Das neue SAP’sche Triumvirat
Wieder einmal kam es zu einem disruptiven Ende eines SAP-Vorstands. Diesmal erwischte es Bill McDermott. Knall auf Fall gab es am 11. Oktober eine neue SAP-Doppelspitze: Jennifer Morgan und Christian Klein.
Ex-CEO McDermott beschäftigte sich bereits seit einiger Zeit mit der eigenen Zukunft. Er hat SAP stürmisch und enthusiastisch ins Cloud-Computing-Zeitalter getrieben. Sein Tun der vergangenen Jahre erscheint als unternehmerisches Feuerwerk mit immer neuen Superlativen – sprachlich und finanziell.
In den kommenden Jahren scheint „Konsolidierung“ angesagt zu sein – eine knochenharte Aufgabe, die so gar nicht zum Charakter von Bill McDermott passt. Aufräumen nach der Party ist nicht seine Vorstellung von der Arbeit eines CEO.
Plattner macht den Sack zu: Kommendes Jahr wäre die Vertragsverlängerung für Bill McDermott angestanden. Gegenüber Hasso Plattner machte McDermott die Andeutungen, dass er eventuell für fünf weitere Jahre nicht zur Verfügung stehen würde. Aber da hat McDermott die Rechnung ohne den Wirt gemacht!
Professor Plattner schaut nicht zurück und wägt ab. Plattner hat die Zukunft im Blick und entscheidet schnell und konsequent: Bill musste gehen! Wer nicht für SAP ist, der ist gegen SAP, oder?
Nun ist es mittlerweile bei SAP gute Tradition, dass die CEO-Nachfolger sehr schnell aus den eigenen Reihen bestimmt werden. Christian Klein trat somit die Reise in die USA an und wenige Tage später, am Donnerstagabend, 1o. Oktober, war er gemeinsam mit der US-Amerikanerin Jennifer Morgan die neue SAP-Doppelspitze.
Ein Abendessen zusammen mit Hasso Plattner und Bill McDermott besiegelte den disruptiven Übergang – auch wenn sich Plattner in einer SAP-Pressemeldung bemühte, das Geschehene von langer Hand vorbereitet erscheinen zu lassen. Der überrumpelte McDermott darf noch als „Berater“ bis Jahresende im SAP-Vorstand verbleiben.
Beobachter könnten zu dem Schluss kommen, dass sich Geschichte wiederholt und es vielleicht doch so etwas wie Gerechtigkeit gibt: An einem Donnerstag in diesem Jahr marschierte Ex-Technikvorstand Bernd Leukert nichts wissend in sein Büro, am Abend war er durch die lange Hand des Bill McDermott aus den USA seines Vorstandspostens enthoben.
Ähnlich schnell verlor auch Leukerts Vorgänger Vishal Sikka seinen Job als Technikvorstand – damals war jedoch Hasso Plattner persönlich der Auslöser: Am Freitag kam es zum Zerwürfnis zwischen Plattner und Sikka, am Montag in der Früh wurde Leukert als neuer Technikvorstand präsentiert und unmittelbar nach Palo Alto, USA, beordert, um dort hinter Vishal Sikka aufzuräumen.
Die aktuellen Bilanzzahlen glänzen, aber SAP steckt in einer Sinnkrise. Die Bestandskunden sind unzufrieden und haben das Vertrauen in SAP verloren, wie die DSAG-Sommerumfrage ergeben hat, und weiterempfehlen will SAP auch niemand mehr, wie die Kennzahl des Kunden-Net-Promoter-Score aus dem SAP-Geschäftsbericht 2018 zeigt.
Der Acht-Milliarden-Euro-Zukauf Qualtrics ist erfolgreich, aber technisch gesehen in das SAP-Universum nicht zu integrieren. Hana richtet sich nicht nur gegen die Datenbankmitbewerber wie Microsoft, IBM und Oracle, sondern auch gegen das SAP-eigene Unternehmen Sybase – was Bestandskunden und Partner nachhaltig verunsichert.
Und schon jetzt ist offensichtlich, dass die Deadline 2025 für viele Bestandskunden nicht zu schaffen sein wird – auch wenn diese es wollen und sich abmühen. SAP braucht keine Doppelspitze, sondern ein Triumvirat!
Nur gemeinsam – Jennifer Morgan, Christian Klein und Luka Mucic – werden sie den Karren wieder aus dem Dreck ziehen können. Bereits am 12. November dieses Jahres in New York City auf dem SAP Capital Markets Day werden die drei „Musketiere“ ihr Können, ihren Zusammenhalt und ihren Willen zur Zusammenarbeit unter Beweis stellen können.
Im SAP-Büro in NYC präsentiert man sich einen Tag lang den Finanzanalysten und Journalisten. Dort wird das SAP’sche Triumvirat erstmals in der Post-McDermott-Ära beweisen müssen, was zukünftig der ERP-Weltmarktführer noch wert ist.
Die Bilanzzahlen des dritten Quartals sind nahezu sensationell – offensichtlich steht SAP so gut da wie nie zuvor. Für die Nachfolge eines überragenden Bill McDermott reicht nicht ein neuer CEO, der Luka Mucic hätte heißen können – SAP braucht offensichtlich eine Doppelspitze, um das gewaltige Vakuum zu füllen, das McDermott hinterlässt. Das ist nur die halbe Wahrheit!
Ex-CEO Bill McDermott hat es nicht besser verstanden und den ERP-Konzern ohne Wenn und Aber auf Cloud Computing getrimmt. Auf der einen Seite wurde unverhältnismäßig viel investiert, siehe Qualtrics, auf der anderen Seite wurde die Firmenkultur ruiniert, siehe die 4400 freigesetzten Mitarbeiter:
Der Vertrieb wurde unter Druck gesetzt und verdiente Entwickler wurden entlassen. Das Ergebnis sind stolze Bilanzzahlen für das dritte Quartal und viele ungelöste Probleme hinter den Kulissen.
1 Kommentar
Hans Maier
Offiziell hieß es auch: Verjüngtes Führungsteam stellt Weichen für die Zukunft!
Weichen stellt man doch nur dann, wenn man die Richtung ändern will. Oder???