Mehr Pragmatismus bitte!
Um es vorwegzunehmen: Ja, Regeln sind wichtig in einem Umfeld, in dem immer mehr Mitarbeiter mit ihren Smartphones und Tablets auf geschäftskritische Daten und Anwendungen zugreifen.
Und ja, es ist gut, dass deutsche Unternehmen sich als Vorreiter bei der Umsetzung von Regeln für die Versorgung mit mobilen Endgeräten und für den Umgang mit mobilen Daten und Inhalten präsentieren.
Und nochmals ja: Es ist eine gute Nachricht aus deutscher Perspektive, dass Deutschland bei der Umsetzung von technischen Lösungen für Mobile Device, Application and Content Management (MxM) zu den Vorreitern zählt.
Aber
Regeln und Verbote sind dann fehl am Platz, wenn sie an der Lebenswirklichkeit vorbeigehen, die Produktivität und Motivation der Mitarbeiter hemmen und sich deshalb auch nicht durchsetzen lassen.
Bring your own Device (BYOD) muss man nicht mögen – aber es lässt sich dauerhaft nicht verhindern, dass Mitarbeiter an der IT vorbei und allen Verboten zum Trotz ihre eigenen, schmucken Tablets benutzen.
Und warum sollten die Mitarbeiter nicht die eine oder andere App selbst herunterladen, wenn sie ihnen für ihre Tätigkeit als sinnvoll erscheint?
Geht nicht?! Es geht! Man muss nur mal über die Grenzen schauen:
Nicht nur die liberalen Briten, sondern auch die vermeintlich so konservativen und auf Sicherheit bauenden Schweizer Unternehmen sind Deutschland sowohl in puncto BYOD-Akzeptanz als auch bei der Umsetzung praktikabler Regeln für die Nutzung mobiler Anwendungen voraus.
Um Regeln und Verbote effektiv und individuell umzusetzen, vertrauen schließlich drei Viertel der Unternehmen hierzulande ausschließlich auf die Server und Mitarbeiter im eigenen Rechenzentrum.
Hier ist ein Umdenken erforderlich, denn angesichts der zunehmenden Komplexität fühlen sich viele Unternehmen mit dem Betrieb von MxM-Lösungen überfordert.
Aus dieser Perspektive ist es positiv zu bewerten, dass sich viele Unternehmen hierzulande Cloud-Angeboten nicht gänzlich verschließen, sondern sich deren Nutzung zukünftig unter gewissen Einschränkungen vorstellen können.
Immerhin! Vielleicht gelingt ja doch irgendwann der MxM-Zaubertrank – aus deutscher Präzision mit einem Schuss Pragmatismus.
Die Schweiz zeigt sich liberal
Verantwortliche in Schweizer Unternehmen ebenso wie Vertriebsbeauftragte mit Fokus auf die Schweiz werden sich bestätigt fühlen. Denn die Ergebnisse der Studie zeigen auch klar:
Es lohnt sich, bei der Bewertung von IT-Trends die Schweiz gesondert – und nicht als Anhängsel Deutschlands – zu betrachten.
Auch sollten Planzahlen für die Eidgenossenschaft nicht pauschal aus irgendwelchen DACH- oder EMEA-Strategien abgeleitet werden. Denn erstens ergeben sich landesspezifische Besonderheiten in puncto Mobility Management, insbesondere im Vergleich zum großen Nachbarn nördlich der Alpen.
Zweitens räumen sie mit einigen Pauschalurteilen à la konservative Schweizer Unternehmen auf.
So präsentiert sich die Schweiz nicht nur als Land mit der größten Smartphone-Dichte in den Unternehmen, sondern zeigt sich auch liberal mit Blick auf die geschäftliche Nutzung privater Endgeräte genauso wie bei der Nutzung mobiler Anwendungen durch die Mitarbeiter.
Hier setzen die Schweizer (ähnlich wie die Briten) auf pragmatische Lösungen statt auf strikte Reglementierung oder Verbote.
Umgekehrt müssen sich Schweizer Unternehmen fragen lassen, warum sie bei der Umsetzung technischer Lösungen für Mobile Devices, Application und Content Management im europäischen Vergleich hinterherhinken.
Dass MxM-Lösungen nicht relevant seien – wie fast die Hälfte der Schweizer Unternehmen meint –, ist angesichts der Bedeutung der Sicherheit schlicht nicht nachvollziehbar.
Ebenfalls kaum nachvollziehbar sind die Cloud-Verweigerer, wo doch – Prism hin oder her – selbst in Deutschland viele Unternehmen bereit sind, Cloud-Lösungen mit Einschränkungen zu akzeptieren.
Unser Credo:
Der Blick über die Landesgrenzen hinaus lohnt sich – für beide Seiten.
Nicole Dufft analysiert seit mehr als zehn Jahren die Marktentwicklungen und Trends in der ITK-Branche, mit Fokus auf die Themenbereiche Cloud, Collaboration und Mobility. Als Mitglied der Geschäftsleitung von PAC Deutschland leitet sie die Business Unit PAC/Berlecon in Berlin sowie das PAC-Marktforschungsteam in Hamburg.