ERP-Altdaten nach S/4-Wechsel verfügbar
Man kann es drehen und wenden, wie man will: Bei jeder S/4-Migration ist abzuklären, welche Daten aus dem ERP-ECC-Altsystem direkt im SAP-ERP-Technologienachfolger verfügbar gemacht werden sollen – und welche wichtigen Altdaten quasi im Standby-Modus gehalten werden müssen, um auf sie im Bedarfsfall schnell und umfassend zuzugreifen.
Schließlich werden beispielsweise bei einem Greenfield-Ansatz, also bei einem kompletten S/4-Neuaufsetzen ohne historische SAP-Altlasten und -Altdaten, in aller Regel vorrangig nur aktuelle offene Posten, wie offene Buchungen inklusive Stammdaten, in die neue Systemumgebung übernommen.
Und auch bei einem Brownfield-Ansatz mit Berücksichtigung gewisser SAP-Historien in einem Unternehmen wird man eben nicht jene Historien und Daten in Gänze in das neue S/4 mit übernehmen.
Wie stellt man aber sicher, wichtige Altdaten nach einer S/4-Migration bereitzustellen und darauf zugreifen zu können? Beispielsweise auf vorhandene Preisfindungsdaten/-konditionen, Lieferantenrechnungen oder Buchungsbelege in FI, Variantenkonfigurationsdaten in SD oder etwa Wartungsspezifikationen im SAP- Wartungs- und Instandhaltungs-Modul. Oder auf welche Art und Weise realisiert man den Zugriff auf wichtige Altdaten bei Prüfungen oder Revisionen?
Ein Knackpunkt dabei ist im Wesentlichen, dass es sich im SAP-Umfeld nicht nur um die eigentlichen Daten an sich handelt, sondern auch stets um damit verbundene SAP-Transaktionen, die aus den Daten erst betriebswirtschaftliche Informationen machen.
Das bedeutet, „dass es praktisch nicht damit getan ist, Daten aus einer in Verbindung mit SAP-Klassik genutzten Any-Datenbank auszuwählen, sie zu extrahieren und in eine dafür vorgesehene eigene SQL-Datenbank etwa auf einer VM-Maschine zu importieren und darauf dann nach einer ERP-Stilllegung mit einem Query-Tool zuzugreifen“, erläutert PBS-Manager Professor Detlev Steinbinder den Sachverhalt .
Es fehlen die Integration in die neue S/4-Anwendung sowie die transaktionale, betriebswirtschaftliche Sicht auf die Daten für Endanwender. Hinzu kommt die Integration mit dem SAP-Berechtigungskonzept.
Bewährtes neu gebündelt
Zwar könnte man die Problemstellung mittels einer klassischen SAP-Datenarchivierung lösen, was insbesondere bei großen SAP-Kunden mittels PBS-Lösungen auch der Fall ist. Doch darum machen mittelgroße oder mittelständische SAP-Anwender bislang oft einen Bogen.
Aus Kosten- oder Komplexitätsgründen; vielleicht auch wegen einer nicht gesehenen Notwendigkeit. Vor derlei Hintergründen hat PBS jetzt eine neue Komplettlösung namens Nearline Analytic Archive (NAA) entwickelt, die gemäß Unternehmensangaben Ende Q1/2020 zur Verfügung steht und im Rahmen der DSAG-Technologietage der SAP-Community vorgestellt beziehungsweise präsentiert wurde.
Sie kann ohne eine klassische SAP-Datenarchivierung genutzt werden. Außerdem ist es bei der NAA-Verwendung nicht erforderlich, für die Nutzung zusätzliche SAP-Lizenzkosten zu entrichten.
Die neue PBS-Lösung basiert auf bewährten PBS-Add-ons und beinhaltet Neu- und Weiterentwicklungen, ausgerichtet auf die Erfordernisse von mittelgroßen und kleinen SAP-Bestandskunden.
Wie Steinbinder berichtet, „können damit Management und Fachbereiche nach einem ECC-S/4-Wechsel oder nach einer ERP-Systemstilllegung komfortabel und einfach auf für sie zwingend notwendige Altdaten und damit verbundene bekannte SAP-Transaktionen aus allen ERP-Modulen zugreifen.
Und dies direkt aus dem neuen S/4 heraus. Zusätzlich zu den Transaktionen ermöglicht NAA die Generierung beliebiger Queries unter Einbezug des SAP-Berechtigungskonzeptes. Einsehbar sind alle Altdaten, Stamm- und Belegdaten und das komplette Customizing des Altsystems.“
Eine Grundlage der Nearline-Analytical-Archive-Lösung ist das PBS Nearline Analytical Infrastructure (NAI) Framework. Wenn man so will, ist NAI mit einer Art „Side-Car-Lösung“ vergleichbar.
Hier und da läuft ja bekanntlich SAP Hana als Side-Car-Lösung oder Zusatzlösung; eben als angebundene weitere Lösung an ein SAP-System mit hoher Systemperformance.
Vom Funktionsprinzip her werden bei PBS NAA die erforderlichen ERP-ECC-Daten repliziert und in einer Nearline-Datenbank abgespeichert – auch mit dem nutzenbringenden Effekt, dass eine eingesetzte Primär-Datenbank eines SAP-Systems nicht belastet wird.
Wobei es nebenbei bemerkt für den NAI-Einsatz unerheblich ist, ob als Primärdatenbank Hana oder eine AnyDB verwendet wird. Unterstützt werden mit NAA alle gängigen SAP-ERP- ECC-Systemversionen.
Verschiedene DBMS möglich
Durch eine ausgefeilte NAA-Extraktionskomponente erfolgt die unternehmensspezifische Datenextraktion aus einem SAP-System. Das heißt: Alle wichtigen Altdaten samt Transaktionen werden hierüber bestimmt oder selektiert, repliziert und in die NAI-Datenbank überführt.
Dieser Prozess ist entweder vom Anwender zu leisten oder es werden hierfür Dienstleistungen von einem SAP-Partner, von einem PBS-Partner oder von PBS in Anspruch genommen.
Danach kann das Altsystem stillgelegt werden. Laut PBS werden mit NAA übrigens steuerliche oder datenschutzrechtliche Anforderungen der GoBD und DSGVO voll erfüllt.
Zusätzlich können mit NAA weitere NAI-Dienste entsprechend dem Bedarf (beispielsweise External Data Services) genutzt werden. Oder es können auch direkt in NAA Analysen durchgeführt werden.
Und zwar ohne dass dadurch eine vorhandene SAP-Systemumgebung in puncto Performance negativ beeinflusst wird. „Unterstützt werden als Nearline-Datenbank verschiedene etablierte DBMS-Lösungen, unter diversen Betriebssystemen und Service-Varianten.
So etwa das spaltenbasierte Datenbank-Management-System SAP IQ oder IBM DB2 Blu mit einer nach oben offenen Skalierung. Ferner ist die Verwendung von Microsoft SQL Server möglich“, so PBS-Manager Steinbinder abschließend.