Brownfield und Conversion
Bestandskunde KHS ist ein international tätiger Hersteller von Abfüll- und Verpackungsanlagen mit Hauptsitz in Dortmund. Das Traditionsunternehmen ist weltweit tätig und verfügt über eine Exportquote von mehr als 90 Prozent. Der Maschinenbauer betreibt Werke in Deutschland, in den USA, Mexiko, Brasilien, Indien und China.
KHS ist in der Lage, in praktisch jedem Land der Welt Maschinen zu verkaufen und aufzubauen. Für die S/4-Conversion war für die Verantwortlichen klar, dass es eine Systemkonvertierung mit Brownfield-Ansatz werden soll. Gemeinsam mit cbs hat KHS die technische Umstellung sorgfältig vorbereitet, verschiedene Vorprojekte abgearbeitet und den Switch in die neue SAP-Welt im Rekordtempo von nur zwölf Monaten realisiert. Der Big-Bang-Go-live verlief erfolgreich.
KHS ist Teil der Salzgitter AG. Der Konzern hat vor zwei Jahren ein umfassendes Roadmap-Programm aufgesetzt, um die bestehenden elf unterschiedlichen SAP-Systeme zu konsolidieren. Durch Zukäufe und Übernahmen einiger Unternehmensteile war in der Vergangenheit ein Wildwuchs an Systemen vorhanden, die nicht harmonisiert sind. Ziel war es nun, im Rahmen der S/4-Strategie diese ERP-Landschaft auf vier plus eins zu konsolidieren.
Das Zielbild: je ein SAP-System für die Geschäftsmodelle Stahl, Mannesmann, Handel und Technologie sowie ein übergeordnetes für die Zentralfunktionen. Dabei sollen Prozesse Salzgitter-weit über diese fünf Systeme hinweg harmonisiert werden, dazu gehören FI-Systeme mit ähnlichen Kontenplänen, Einkaufsprozesse und die Maßgabe, zentrale Stammdaten im kompletten Konzern zu nutzen. Das gesamte Programm ist auf mehrere Jahre angelegt. Ziel ist es, dass im Jahr 2025 alle Systeme konsolidiert und migriert sind und auf S/4 laufen.
Optimierung im S/4
Die Maßgabe für KHS war, die Konvertierung schnell abzuwickeln und dann im Nachgang das S/4-System zu optimieren. Warum plant KHS den Umstieg ein bisschen anders und deutlich schneller?
Das liegt daran, dass das Unternehmen weltweit aktiv ist. „Wir sehen uns als Frontrunner. Und eine Vorgabe war, dass wir die Konzerntöchter der KHS weltweit in unser neues S/4-System migrieren möchten. Das heißt, alle Auslandsgesellschaften sollen künftig mit unserem ERP-System arbeiten, was viele Vorteile mit sich bringt“, erläutert Martin Resch, Vorstand Finanzen und IT bei KHS.
Zusammen mit cbs startete KHS zunächst ein Vorprojekt. Dabei ging es um diese Fragen: Was ist unsere Basis, von der wir kommen? Und: Wo wollen wir überhaupt hin? Das oberste Ziel war, sofort Tempo ins Projekt zu bringen, Komplexität rauszunehmen und die Stresskurve für die Organisation so flach wie möglich zu halten. „Also beschlossen wir, unser bestehendes ECC-System einfach nach S/4 zu konvertieren und zunächst so wenig Anpassungen wie möglich in den Prozessen oder an den Systemen zu machen“, erklärt Mathias Offermann, Vice President IT bei KHS.
Ein wichtiger Punkt waren die Berechtigungen. Das SAP-ECC-6.0-System, das KHS betreibt, war schon in die Jahre gekommen, es war seit 20 Jahren im Einsatz. Es waren mehrere halb angefangene Berechtigungskonzepte im System aktiv. Diese wollte KHS auf keinen Fall mit nach S/4 nehmen. Es hatten sich etwa 12.000 Sammelrollen in diesem System angehäuft, diese Masse war nicht mehr zu handhaben.
Also galt es, das alte Berechtigungskonzept massiv zu verschlanken. Am Ende hat man das System auf 300 Businessrollen reduziert. „Diese Rollen repräsentieren ungefähr die Funktionen bei uns im Unternehmen. Daher ist das schon eine massive Reduzierung, die uns im Tagesgeschäft weiterhilft“, erklärt Offermann.
Vorprojekte minimieren den Aufwand
Im ersten Vorprojekt ist KHS auf eine Hana-Datenbank umgestiegen. Offermann ist sicher: „Hätten wir unmittelbar vor dem S/4-Umstieg noch eine normale SQL-Datenbank gehabt, wäre das deutlich mehr Aufwand gewesen. Daher kann ich nur jedem empfehlen: Migrieren Sie vorher auf die Hana-DB und im zweiten Schritt dann auf S/4, um den Gesamtaufwand zu strecken und die Komplexität aus der eigentlichen Migration rauszunehmen.“
Des Weiteren haben die Verantwortlichen frühzeitig den Business Partner live gesetzt. Der Business Partner lief bereits im Hintergrund mit, im ECC. Gleichzeitig hat KHS mit Debitoren und Kreditoren weitergearbeitet. Das Thema BP war ein gewisser Aufwand, denn KHS hat ihn nicht nur im ERP im Einsatz, sondern auch im SAP CRM und in der Sales Cloud von SAP.
Bei dieser Synchronisierung über verschiedene Systemgrenzen hinweg gab es noch die eine oder andere Hürde zu nehmen. „Aber wir hatten einen guten Ansprechpartner bei der SAP, der uns hier unterstützt hat“, sagt Offermann.
