SAP im eigenen Rechenzentrum behalten und dennoch in die Cloud gehen: Das Beste aus beiden Welten
Die deutschen SAP-Anwender sind generell skeptisch gegenüber der Public Cloud. Das wurde erneut durch die jüngste Um-frage des SAP-Anwendervereins DSAG aus dem Frühjahr 2023 bestätigt. Demnach nutzt knapp die Hälfte der S/4-Hana-Anwender eine On-premises- oder Private-Cloud-Plattform, und hier gab es auch die größten Zuwächse im Vergleich zu vorhergehenden Studien. Dagegen nutzen nur drei Prozent die Public Cloud als S/4-Plattform.
Zu den On-premises-Cloud-Modellen gehört die Plattform HPE GreenLake. Sie bietet die
selben Vorteile wie die Public Cloud – etwa Einfachheit, Flexibilität und verbrauchsabhängige Abrechnung –, ist aber im Rechenzentrum des Kunden oder an einem anderen Ort seiner Wahl installiert. Zum Beispiel an einem großen Produktionsstandort oder in einem Colo-cation-Rechenzentrum. Betrieben werden die Systeme von HPE, auf Wunsch bis hinauf zum Applikations-Basisbetrieb.
Mehr als On-prem
Einige Anbieter meinen mit On-premises-Cloud nur eine verbrauchsabhängige Abrechnung für IT-Infrastruktur. In Wirklichkeit ist aber noch viel mehr gefordert: etwa die schnelle und einfache Skalierung der Systemkapazitäten nach Bedarf, die Betriebsverantwortung durch den Anbieter mit SLA für jeden Standort weltweit und ein Management-Portal, über das der Kunde sehr einfach Bestellungen tätigen, Kosten kontrollieren oder den Zustand seiner gesamten Systemlandschaft übersehen kann.
Aber wie ist es möglich, diese Vorteile im Rechenzentrum des Kunden bereitzustellen? Dazu gehören eine Vielzahl von Bausteinen in Bereichen wie Automatisierung, Analytics und künstliche Intelligenz (KI), Prozesse, global verteilte Service-Standorte – und nicht zuletzt viel Erfahrung. Im Falle von HPE GreenLake stehen dahinter eine mehr als zehnjährige Lern-kurve -sowie eine ganze Reihe von zielgerichteten Akquisitionen auf Cloud spezialisierter Unternehmen.
Heute nutzen rund 65.000 Kunden weltweit HPE GreenLake mit einem Gesamtvertragsvolumen von zehn Milliarden US-Dollar. Eine logische Konsequenz daraus ist, dass HPE GreenLake von IDC zwischenzeitlich auf dem dritten Platz der Cloud-Service-Anbieter eingestuft wird.
IaaS, PaaS und SaaS
Das GreenLake-Portfolio umfasst heute eine große Zahl von IaaS-, PaaS- und SaaS-Diensten und ein großes Partner-Ökosystem. Zu den Diensten gehören etwa Bare Metal, hyperkonvergente Systeme, Container, Machine Learning Operations, VDI, eine Reihe von Branchenlösungen und viele andere mehr. SAP ist somit für HPE GreenLake nur ein bestimmter Workload – allerdings ein besonders prominenter –, mit dem sich HPE aufgrund der langjährigen gemeinsamen Historie besonders gut auskennt.
Wie funktioniert nun eine On-premises-Cloud? Hier ein Beispiel von vielen: die schnelle bedarfsgerechte Skalierung der Systemkapazität. Diese stellt HPE im Wesentlichen durch zwei Mittel sicher: durch einen physischen Kapazitätspuffer im Rechenzentrum des Kunden und durch Metering sowie aktive Kapazitätsanalyse und -prognose mithilfe von Analytics und KI. Damit wird unter anderem der Umfang der benötigten physischen Ressourcen ermittelt, die dann wiederum innerhalb von Minuten aktiviert und auch wieder deaktiviert werden können.
Mittels langfristiger Kapazitätsprognosen analysiert HPE, ob und wann die physische IT-Infrastruktur erweitert werden muss, sodass Lieferprozesse angestoßen werden, bevor ein Engpass eintritt. Das Metering – unter anderem auf der Basis der Technologie des von HPE übernommenen Unternehmens Cloud Cruiser – ist die Grundlage für die verbrauchsabhängige Abrechnung und für die verursachergerechte interne Verrechnung von IT-Kosten. Letztere macht der Kunde über das GreenLake-Portal, das er ebenso für das Monitoring, Compliance-Management, Multi-Cloud-Management und anderes nutzen kann.
