die Komponenten der technischen Infrastruktur (Maschinen, Anlagen, Sensoren, Software etc.) bidirektional miteinander vernetzt bzw. integriert werden.
Bestände und Durchlaufzeiten werden durch vollautomatisierte Produktions-, Logistik- und Kommunikationsprozesse reduziert. Ein digitales Störmanagement, welches ereignisgesteuert automatisiert Prozesse anstößt, reduziert Ausfallzeiten auf ein Minimum.
„Industrie 4.0 bedeutet für uns Flexibilisierung und Automatisierung, und das so prozesssicher wie möglich“
erläutert Moritz Heide, Gruppenleiter Production IT Design.
Orbis nutzt zur Realisierung der digitalen Fabrik eigene Lösungen und bedient sich dazu des bestehenden SAP-ERP-Systems als Leitsystem, um Prozesse zu integrieren und zu visualisieren.
Alle Orbis-Lösungen für Industrie 4.0 sind daher vollständig in die SAP Business Suite integriert. Digitalisierungsprojekte lassen sich damit einfach in einer bestehenden SAP-Umgebung umsetzen – schrittweise oder komplett.
Um Prozesse in der digitalen Fabrik durchgängig zu automatisieren, hat Orbis die Orbis Multi-Process Suite (Orbis MPS) entwickelt.
Diese Digitalisierungs-Suite bindet Maschinen und Geräte bidirektional in die SAP-Prozesse ein und ermöglicht durchgängige und transparente Prozesse.
Prozessunterbrechungen, zum Beispiel in Form einer „händischen“ Datenerfassung, werden durch einen schnellen automatisierten Informationsaustausch ersetzt.
Damit wird aus einer bisher manuellen und schrittweisen Prozessbearbeitung eine durchgängig integrierte Prozesskette. Orbis MPS kann in allen Prozessen eines Unternehmens zum Einsatz kommen und ist die Basistechnologie sowie integraler Bestandteil der Lösungen Orbis MES und Orbis Logistics.
Durch das Zusammenspiel von Industrieprozessen mit vollautomatisierten Logistik-, Qualitäts- und Instandhaltungsprozessen in „Echtzeit“ wird der Shop-Floor 1:1 in SAP gespiegelt.
Eine wesentliche Zielsetzung von Rittal im Hinblick auf die Vernetzung des Shop-Floors mit SAP ERP durch Orbis MES ist eine standardisierte Anbindung der technischen Infrastruktur. Dadurch können zum Beispiel Maschinen und Systeme binnen kürzester Zeit und mit überschaubarem Aufwand vernetzt bzw. integriert werden.
Auch der Wartungsaufwand wird dadurch erheblich reduziert. Norbert Ruppik, Projektleiter IT, fasst zusammen:
„Zum ersten Mal schaffen wir mit der IT hier eine vollständige vertikale Integration vom ERP-System bis zur SPS an der Maschine.“
Regelkreise für eventorientierte Produktion
Orbis MES erlaubt Rittal die regelkreisbasierte Prozessautomation der Fertigung. Zum Beispiel wird die Nachschubsteuerung für Werkzeuge und Produktionsmaterial über autarke Regelkreise vollautomatisch abgewickelt.
Dazu wird in Orbis MES die reale Produktionsstruktur virtuell abgebildet. Der Hauptvorteil ist, dass so die Nachschubsteuerung bedarfsgerecht und „eventorientiert“ läuft.
Mit anderen Worten: Geht der Materialvorrat zur Neige, wird automatisch eine Nachschubsteuerung vom System initiiert – vollkommen selbstorganisiert und just in time.
Über diese Regelkreise lässt sich auch ein Ausnahme- und Störungsmanagement umsetzen, bei dem ereignisabhängig Prozesse automatisch angestoßen werden.
Beispielsweise können entsprechende Störungen nach dem Push-Prinzip an den dafür zuständigen Mitarbeiter weitergeleitet werden, sodass ein manuelles Eingreifen im Produktionsablauf nur noch im Störfall erforderlich wird.
Bei Überschreitung von Grenzwerten wird automatisch ein Alarm ausgelöst, der die Bestellung von Ersatzteilen sowie einen Instandhaltungs- beziehungsweise Qualitätsmanagementauftrag anstößt und den Mitarbeiter über die anstehende Reparatur informiert.
Diese hochautomatisierten Abläufe ermöglichen eine exakte Produktionsplanung.
„Geplant wird nicht mehr in Produktionstagen. Im neuen Werk erfolgt die Planung sekundengenau“
kommentiert Moritz Heide.
Visualisierung in „Echtzeit“ schafft Transparenz
Orbis-Technologie kommt außerdem bei der Visualisierung von Maschinendaten zum Einsatz. Der Mitarbeiter an der Maschine profitiert von der echtzeitbasierten und simplen Informationsdarstellung und erkennt zum Beispiel Störungen unmittelbar.
Produktions- und Prozessdaten, beispielsweise aus der Fertigung, werden auf einer webbasierten, intuitiven Oberfläche übersichtlich visualisiert. Sie können vom Endanwender gemäß seiner Rolle und Berechtigung jederzeit und überall auf jedem beliebigen Endgerät abgerufen werden.
Durch die Verknüpfung der Shop-Floor- mit der Managementebene liefert Orbis MES übersichtlich die richtige Information zur richtigen Zeit an die richtige Person – die gesamte Fabrik wird transparent.
Vollautomatisierter One-Piece-Flow als Pilotprojekt
Im Rahmen eines Pilotprojekts hat Orbis bei Rittal bereits einen One-Piece-Flow-Prozess im Werk in Herborn implementiert, der vollständig in die SAP Business Suite integriert ist.
Bei diesem vollautomatisierten Prozess erfolgt die Erfassung eines Kundenauftrages einschließlich der gewünschten Sondermodifikationen grafisch unterstützt in direkter Kommunikation mit Softwareprodukten von Eplan und Cideon sowie der Datenübergabe an SAP.
Zeichnung und NC-Programm werden automatisch generiert und nahtlos an Orbis MES übertragen. Im Anschluss steuert Orbis MES mit diesen Daten einen Laser-Roboter an, der dann die entsprechende Gehäusebearbeitung vornimmt.
Durch diese hocheffiziente Vernetzung und Automatisierung wurde eine Individualisierung der Produkte bis hin zu Losgröße 1 ermöglicht, eines der maßgeblichen Ziele der digitalen Fabrik im Sinne von Industrie 4.0.