Cobol meets SaaS – Von der Hardware entfesselt
Warum sollte ein Kunde überhaupt in die IaaS-Cloud gehen? Das jetzige Betriebsmodell, on-premise oder beim Outsourcer, läuft doch!
Hinrich Mielke: SAP-Kunden stehen vor einer Vielzahl von Veränderungen: Gegebenenfalls wird auf Hana gewechselt, erste Pilotprojekte zu S/4 stehen an, Fiori wird evaluiert und verprobt.
Für all diese Aktivitäten werden temporäre Systeme benötigt, und dafür möchte man nicht Hardware anschaffen (und vorher sizen), sondern einfach nur die Nutzung zahlen – wie beim Leasing des Firmenwagens.
Im Gegensatz zum Firmenwagen kann ich mich jedoch jederzeit für ein kleineres, größeres oder auch gar kein Modell entscheiden.
Zusammenfassend: Die völlige Entfesselung von der Hardware, sowohl bei Kapazität wie auch bei Laufzeit der Nutzung, erleichtert das agile Vorgehen im Projekt.
Als Beispiel haben wir einen Kunden, dem einfach seine zwei Rechenzentren volllaufen mit Hardware. Ein weiteres wird nicht vom Management genehmigt.
Dort werden jetzt die ersten Trainingssysteme extern in die Cloud verlagert – so kann Vertrauen aufgebaut werden und das Pay-as-you-go-Prinzip funktioniert hier besonders gut. Ein weiteres Beispiel:
Ein PoC eines unserer Kunden zu S/4 Hana dauerte deutlich länger als geplant. Nicht wegen der Anpassungen der Fachseite, wie man annehmen würde, sondern aufgrund des Outsourcers, der sich von seiner inflexiblen und langsamen Seite zeigte. In solch einem Fall werden hergebrachte Gewissheiten gerne einmal hinterfragt…
Warum gerade in die Azure Cloud? Andere Mütter haben doch auch schöne Töchter…
Mielke: Wenn bereits Office 365 genutzt wird, ist die formale Einstiegshürde gering: Datenschützer und Betriebsrat kennen Azure bereits und sind mit den Konzepten vertraut.
Ebenso ist die technische Einstiegshürde gering: Mit einer Erweiterung des bestehenden Active Directory zu Azure hin ist das Identity Management schnell gemacht. So ist die Integration mit der On-premise-Welt erleichtert.
Welche Neuerungen gibt es bei Azure, zur Sapphire wurde viel announced?
Mielke: Die Auswahl der Infrastruktur hat sich entscheidend vergrößert: Für Hana sind jetzt eine Vielzahl von virtuellen Maschinen von SAP freigegeben worden. Das heißt, jetzt kann die Hardware-Ausstattung zwischen 192 GB RAM und 3800 GB RAM gewählt werden, in sieben Stufen.
Kurzfristig angekündigt sind bis zu 12 TB. Wenn das nicht reicht, können zertifizierte Hana Large Instances bis 20 TB (angekündigt 24 TB) zum Scale-up genutzt werden.
Und was hat der Kunde davon?
Mielke: Zum einen kann jetzt mit virtuellen Maschinen exzellent skaliert werden. Solche Hardware ist on-premise bzw. beim Outsourcer nicht kurzfristig verfügbar – und auch nicht so leicht wieder zu dekommissionieren. Das heißt, der Kunde ist bei seinen Projekten jetzt völlig von der Hardware entfesselt.
Es ist kein Sizing a priori mehr nötig, schon gar nicht für drei Jahre im Voraus. Das ist gerade bei Hana nicht trivial und eine Fehleinschätzung kann sich schnell als kostspielig erweisen.
Ist das Vorprojekt beendet oder in einer Projektpause, kann die Hardware kostenneutral stillgelegt werden. Somit verlieren S/4-Vorbereitungsprojekte ihren Schrecken in Hinblick auf die Infrastruktur.
Ein Start der Umstellung auf S/4 empfiehlt sich schon deshalb, um frühzeitig all die Innovationen unter dem Leonardo-Branding sinnvoll nutzen zu können. Siehe auch der Beitrag in der letzten E-3 Ausgabe zum leonardo.report. (E-3 Juni 2018, Seite 57).
Aber es gab doch mehr Neuerungen für Azure – und welchen Kundennutzen bringen diese?
Mielke: Zur Integration von ERP-Systemen und Azure gibt es interessante Entwicklungen, ebenfalls zur Sapphire: Es gibt jetzt das „Abap SDK for Azure“, man kann also von Abap aus dem ERP heraus Services in Azure konsumieren: „Cobol trifft SaaS!“
So ist eine direkte Integration von ERP und Services in Azure jetzt möglich. Aktuell ist das ein 1.0 Release und es sind erst einige Services verfügbar, aber eine direkte Anbindung an den Azure Event Hub mittels SM59 hat schon etwas!
Last, but not least: Die SAP Cloud Platform (SCP) ist auf bzw. in Azure verfügbar, das heißt, die SCP-Umgebung läuft auf Azure als IaaS. Eine SCP-Anwendung kann also auf Kundenwunsch auf der gleichen technischen Infrastruktur wie das ERP-System laufen, mit den damit verbundenen technischen Vorteilen:
Datenströme verbleiben innerhalb von Azure, die Latency ist gering. Dies ist interessant, denn SAP fördert die SCP ja stark als Integrations- und Innovationsplattform.
