Deutschland ist SAP-Support-Weltmeister
Internationalisierung und Globalisierung sind viel zitierte Treiber des Wandels auch im SAP-Umfeld. Sie verändern die Anforderungen an die Systemlandschaft, beeinflussen deren Gestaltung und wirken auf den Betrieb.
Im Rahmen der Marktstudie „Corporate SAP Application Management“ hat die cbs Corporate Business Solutions im zweiten Halbjahr 2014 Industrieunternehmen aus der DACH-Region zum Thema befragt, 100 Fragebögen ausgewertet und 25 IT-/SAP-Entscheider persönlich interviewt.
Klar im Fokus standen mittelgroße und große Firmen. 67 Prozent der Teilnehmer waren in der diskreten Fertigung, 27 Prozent in der Prozessfertigung zu Hause. KMUs und Großkonzerne mit mehr als 20 Milliarden Euro Jahresumsatz wurden nicht betrachtet.
Alle teilnehmenden Unternehmen haben ihr Headquarter in Deutschland und sind mit mindestens fünf Standorten international vertreten. Die Hälfte (48 Prozent) besitzt sogar mehr als 20 Standorte. Globale Präsenz eint die Teilnehmerschaft:
85 Prozent der Unternehmen sind mit Standorten in allen Regionen der Welt (EMEA, Americas, APAC) vertreten.
Typische globale Industrieunternehmen
Eine globale SAP-ERP-Lösung ist der Industrie-Standard. Bei 87 Prozent der Befragten steht ein globales SAP-ERP-System im Zentrum der Systemlandschaft.
Ein Einmandantensystem („One-System/One-Client“) ist dabei das klar präferierte ArchitekturmodelI (83 Prozent). Nur 13 Prozent bezeichnen ihre ERP-Systemlandschaft nicht als global.
Die Konsolidierung der SAP-Systemlandschaft ist allerdings nicht abgeschlossen: Neben dem globalen SAP ERP existiert eine Vielzahl von SAP- und Non-SAP-ERP-Systemen.
Zwölf Prozent der Unternehmen betreiben mehr als fünf SAP-ERP-Systeme. Die große Mehrheit (88 Prozent) fährt entweder ein globales ERP oder betreibt heute bis zu fünf SAP ERP-Systeme in der Welt. Darunter finden sich wenige Mehrmandantensysteme (vier Prozent).
Nur punktuell kommen ausgebaute kontinentale 3-ERP-Systemlinien (EMEA, Americas, Apac) oder funktional geschnittene ERP-Systemlinien (z.B. Produktion, Sales & Service, Financials) hinzu. Es zeigt sich: Die Globalisierung der ERP-Systeme ist auf dem Weg, aber nicht am Ende.
Über zwei Drittel der Unternehmen haben nach wie vor auch Non-SAP-ERP-Systeme im Einsatz. Nicht nur im Bereich ERP setzen die Unternehmen auf SAP. Neben dem SAP ERP nutzen fast alle Unternehmen (96 Prozent) weitere Business-Suite-Komponenten.
Das heißt, globale ERP-Systeme werden im Regelfall im Verbund einer erweiterten SAP-Business-Suite-Systemlandschaft betrieben. Am weitesten verbreitet ist SAP BW, jeder Fünfte nutzt es (21 Prozent).
Fast so viele nutzen SAP GTS (16 Prozent) und SAP PI/PO (15 Prozent). Immerhin jeder zehnte ERP-Anwender nutzt SAP CRM (10 Prozent). SAP HCM (7 Prozent) und SAP APO (6 Prozent) haben eine nennenswerte Verbreitung.
Zentrale Steuerung ist die Devise: 92 Prozent der Unternehmen setzen auf eine zentrale IT-Organisation. Bei zwei Dritteln (61 Prozent) ist die zentral gesteuerte IT an mehr als einem Standort lokalisiert.
Wie groß sind die IT-Abteilungen? Im Durchschnitt arbeiten 25 bis 50 IT-Kräfte in mittleren, 100 in großen Firmen. Insgesamt macht die IT damit weniger als fünf Prozent der Gesamtbelegschaft aus.
Globaler SAP-Support – made in Germany
Die Verhältnisse spiegeln sich auch in Bezug auf die interne SAP-Support-Organisation wider. 73 Prozent der Befragten beschäftigen bis zu 25 interne SAP-Mitarbeiter, 27 Prozent zwischen 26 und 100 interne SAP-Mitarbeiter.
Alle befragten Unternehmen organisieren auch den unternehmensweiten SAP-Support zentral (100 Prozent). Ein Vergleich drängt sich auf: Die produzierende Industrie als wichtige Stütze des gerne zitierten Export-Weltmeisters vertraut auch im Support ihres globalen SAP-Betriebs auf Qualität „made in Germany“.
Über 50 Prozent der Unternehmen erbringen den unternehmensweiten SAP-Support rein aus Deutschland heraus. Je nach internationaler Vertretung des Unternehmens kommen Supportanteile aus Standorten weiterer Regionen (EMEA, Americas, APAC) hinzu.
