Die Hana-Datenbankalternative
Nach APO kam Hana
Die SAP-Erfindung APO, Advanced Planner und Optimizer, war nur theoretisch eine Revolution. Die Idee, MRP-Läufe zu automatisieren und zu optimieren, war richtig, aber die Datenmengen aus der Produktion überforderten die APO-Algorithmen. Wie so oft vorher und nachher hatte auch damals Professor Hasso Plattner die rettende Idee: Eine kleine, feine versteckte Datenbank im Hauptspeicher des APO-Servers beschleunigte das System und lieferte die Planungszahlen und deren Optimierung zeitgerecht auf die Bildschirme der SAP-Anwender. APO ward gerettet!
Damals machte SAP nicht viel Aufhebens rund um diesen technischen Hilfsschritt. Der Ball wurde flach gehalten, denn es galt nun endlich APO zum Erfolg zu führen und die ERP-Vormachtstellung von SAP jenseits des Finanzwesens und Controlling zu festigen. Die In-memory-Computing-Datenbank des APO galt somit als nicht erwähnenswerte Hilfsfunktion.
Potsdam erfindet ERP neu
Am Hasso-Plattner-Institut an der Universität Potsdam macht sich Professor Plattner gemeinsam mit seinen Studenten tiefere Gedanken, wie ein zukünftiges ERP beschaffen sein könnte. Ein zentraler Gedanke war ein neues Antwortzeitverhalten in Echtzeit, also ein ERP-System, das den Anwender nicht warten lässt – siehe APO-Desaster.
Und wieder verfiel Hasso Plattner dem Trick mit der In-memory-Computing-Datenbank. Diesmal sollte jedoch die Datenbank nicht in den Tiefen des ERP-Systems versteckt werden, sondern als eigenständiges System der Star in der SAP-Community werden! Die neue Datenbank musste universell für alle SAP-Module und -Systeme nutzbar sein und immer in Echtzeit die Antworten liefern können. Am Hasso-Plattner-Institut wurde eine SQL-In-memory-Datenbank entwickelt.
Hana-only versus AnyDB
Es war ein genialer Schachzug von SAP, für den ECC-Nachfolger S/4 mit dem Open-Source-Betriebssystem Linux nur noch Hana als Datenbank anzubieten. Mit SAP R/3 und der Business Suite 7 (ERP/ECC 6.0) machte nicht nur SAP selbst hervorragende Geschäfte, sondern naturgemäß auch die Betriebssystem- und Datenbankanbieter. Besonders Oracle und IBM freuten sich über hohe Datenbankumsätze ohne nennenswerten Vertriebsaufwand.
Schon vor über 20 Jahren sagte Hasso Plattner auf einer CeBIT-Pressekonferenz, dass er die gesamte Wertschöpfungskette – vom Desktop bis zum Server – im Fokus hat. Das Ergebnis ist nun nach vielen Jahren erkennbar: Von Fiori über Linux und Hana bis zu S/4 und der IT-Plattform SAP BTP ist der Machtanspruch lückenlos. Oder?
Gute Umsätze, schlechte Leistung
In der aktuellen Übergangsphase von ECC mit AnyDB zu S/4 und Hana-only macht SAP sehr guten Gewinn, weil viele Bestandskunden über Jahre hinweg sowohl ihre Microsoft-, IBM- und Oracle-Datenbanken betreiben müssen, wo auch SAP kräftig mitverdient, als auch schon für Hana entsprechende Lizenzen abführen müssen. Aktuell zahlen viele SAP-Bestandskunden doppelte Datenbankgebühren.
Das Versprechen eines ERP-Echtzeitsystems kann Hana naturgemäß nicht einlösen. Wer es sich leisten kann, der hat nun alle seine Daten im Hauptspeicher des S/4-Servers, was analytische Abfragen sensationell beschleunigt. Jede Datawarehouse-Lösung profitiert von Hana in noch nie da gewesener Weise. Die SAP-Anwender jubeln! Aber ebenso viele ERP-Funktionen sind unabhängig von einer theoretischen Datenbankgeschwindigkeit. Andere Faktoren bestimmen das Antwortzeitverhalten, sodass die sehr teure Datenhaltung mittels Hana im S/4-Hauptspeicher keinen Nutzen bringt. Die SAP-Bestandskunden zahlen für teure Hana-Lizenzen ohne einen erkennbaren Gegenwert.
Demokratisierung durch BTP
Hana hat seine Sternstunden im analytischen Bereich, sodass ein hybrides System wahrscheinlich für die SAP-Bestandskunden die optimale Lösung sein könnte: Hana für das Datawarehouse und eine preiswerte, traditionelle Datenbank für die operativen und seriellen ERP-Funktionen, oder?
Noch gibt es diese hybride Datenhaltung nicht, aber die SAP Business Technology Platform mit der Funktionalität von SAP Datasphere und Open-Source-Ergänzungen wie Kafka-Apache könnte einen Weg eröffnen. Es tut sich viel im Bereich des Datenmanagements: Data Fabric, Data Lake und das erwähnte Kafka-Apache bieten den SAP-Bestandskunden auf den Plattformen der Hyperscaler relevante Ausweichmöglichkeiten zu Hana-only. Selbst ERP-Erweiterungen und Modifikationen mittels CAP, RAP und Steampunk sind nicht singulär auf Hana angewiesen. Wer der Hana-Zwangsvollstreckung entkommen will, der sollte sich mit BTP, Datasphere, Steampunk und Open Source beschäftigen.