Das ist aber für viele Kunden eher noch Zukunftsmusik.
Mielke: Auf diese Zukunft sollte man jedoch unbedingt vorbereitet sein – und den Umstieg auf Hana und S/4 Hana umgehend vorbereiten. Der Umstieg auf S/4 Hana wird einige Zeit brauchen, also sollte man bald starten.
Mit der Nutzung von S/4 Hana lassen sich solche interessanten Integrationen auch gewinnbringend nutzen – und zwar gleich im „System of Records“, wo Rechnungen erzeugt und Umsatz realisiert wird.
Wie kommt der Kunde nun in die Cloud?
Mielke: Einfacher als oft gedacht. Es gelten zwei Grundsätze: „Think big, start small“, und: zuerst eine kurze Inventur an Services und deren Status durchführen. Dann die absehbaren Veränderungen der nächsten Zeit manifestieren. Daraus ergibt sich oft schon der Projektplan „von selbst“.
Mit einem erfahrenen Partner an der Seite geht das strukturiert in sehr kurzer Zeit – dann startet das erste PoC. Nun wird auch intern Erfahrung gesammelt und Vertrauen aufgebaut. Nachdem das Business dann ebenfalls eingebunden wurde, kann der Projektplan abgearbeitet werden.
Dann werden die Früchte der Flexibilität und der Kosten geerntet, Innovationen können dann auf einer hochflexiblen Umgebung realisiert werden.
Die Sorge vieler ist, dass die Kosten davonlaufen: Früher mussten Server bestellt werden, beim Outsourcer gibt es wohldefinierte Bestellprozesse. Wie ist dies hier?
Mielke: Viele bestehende Prozesse werden sich durch IaaS verändern und beschleunigen, man muss sie anpassen: Ein „Dienstentstehungsprozess“ macht nach wie vor Sinn, inklusive BANF und Freigabeprozess.
Dann ist man jedoch von den Fesseln der Hardware befreit und kann kurzfristig loslegen – sofern die anderen Prozesse darauf vorbereitet sind: Klassische Aufgaben wie IP-Vergabe, User anlegen müssen auch auf die Nutzung der Cloud und der möglichen Geschwindigkeiten vorbereitet sein.
Dies ist ein oft übersehener Aspekt des Changes, der jedoch auch für eine erfolgreiche Transformation zu Cloud-Dienstleistungen hin erforderlich ist.
Auch die völlige Transparenz der Kosten ist ein interessanter Punkt: Es lassen sich jetzt auf den Tag genau die Kosten für einzelne Systeme, Storage und andere Komponenten der Infrastruktur ermitteln und darstellen.
Das heißt, Sonderwünsche der Fachabteilung lassen sich nicht nur sofort umsetzen, sondern die dadurch entstehenden Kosten können nachvollziehbar dargestellt werden. Dies versachlicht und beschleunigt die Diskussion über Preis/Leistung ungemein, für so manchen CIO eine tolle Erfahrung [lacht].
Auch die Diskussion über Gemeinkosten reduziert sich, denn Komponenten wie Notstromversorgung, Klimaanlage inklusive Wartung und Neuanschaffung sowie Strom sind nicht mehr einzeln zu betrachten, sondern in den Kosten bereits anteilig enthalten.
Was sind die Nachteile, SAP auf Azure zu betreiben?
Mielke: Ohne einen erfahrenen Partner muss man sich von der Hardware über das Netzwerk und Storage-Design um die gesamte technische Architektur selbst kümmern. Das kann Zeit kosten und Umwege verursachen.
Die Möglichkeiten bei IaaS sind gewaltig, hier bedarf es eines strukturierten Vorgehens. Um keine vermeidbaren Kosten entstehen zu lassen, empfiehlt sich ein erfahrener Partner. Dieser wird die technische Architektur nach Vorgaben und Best Practices konzeptionieren und erstellen.
Die Vorteile sind es jedoch wert, noch einmal aufgeführt zu werden: IaaS bedeutet, dass man sich weltweit verteilter Rechenzentren (RZ) bedienen kann. Das bedeutet, bei internationaler Expansion des eigenen Geschäfts ist das RZ bereits da, perfekt angebunden und kann über das bekannte Portal genutzt werden.
Die erreichten technischen Standards der Cloud-Anbieter sind extrem hoch und auch in einer Vielzahl sowie durchgängig zertifiziert. Dies ist gerade on-premise nicht leicht zu erreichen.
Last, but not least: Warum sollte ich gerade mit Alegri über SAP on Azure sprechen?
Mielke [lacht]: Ganz einfach: Wir haben das Know-how, die jahrelange Erfahrung und das Netzwerk zu Microsoft, Suse und SAP. Alegri hat S/4 auf Azure eingeführt und betreibt SAP on Azure bereits seit 2015.
Unsere Mitarbeiter haben einen exzellenten Erfahrungsschatz, festgehalten in Konzepten, Checklisten und Softwarelösungen zum effizienten Betrieb von SAP-Systemen in Azure.
Dazu kommt: Wir sind neutral und unabhängig, denn wir verkaufen keine Software von Microsoft oder SAP. Unsere Beratung dient einzig und allein dem Kunden.
Cloud-Expertentalk zum Nachlesen, u. a. mit Hinrich Mielke, Alegri, und Holger Bruchelt, Microsoft auf e-3.de/e-3-specials