Die Migration auf SAP S/4 Hana kann gelingen
In Management-Kreisen ist das Thema ERP-Projekt nicht immer positiv konnotiert. Zeigen doch auch Studien, dass ERP-Einführungsprojekte meist mehr kosten als geplant, länger dauern und am Ende nicht die erwarteten Ergebnisse erzielen. Ähnliches gilt auch für größere Releasewechsel. Gerade im produzierenden Mittelstand gilt daher oftmals der Leitspruch: Never change a running system. Aber spätestens, wenn die Mainstream-Wartung der SAP Business Suite 7 (ECC) wie angekündigt im Jahr 2027 ausläuft, führt für SAP-Kunden kaum noch ein Weg an der Migration auf S/4 Hana vorbei.
SAP hat im Jahr 2015 mit dem Produktlaunch von S/4, dem Nachfolgerprodukt der Business Suite 7, eine Lösung angekündigt, mit der Bestandskunden die digitale Transformation vorerst on-prem und später mit der Cloud vorantreiben können. Hierbei steht das „S“ im Namen für „Simple“ und die „4“ für die vierte Produktgeneration. Schon acht Monate nach dem offiziellen Produktstart waren laut SAP mehr als 30 Kunden mit S/4 live und mehr als 417 aktive Projekte wurden kommuniziert.
Obwohl SAP in den darauffolgenden Jahren eine Reihe von Kampagnen startete, die für eine rechtzeitige Migration auf S/4 warben, haben sich die Verantwortlichen in vielen Anwenderunternehmen zunächst nicht für einen Wechsel entschieden bzw. haben diesen eher in weiter Zukunft gesehen. Über die Gründe dieser Entscheidungen kann nur spekuliert werden. Bei den Überlegungen spielte sicherlich der Kosten-Nutzen-Aspekt eine wesentliche Rolle. ERP-Einführungsprojekte kosten meist mehr als geplant, dauern länger und erzielen am Ende nicht die erwarteten Ergebnisse. Die Strategie, sich zunächst gegen eine Migration der ersten Stunde zu entscheiden, ist aus sachlichen Gründen auch durchaus nachvollziehbar. Ein weiterer relevanter Aspekt, sich gegen eine frühzeitige S/4-Migration zu entscheiden, war sicherlich die mangelnde Verfügbarkeit von Einführungsberatern mit entsprechender Praxiserfahrung. Die etablierten Systemhäuser und Implementierungspartner hatten zu diesem Zeitpunkt nur wenige eigene S/4-Projekte.
Wie ist die aktuelle Marktsituation heute, knapp acht Jahre nach der Produktankündigung durch die SAP? Den SAP-Bestandskunden, die das Transformationsvorhaben noch nicht begonnen haben (etwa 60 Prozent), stehen verschiedene technische und konzeptionelle Optionen für die Migration zur Verfügung. Hinsichtlich des Migrationsansatzes wird zwischen Brownfield, Greenfield und einem Mittelweg, der sogenannten selektiven Migration, unterschieden.
Der Brownfield-Ansatz verfolgt das Konzept einer schrittweisen Konvertierung und Umstellung des bestehenden Systems in Richtung S/4. Die implementierte Lösung bleibt nahezu unverändert, erhält aber eine Art Upgrade. Individuelle Anpassungen bleiben weitgehend erhalten und vorhandene Daten werden im Wesentlichen weiter genutzt. Zur technischen Unterstützung der Migration stellt SAP u. a. Lösungen wie den Software Update Manager (SUM) oder die Database Migration Option (DMO) zur Verfügung.
In Anlehnung an „etwas auf der grünen Wiese bauen“, ohne vorhandene bzw. gewachsene Randbedingungen zu berücksichtigen, entspricht der Greenfield-Ansatz einer grundlegenden Neuimplementierung der S/4-Lösung. Der Greenfield-Ansatz ähnelt dem Wechsel von einem anderen ERP-Produkt zu S/4 Hana. In beiden Fällen wird eine komplett neue Instanz von S/4 aufgesetzt, indem aktuelle Geschäftsprozesse analysiert und neu konzeptioniert werden, um diese möglichst nah am Standard innerhalb der neuen Software abzubilden. Die vorhandenen Stammdaten der existierenden SAP- oder Nicht-SAP-Lösungen werden mittels entsprechender Anpassungen und Konvertierungen schrittweise in das neue System migriert.