Accounts Payables 2.0
Heidelberger Druckmaschinen ist das weltweit führende Unternehmen in der Printmedien-Industrie und erzielte zuletzt mit insgesamt etwa 11.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern einen Konzernumsatz von knapp 2,5 Milliarden Euro.
Das Unternehmen mit global 250 Standorten in 170 Ländern hat sich zum Ziel gesetzt, die digitale Transformation des Unternehmens sowie der Branche weiter voranzutreiben und so in Zukunft die wachstumsstarken Kundensegmente mit den passenden Geschäftsmodellen sowie Produkten und Services adressieren zu können.
Hierbei wird das weltweite Vertriebs- und Servicenetzwerk unter dem Motto „Heidelberg goes digital“ auf die digitalen Herausforderungen der Kunden ausgerichtet.
Heidelberg setzt seit Jahren für das Management der eigenen Prozesse auf Anwendungslösungen von SAP. Ein für Heidelberg wichtiges Digitalisierungsprojekt namens „Accounts Payables 2.0“ (AP) für die durchgängige internationale elektronische Rechnungsbe- und -verarbeitung ist jetzt in weiten Teilen abgeschlossen.
„Ausgangspunkt für AP 2.0 waren verschiedene Ideen zur Optimierung und Automatisierung von Accounts-Payables-Prozessen, die mit der bestehenden Workflow-Lösung nicht umgesetzt werden konnten. Diese Ideen wurden konkretisiert und mündeten als Optimierungsschwerpunkte in einen Umsetzungskatalog“
berichtet Mario Moritz, Leiter Shared Service Finance bei der Heidelberger Druckmaschinen AG.
Grob wurden drei Handlungsfelder im Rahmen von AP 2.0 festgelegt: erstens Belegeingang mit einem einheitlichen Prozess für Papier, EDI und E-Mail-/PDF-Rechnungen sowie Zukunftssicherheit für weitere elektronische Formate; zweitens Workflow mit Dunkelbuchungen insbesondere auch in Verbindung mit OCR auf Positionsebene, passives Approval, mehrstufige sequenzielle Freigaben mit automatisierter Ausführung definierter Workflowprozesse; drittens Prüfung mit systemgestützten Umsatzsteuerprüfungen, automatisierten Genehmigungsprozessen und Freigeberfindung auf Basis von Unternehmensrichtlinien sowie mobilen Freigaben.
Nach der Konzeptphase ging man bei Heidelberg daran, einen geeigneten Anbieter als Generalunternehmer auszuwählen, der für die Entgegennahme sämtlicher Rechnungsformate inklusive Rechnungsworkflow-Bearbeitung verantwortlich zeichnet. Mit diesem sollten anhand definierter Kriterien die zuvor genannten Optimierungen in die Tat umgesetzt werden.
Hierbei votierte man für SAP-Partner Seeburger, der die Anforderungskriterien aus Sicht von Heidelberg am besten erfüllte.
Ausschlaggebend waren insbesondere das Technologie-Know-how, die Erfahrungen in Sachen Business Integration und elektronischem Datentransfer und Datenaustausch, Internationalität sowie weitreichende SAP-Business-Integrations-Erfahrungen mit speziellen Lösungen „for SAP“; gleichfalls, dass Heidelberg für die notwendigen Anforderungen auf eine jederzeit skalierbare sowie flexibel nutzbare Gesamtlösung zurückgreifen konnte.
Knapp ein Jahr nahm das „Plan-Build-Run“ inklusive Feintuning in Anspruch, wobei es in einem ersten Projektschritt darum ging, AP 2.0 für Deutschland zu realisieren. Auf der Grundlage dieser Implementierung erfolgte dann der internationale Rollout.
Wie es von Heidelberg heißt, „gab es in dem Projekt durchaus Herausforderungen, die zu meistern waren. Dies betraf beispielsweise die Standardisierung der Abläufe über Ländergrenzen hinweg oder auch das Managen der Komplexität in der Integration.
Auch beanspruchte die Stammdatenanalyse und -bereinigung als wesentliche Voraussetzung für Dunkelbuchungen größere Aufwände als anfangs gedacht.“ Das Feintuning betraf sowohl technische, organisatorische, prozessuale als auch landesspezifische Punkte.
Eingebunden in das Projekt war (und ist) die Deutsche Post als Scan-and-Capture-Dienstleister für das Scannen/OCR-Doing inklusive Datensatzaufbereitung zur Weiterverarbeitung. Wobei es eine enge Abstimmung zwischen Heidelberg, dem Scan-and-Capture- Dienstleister und Seeburger gibt.
In über 24 Ländern in Europa, Amerika und Asien ist AP 2.0 mittlerweile im Einsatz. Angebunden sind bislang 38 Buchungskreise (inklusive China). Und das Belegvolumen hat Großdimensionen:
Im Monat werden bei Heidelberg rund 23.000 Papier- und PDF-Rechnungen verarbeitet. 70 Prozent der Rechnungen werden als E-Mail mit PDF empfangen. Ein signifikanter Teil davon direkt von Lieferanten.