Die globale Steuerungshoheit bleibt aber in der Zentrale. Auch der Support-Weltmeister kommt demnach aus Deutschland. Überraschend einig scheinen sich die teilnehmenden Unternehmen in Bezug auf die Relevanz von Near-/Offshore-Anbietern zu sein. In der Praxis spielen sie entweder gar keine oder keine tragende Rolle.
SAPler als Mädchen für alles
SAP-bezogene IT-Tätigkeiten lassen sich grob den Kategorien Planung (Plan), Aufbau (Build) und Betrieb (Run) der Systeme bzw. Anwendungen zuordnen. Die logische Unterscheidung ist Theorie.
In der Praxis wird keine strikte organisatorische Trennung nach Plan/Build/Run vorgenommen. Ausnahmslos für alle teilnehmenden Unternehmen gilt: Die SAP-Mitarbeiter werden übergreifend eingesetzt.
Im Mittel überwiegen Projekttätigkeiten leicht vor Betriebsthemen (40 Prozent Build, 32,5 Prozent Run); maximal 20 Prozent werden für Planungsaufgaben verwendet. Die Aufgaben eines typischen SAP-Mitarbeiters umfassen demnach sowohl die Projektarbeit als auch Betriebsaufgaben.
IT-Budget: Löwenanteil für SAP
Bei 82 Prozent der Unternehmen bewegt sich das IT-Budget zwischen ein und drei Prozent des Umsatzes. Dabei wird der größte Teil des IT-Budgets für SAP verwendet. Die Hälfte der Unternehmen setzt zwischen 30 und 50 Prozent des IT-Budgets für SAP ein.
Bei 15 Prozent sind die SAP-Ausgaben der höchste IT-Budgetposten (größer 50 Prozent). Der für das SAP Application Management eingesetzte Budgetanteil schwankt sehr stark.
Hier kommen offenbar zum einen konjunkturell unterschiedliche Schwerpunktsetzungen im Projekt- und Betriebsgeschäft der einzelnen Unternehmen sowie generell die bipolare Grundausrichtung innerhalb der SAP-Supportorganisationen, für „Build“ und „Run“ gleichermaßen zuständig zu sein, zum Tragen.
IT-Betriebsstrategie
Hybride Strategien kennzeichnen den IT-Betrieb. Drei von vier Unternehmen vergeben einzelne Betriebsaufgaben an Dritte. 19 Prozent betreiben ihre IT-Systeme ganz in Eigenregie.
Acht Prozent der Teilnehmer geben den Betrieb komplett nach außen.Die Aufgaben, die an Dritte vergeben werden, sind vielfältig. Das Thema SAP hat einen sehr hohen Anteil daran.
Insbesondere das Systemhosting (18 Prozent) wird nach außen gegeben. Im Bereich der SAP-Projekte (15 Prozent) und des SAP Application Management (14 Prozent) lassen sich die Unternehmen ebenfalls extern unterstützen.
Im SAP-Umfeld ist externe Unterstützung die Regel (85 Prozent). Nur 15 Prozent der Unternehmen geben an, im SAP-Umfeld ohne externe Unterstützung auszukommen.
Betriebskosten?
Inwiefern sich die SAP-Betriebskosten durch die Globalisierung des Anwendungsbetriebs verändern, dafür gibt es vonseiten des SAP-Managements der befragten Unternehmen kein klares Votum. Insgesamt rechnet man eher mit steigenden Kosten.
Nur jeder Fünfte geht von einer Kostensenkung aus. 46 Prozent geben an, die Kosten pro User würden eher steigen, 31 Prozent sehen keine nennenswerte Veränderung. Das SAP-Management ist sich uneins.
Auffällig ist, dass nur eine Minderheit (22 Prozent) an eine Senkung der Kosten im globalen SAP-Betrieb glaubt. Die Erfahrungen, Möglichkeiten und Fähigkeiten zur Kostenoptimierung im Zuge der SAP-Globalisierung scheinen sehr unterschiedlich ausgeprägt zu sein.
Neben SAP ERP nutzen fast alle Unternehmen weitere SAP-Komponenten (96 Prozent). Dies erhöht insgesamt die Betriebskosten. Einzeln betrachtet sind nur ausgewählte Lösungen Verursacher eines signifikant höheren Betriebsaufwands.
Fremdleistungen
Nahezu alle Unternehmen setzen externe Mitarbeiter ein. Die Form des Einsatzes schwankt allerdings bei den Teilnehmern der Studie. Einig waren sich die Teilnehmer in Bezug auf die Unterstützungsmodelle.
Die Teilnehmer wünschen sich mehr Flexibilität. Die Unterstützung sollte auf die gerade vorherrschenden Bedarfe in Projekten und Betrieb flexibel angepasst werden können. Die befragten Unternehmen bewerten einen Einsatz externer SAP-Dienstleister generell positiv.
Gerade im Globalisierungsumfeld bietet ein Einsatz von Spezialisten klare Vorteile. Den größten Vorteil bieten externe Dritte bei der Abdeckung von zu betreuenden Zeitfenstern (96 Prozent).
88 Prozent sehen in zusätzlichem Know-how für landesspezifische Fragen und Anforderungen an globale Lösungsthemen den großen Mehrwert externer Dienstleister. Für knapp 70 Prozent bieten Externe darüber hinaus einen klaren Zugewinn an Flexibilität.