Daseinszwang versus Daseinsfürsorge
SAP Customer Competence Center und Customer Center of Expertise
Sowohl in strategischer als auch operativer Hinsicht gibt es für den SAP-Bestandskunden somit zahlreiche Herausforderungen. Für Unternehmen ab einer gewissen Größe wurde diese Art von Daseinszwang eines CC von SAP vorgegeben. Damit hat der Walldorfer Konzern aber auch die Aufgabe und Pflicht der Daseinsfürsorge. Etwa als Partner jederzeit kundenorientiert mit Ratschlägen, Informationen und Handlungsanleitungen zur Verfügung zu stehen, mit Best Practices oder in spezifischen Fragestellungen und Problemfällen mit Rat und Tat zur Seite zu stehen.
Trusted Advisor
Darüber hinaus auch als Trusted Advisor zu wirken. Nicht selten werden externe unabhängige Experten und Spezialisten von SAP-Kunden miteingebunden.
Doch mit der Daseinsfürsorge ist das wie im richtigen Leben so eine Sache. Daseinsfürsorge bedeutet zwar immer Hilfe oder Unterstützung. Doch im Fall einer Geschäftsbeziehung, und bei SAP-Kundenbeziehungen handelt es sich um eine solche, gibt es hier wie dort Geschäftsinteressen. Und die können sich ändern.
Irrungen und Wirrungen
Für SAP-Kunden ist es nichts Neues, mit Änderungen umzugehen, die von SAP ausgehen – das bedeutet aber immer auch Aufwände und gewisse Unsicherheiten. Man denke nur an Hana und S/4 mit der Abkündigung von AnyDBs und der SAP Business Suite mit ERP/ECC 6.0. Da hatte, und hat noch immer, notabene SAP das Ziel, möglichst schnell die neue SAP-Welt zu etablieren. Aber ganz so fix wie ausgemalt funktionierte das nicht.Siehe die Wartungsverlängerung der SAP Business Suite von 2025 auf 2027/2030. Oder die Ankündigung von SAP unlängst, „das ERP-Geschäft zu stärken beziehungsweise den ERP-Kern“. Mit der berechtigten Frage vonseiten der Anwendervereinigung DSAG: „Passt die Strategie des Business-Netzwerks noch, wenn wesentliche IT-Prozesse des Kundenmanagements nicht mehr in der gleichen Geschwindigkeit entwickelt werden wie das ERP?“
Oder die Irrungen und Wirrungen um „Cloud only“ und „Cloud first“. Wobei eigentlich schon immer klar war, dass für viele Unternehmen eben nicht in Betracht kommt, ihre Kernsysteme und damit das ureigenste Unternehmensprozesswissen einer Cloud anzuvertrauen und damit mehr oder weniger aus den Händen zu geben. Hybrid Cloud Computing ist für SAP-Kunden ein gangbarer Weg. Die Hoheit über Kernsysteme quasi im Haus, ausgewählte andere Systeme in oder aus der Cloud.
Für Competence-Center-Verantwortliche oder -Leiter wiegen strategische Änderungen des Softwarelieferanten SAP besonders schwer und bergen eigentlich immer Zündstoff in sich. Schließlich müssen sie in erster Linie darauf achten, wie SAP-Change-Prozesse oder das notwendige Change Management im eigenen Unternehmen oder in der eigenen Unternehmensorganisation managebar sind.
Mehr noch. Da es sich um teils erhebliche Eingriffe und Einschnitte in die kritische Infrastruktur von Unternehmen handelt und sie erfahrungsgemäß mit langwierigen und kostenintensiven Projekten konfrontiert werden, benötigen sie vom Softwarelieferanten verlässliche Roadmaps oder Migrationshilfen beziehungsweise alle notwendigen Informationen für den gangbaren Weg von Alt hin zu Neu.
Kompass neu kalibrieren
Dies betrifft viele Themen mit Konkretem: Schwerpunktmäßig geht es sowohl um SAP-Anwendungen als auch um die SAP-Infrastruktur mit der SAP-Basis. Aber auch um Kosten oder Ressourceneinsatz für Plan, Build und Run.
Natürlich sind das Tun und Wirken von SAP von einer Vielzahl von Eigeninteressen geprägt. Diese Eigeninteressen sind in gewisser Art und Weise legitim. Auf der anderen Seite ist Vertrauen respektive Verlässlichkeit für SAP-CC-Verantwortliche ein hohes Gut. Das müsste eigentlich SAP wissen. Vertrauen und Verlässlichkeit bedeuten Daseinsvorsorge den Competence-Leitern gegenüber. Man muss den Eindruck gewinnen, dass sich dieser CC-Daseinsfürsorge-Kompass gewissermaßen verschoben hat und von SAP neu zu kalibrieren ist. Wenn schon Daseinszwang, dann auch eine ausgeprägte Daseinsfürsorge!