Andererseits werden Lieferantenrechnungen lokal in Heidelberg-Niederlassungen oder -Standorten mittels Multifunktionsgeräten gescannt oder via Scan2email dem Prozess zugeführt. Hinzu kommen monatlich außerdem circa 33.000 EDI-Rechnungen.
Dreh- und Angelpunkt von AP 2.0 aus Prozess- und Datensicht sind der Business Integration Server (BIS) sowie bewährte Bearbeitungs- und Workflow-Zusatzlösungen von Seeburger for SAP. Genutzt werden sie von Heidelberg als Cloud-Lösungen, die im Seeburger-Cloud-Rechenzentrum in Karlsruhe laufen.
Wird eine digitalisierte und gemäß den Anforderungen aufbereitete Rechnung von einer Landesgesellschaft hochgeladen, erfolgt sofort im BIS eine Datensatzerstellung und der Datensatz fließt anschließend automatisch in SAP ein. Hierbei können automatische Buchungen in SAP MM/FI erfolgen. Vorausgesetzt, der Datensatz entspricht den vorgegebenen Geschäftsregeln.
Ein Fokus der eingesetzten Seeburger- Lösungen liegt auf der Durchführung von Ausnahmebearbeitungen. Und zwar manuell und automatisiert (nach entsprechenden Regeln). Zum Beispiel, wenn es sich um Preisdifferenzen zwischen Bestellung und Rechnung handelt.
Oder um Mengendifferenzen oder einen fehlenden Wareneingang. Gleichfalls kann Heidelberg hierüber Rechnungsfreigaben oder Leistungsbestätigungen, aber auch die Stammdatenpflege durchführen. Rechnungsfreigaben können außerdem via Mobile Devices erfolgen (auch, falls erforderlich, für Non-SAP-User).
Mit AP 2.0 hat Heidelberg nach eigenen Angaben nachweislich im gesamten Unternehmen den Automatisierungsgrad sowie die Prozessharmonisierung im Bereich der Rechnungsbearbeitung deutlich gesteigert.
Und – für Heidelberg ein wesentlicher Aspekt – einen einheitlichen Accounts-Payables-Standardprozess als wesentliche Voraussetzung für den Ausbau der weltweiten SSC-Organisation realisiert.
„Das Gesamtsystem ist so ausgelegt, dass eine Skalierung jederzeit möglich ist. Die Digitalisierung und damit Bündelung war dabei ein wichtiger Hebel. Das hat für das Unternehmen den großen Vorteil, dass Rollouts auch in kleineren Niederlassungen, egal in welcher Weltregion, mit einem vertretbaren Aufwand durchgeführt werden können.
Das bedeutet: Eine Digitalisierung und Automatisierung erfolgten auch in kleineren Ländern, die ansonsten auf eine derartige Lösung verzichten müssten“
erklärt Moritz.
Auch die Anpassungsfähigkeit des Systems stellt einen wesentlichen Erfolgsfaktor dar, da zunehmend auch weitere geforderte Kanäle und Formate, wie etwa ZUGFeRD oder Peppol, bedient werden können.
Vorteilhaft ist zudem: Mit AP 2.0 kann von verschiedenen Prozessbeteiligten (aus Rechnungswesen, Controlling oder Einkauf) auf jede einzelne Rechnung zu Klärungs- oder Analysezwecken zugegriffen werden – in Deutschland, aber auch anderswo in der Welt.
Darüber hinaus ist es auf der Basis von AP 2.0 möglich, das Cash Management oder Skontovorteile zu optimieren. Auch wurde von Anfang an anvisiert, mit dem AP-2.0-Einsatz Kostenvorteile zu erzielen.
Schließlich kostet die Be- und Verarbeitung einer papiergebundenen Rechnung inklusive sogenannter Transaktionskosten laut Studien etwas mehr als insgesamt vier Euro. Demgegenüber liegen die Kosten für eine digitalisierte Verarbeitung einer Rechnung (Stichwort: E-Invoicing) im Cent-Bereich.
Neben den Kosteneinsparungen schlägt bei Heidelberg obendrein positiv zu Buche, dass sich die Transparenz sowie die Qualität der Rechnungsverarbeitung erhöht haben.
Die Transparenz wiederum ermöglicht es, weitere Potenziale für die Prozessautomatisierung zu erkennen und zu nutzen, wie etwa deren Ausbau von Dunkelbuchungen.
„Diese aus der weltweit betriebenen Prozessharmonisierung resultierenden Effekte wurden übrigens anfangs nicht in den Maßen erwartet“
heißt es.
Das AP-2.0-Projekt bei Heidelberg zeigt, wie ein weltweites Digitalisierungsprojekt erfolgreich umgesetzt werden kann und eine positive Wirkung entfacht. Die Reduzierung operativer Routinetätigkeiten sowie sich nur noch auf die Ausnahmen zu fokussieren transformierte die Arbeit zugunsten höherer Effizienz und Effektivität.
Heute sind die Mitarbeiter in einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess eingebunden, der einen größeren Blickwinkel einräumt – ganz im Sinne des Mottos „Heidelberg goes digital“.