GreenLake mit SAP oder direkt von HPE? Wer seine SAP-Umgebung in ein On-premises-Cloud-
Modell mit GreenLake überführen will, hat grundsätzlich zwei Möglichkeiten: Er kann das mit SAP tun oder mit HPE. Die jeweiligen Angebote unterscheiden sich jedoch grundsätzlich, und es hängt von der IT-Strategie, der Historie und sonstigen Präferenzen ab, welches Angebot für welchen Kunden das richtige ist.
Rise plus HPE
Der Unterschied kurz zusammengefasst: Das SAP-Angebot ist Teil der Rise-Strategie und bezieht sich ausschließlich auf Services, Applikationen und Workloads, die zum S/4-Hana-Portfolio gehören – HPE unterstützt mit HPE GreenLake neben S/4 auch SAP ERP/ECC 6.0 sowie Applikationen und Workloads außerhalb des SAP-Universums. Zudem kann der Kunde entscheiden, welche Betriebsaufgaben HPE übernehmen soll und welche er in der eigenen Hand behalten will.
SAP nutzt HPE GreenLake für sein Angebot S/4 Hana Cloud, Private Edition, Customer Data Center Option. HPE GreenLake wird in diesem Szenario von SAP geordert und ist Bestandteil des Rise-Gesamtvertrags. HPE ist in dieser von SAP angebotenen Gesamt-lösung mit HPE GreenLake bis zur Hypervisor-Ebene für den Betrieb verantwortlich. SAP betreibt da-rauf die Applikationsservices und tritt als verantwortlicher Gesamtauftragnehmer gegenüber dem Kunden für den vollständigen Stack auf.
Customer Data Center
Für Kunden, die schon auf S/4 migriert sind oder migrieren möchten und für die die Vorgaben der SAP passend sind, ist die Customer-Data-Center-Option eine attraktive Alternative zur Public Cloud. Wer mehr Flexibilität braucht, um zum Beispiel gleichzeitig das On-premises-Cloud-Modell auch für andere Applikationen zu nutzen, für den ist GreenLake direkt von HPE geeignet.
Eine Frage ist noch offen: Wenn sich die SAP-Infrastruktur im Besitz des Kunden befindet, wie funktioniert dann der Übergang in eine On-premises-Cloud, bei der der Anbieter die Systeme besitzt und dem Kunden als Dienstleistung bereitstellt? Eine Antwort im Falle von HPE GreenLake lautet: HPEs Hausbank – HPE Financial Services – kauft dem Kunden die Systeme ab. Der Kunde bekommt also eine Kapitalspritze, die er im Rahmen des GreenLake-Vertrags oder für andere Digitalisierungsprojekte nutzen kann. Wenn die Systeme das Ende ihres Lebenszyklus erreicht haben, werden sie im Rahmen des GreenLake-Vertrags erneuert. Für die nicht mehr benötigten Alt-systeme hat HPE ein Kreislaufwirtschaftssystem aufgebaut: Sie werden entweder als Gebrauchtgeräte wieder weiter vermarktet oder nach entsprechenden Umweltzertifikaten entsorgt.
Besser als Public Cloud
Die Public Cloud war in den vergangenen Jahren ein wichtiger Motor der digitalen Transformation. Mit zunehmender Nutzung sind den Anwendern dabei auch deren Schattenseiten immer klarer geworden – etwa im Hinblick auf Datenhoheit, Latenz und Integration mit Inhouse-Anwendungen. Auch hat sich die Annahme nicht bewahrheitet, dass die Public Cloud generell kostengünstiger sei als der Inhouse-Betrieb, denn Flexibilität hat eben seinen Preis.
Durch die On-premises-Clouds sind die Optionen der Kunden, Cloud Computing zu nutzen, um eine wichtige Alternative ergänzt worden. Kunden bekommen damit die Eigenschaften der Cloud, doch unter ihren Bedingungen und unter ihrer Kontrolle. Die Public Cloud bleibt nach wie vor ein wichtiger Bestandteil in jedem IT-Mix, aber jetzt haben Kunden eine echte Alternative. Das gilt auch für SAP – die Anwendung also, die in vielen Unternehmen die geschäftskritischen Kernprozesse steuert und die wichtigsten Firmendaten liefert. Die Zukunft wird zeigen, wie sich die SAP-Anwender entscheiden.