Ein weiteres Vorprojekt: die Einführung der neuen Anlagenbuchhaltung (FI-AA). Sie dient innerhalb des SAP-Systems zur Verwaltung des Sachanlagevermögens. Im Rechnungswesen fungiert sie als Nebenbuch zum Neuen Hauptbuch (New G/L).
Der größte Punkt im Vorprojekt: KHS hat zusammen mit cbs ein S/4-Entwicklungssystem aufgebaut, als Kopie des Produktivsystems, und hat dann mit dem cbs Enterprise Transformer dieses System systematisch verschlankt.
Im ersten Schritt wurden alle Stamm- und Belegungsdaten mitgenommen und anschließend viele alte Daten eliminiert. „Wir hatten dann ein neues Entwicklungssystem mit ausgewählten Stammdaten, mit unserem Coding, unseren Prozessen, aber schon auf S/4“, berichtet Offermann.
Genau dort begann KHS dann frühzeitig, die Codingstellen mit dem Abap Test Cockpit (ATC) S/4-fähig zu machen. Das Thema Code Adoption ist nicht zu unterschätzen. Das alte KHS-System besteht seit 20 Jahren und es „lebt“. „Wir haben sehr viel Z-Coding – alles, was man sich vorstellen kann“, sagt Offermann. „Das alles muss man auch prüfen und entsprechend anpassen, um es S/4-ready zu machen, wenn es noch benötigt wird.“ Eine Fleißaufgabe für die Entwickler bei KHS.
Frühzeitig ging KHS in die ersten Tests mit dem Business. Die Geschäftsfelder hatten sehr viel Aufwand reingesteckt, um entsprechende Test-Cases aufzubereiten, die dann durchgespielt werden konnten. Die 400 Tester aus dem Business wurden dabei mit den neuen Berechtigungen ausgestattet.
Im Rahmen der neuen Sammelrollen wurden eigens verschiedene Test-user definiert, also Testeinkäufer, Testverkäufer, Testproduktionsleiter, Testkon-strukteur usw. Am Ende gab es wertvolles Feedback und eine Reihe von Verbesserungsvorschlägen, die dann umgesetzt wurden für die nächste Testphase.
Es gab einen Experten von cbs, der sich um fast nichts anderes gekümmert hat, als die Tester an den fünf deutschen Lokationen und den drei ausländischen Standorten zu koordinieren. Wer soll wann was testen? Es ging darum, Schnittstellen abzustimmen und festzulegen, wann diese zur Verfügung stehen. „Das ist ein immenser Aufwand, den wir hier betrieben haben, gerade weil es über so viele Standorte hinweg ging. Die verschiedenen Zeitzonen kamen noch hinzu“, berichtet IT-Leiter Offermann.
Mit Big Bang auf S/4
Aufgrund des reibungslosen Ablaufs während der frühen Test- und Konvertierungsphasen entschied sich das Projektteam sogar, die Systemumstellung um einen Monat vorzuziehen, entgegen der initialen Planung. Beim erfolgreichen Go-live wurden insgesamt acht Produktionsstandorte, 34 Buchungskreise in vier Ländern sowie weltweit 39 Verkaufsorganisationen im Big Bang auf S/4 konvertiert.
Mehr als 4500 User waren von der weltweiten Umstellung betroffen. Das System umfasste alle SAP-Module (FI, CO, MM, WM, PP, SD, CS etc.) und wurde mit dem SAP Software Update Manager (SUM) „in-place“ an einem regulären Wochenende konvertiert. Genutzt wurde der SUM Downtime Standard Approach, der an vielen Stellen optimiert und verkürzt wurde, sowohl bei der Systemperformance als auch mit vielen Automatismen im Cutover Management.
Alles verlief optimal. „Bei einer solchen Migration ist die Kontinuität der Business-Prozesse das A und O. Vor diesem Hintergrund war es eine perfekte Umstellung für uns. Alle Kernprozesse in S/4 funktionierten von Anfang an reibungslos – die Downtime war letztlich minimal“, erklärt Vorstand Martin Resch. Die User konnten am Montagmorgen im neuen S/4-Hana- System genau dort an Bestellungen, Lieferungen, Fakturen oder Projekten weiter-arbeiten, wo sie vor dem Go-live-Wochenende aufgehört hatten.
Grundlage für digitale Transformation
„KHS ist auf einem guten Weg in Richtung digitale Transformation, die Grundlage für die KHS-Gruppe ist nun gelegt“, meint Finanz- und IT-Vorstand Resch. Jetzt können die noch ausstehenden Landesgesellschaften nach und nach in das S/4-System von KHS einziehen.
Die Erfolgsfaktoren für den schnellen Switch liegen auf der Hand: die sorgfältige, individuelle Projektplanung inklusive der Vorprojekte, die hohe Akzeptanz der Mitarbeiter, die durchgängige Unterstützung vonseiten des Topmanagements und die aufwändigen Testphasen.
Zudem blieb man deutlich unter dem im Vorfeld veranschlagten Budget. Ausschlaggebend für das Gelingen der Umstellung war am Ende auch die gute Zusammenarbeit mit den cbs-Beratern. „In einem derartigen Projekt entstehen immer wieder neue komplexe Herausforderungen. Hier haben wir stets offen kommuniziert und auf Augenhöhe diskutiert. cbs war dabei ein kompetenter und kon-struktiver Partner, der immer die optimale Lösung für uns im Fokus hatte“, bilanziert IT-Chef Offermann.