Das Leonardo-Desaster
SAP Leonardo zur falschen Zeit
Zu Beginn war der Begriff Leonardo bei SAP ein Synonym für IoT (Internet of Things, oder wie es in Deutschland auch genannt wurde: Industrie 4.0). Unter dem damaligen SAP-Technikvorstand Bernd Leukert entstanden viele innovative IoT-Konzepte. Auf einem großen SAP-Kongress zum Thema Industrie 4.0 und IoT war der ehemalige SAP-CEO Professor Henning Kagermann der Hauptredner. Kagermann war zu dieser Zeit in Berlin bereits Berater der damaligen Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland, Angela Merkel.
Im Laufe der Zeit kamen die Themen KI, Machine Learning und Blockchain hinzu und SAP Leonardo entwickelte sich zu einem innovativen Baukasten. Es gab Überlegungen, dass Leonardo in ferner Zukunft mehr Umsatz erwirtschaftet als das ERP von SAP. Rückblickend und wohlwollend könnte SAP Leonardo als Vorläufer der aktuellen SAP Business Technology Platform (BTP) verstanden werden, aber dazu kam SAP BTP viel zu spät auf den Markt und kann somit keine allgemeine Gültigkeit in der Informatikszene mehr erlangen.
Leonardo-Desaster und BTP-Baustelle
„Wir nähern uns einem Wendepunkt des KI-Booms. Denn Unternehmen wollen die Technologie einsetzen – und sie beginnen allmählich zwischen dem bloßen Hype und sicheren, vertrauenswürdigen Lösungen mit echtem unternehmerischen Mehrwert zu unterscheiden“, sagt Jaroslaw Kutylowski, Gründer und CEO von DeepL. Die KI-Sprachtechnologie von DeepL ermöglicht nachweislich erhebliche Kosteneinsparungen und Effizienzsteigerungen. Eine kürzlich erschienene Studie von Forrester Consulting ergab, dass globale Unternehmen mit DeepL einen ROI von 345 Prozent erzielen und dabei den Zeitaufwand für Übersetzungen um 90 Prozent und den Übersetzungsworkload um 50 Prozent reduzieren konnten.
Mit Leonardo hat SAP die Chance vertan, ein Innovator auf dem Gebiet der KI zu werden. Heute setzen OpenAI, Aleph Alpha und DeepL die Trends. SAP versucht, mit kleinen Investitionen und vereinzelten Partnerschaften den Anschluss nicht zu verlieren. Die aktuelle Zukunftshoffnung der SAP beruht auf der Business Technology Platform, die aber noch mehr Baustelle als Problemlösung ist.
Auf einem Anfang Mai in Heidelberg (Deutschland) stattgefundenen BTP-Partner-Summit hat SAP interessante Konzepte präsentiert und diese Plattform als Hoffnungsträger für die SAP-Community positioniert, aber noch ist SAP BTP ein Versprechen auf die Zukunft und eine Vision für zukünftige ERP-Generationen.
KI ohne SAP
Die Nachfrage nach KI-Lösungen nimmt unter globalen Unternehmen immer weiter zu. Eine kürzlich durchgeführte IBM-Studie ergab, dass 42 Prozent der Unternehmen bereits aktiv KI einsetzen und 40 Prozent ihr Potenzial ausloten. In diesem dynamischen Umfeld hat sich DeepL als Vorreiter etabliert.
SAP versucht, auf der BTP mit Business AI und Joule Generative AI Copilot anstehende Entscheidungen zu automatisieren. In einem gemeinsamen White Paper der Deutschsprachigen SAP-Anwendergruppe (DSAG) mit SAP heißt es: „Künstliche Intelligenz wird Geschäftsprozesse radikal verändern und kann, richtig eingesetzt, zu erheblicher Produktivitätssteigerung und Kostenreduktion führen. Gleichzeitig ist die Fähigkeit, den Mehrwert von KI auszuschöpfen, ein neuer, entscheidender Wettbewerbsfaktor.“
Der Mehrwert von KI ist unbestritten, aber diese Erkenntnis ist mittlerweile einige Jahre alt. SAP hat den KI-Trend verschlafen. Im DSAG-SAP-Konzept ist weiter zu lesen: „Der Wert generativer AI für Unternehmen ist kaum zu überschätzen. Mitarbeiter in Unternehmen verwenden einen großen Teil ihrer Arbeitszeit darauf, Daten zusammenzutragen oder digitale Inhalte zu erstellen. Generative AI kann durch Training fast die gesamte Bandbreite dieser Inhalte schnell, kreativ und fast beliebig skalierbar erzeugen.“
Viele Services der SAP BTP enthalten heute schon KI-Fähigkeiten, zum Beispiel zur Softwareentwicklung (SAP Build Code) oder zur einfachen Erstellung von Analysen (SAP Analytics Cloud). Zusätzlich zu diesen Embedded KI-Fähigkeiten bietet die BTP die AI Foundation, die die individuelle Entwicklung, Nutzung und Einbindung von KI ermöglicht, um eigene Modelle zu trainieren und Large Language Models (LLMs) unterschiedlicher Anbieter einzubinden.
Der KI-Weg ist das Ziel
Mit der BTP als Nachfolger von Leonardo ist SAP auf einem guten Weg, aber eventuell zu spät. Professor Hasso Plattner hat seine SAP oft auf der richtigen Spur zum Erfolg geführt. Der Bereich KI und Datenbankkonzepte jenseits von SQL scheinen jedoch auch ihm nicht bewusst gewesen zu sein. Das Potenzial für eine neuerliche ERP-Revolution ist gegeben. Mit der Hana-Datenbankplattform und den Graph- sowie Vektor-Engines, Analytics Cloud, Build und allen voran der SAP Business Technology Platform besteht die Chance auf eine erfolgreiche Zukunft, aber ganz einfach wird es nicht. SAP-Chef Christian Klein muss die Geschwindigkeit und das Investment deutlich erhöhen, wenn SAP nach dem Leonardo-Desaster nicht auch noch ein BTP- und KI-Desaster erleben will.
2 Kommentare
oh
AI is 100% hype. False claims from false numbers.
E3-Magazin
thank you for your comment!