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ERP-Wissensdefizite

Standardisierung erhöht den Deckungsbeitrag. Individualisierung kostet Ressourcen. CEO Christian Klein und CFO Dominik Asam trimmen SAP in Richtung Cashcow. Mittels Massenentlassungen und Public Cloud wird SAP viel Geld verdienen.
Peter M. Färbinger, E3-Magazin
25. Juli 2024
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Effizienz versus Relevanz

Weil SAP das gesamte Geschäftsmodell nicht mehr an betriebswirtschaftlichen Themen ausrichtet, sondern dem technischen Paradigma Public Cloud verfallen ist, sehen Finanzanalysten und Investoren eine goldene SAP-Zukunft vor sich: Mit der Präsentation der Finanzzahlen für das zweite Quartal 2024 stieg der SAP-Aktienkurs auf ein Allzeithoch.

Aufgrund einer umfassenden Unternehmensreorganisation war Anfang dieses Jahres geplant, etwa 8000 Mitarbeiter zu entlassen oder umzuschulen. Die SAP-Pläne haben sich geändert, nun soll es 10.000 Personen treffen und die aktuellen Pläne zeigen, dass der ERP-Weltmarktführer noch schneller und radikaler zu einer Public-Cloud-Company mutieren will. Die Geschäftszahlen aus dem zweiten Quartal 2024 bestätigen diesen Trend und geben dem CEO Christian Klein und seinem CFO Dominik Asam recht. Mit einer soliden Public-Cloud-Strategie kann SAP nur gewinnen, weil viel Personal mit altem On-prem- und Private-Cloud-Wissen abgebaut werden kann und gleichzeitig mit einer Public Cloud der bekannte Skalierungs- und Effizienzeffekt greift – die Hyperscaler haben es jahrelang vorgemacht.

Ob SAP mit der radikalen Public-Cloud-Strategie für die europäischen Bestandskunden aber weiterhin relevant bleibt, ist noch nicht abgeklärt. Eine Umfrage der Deutschsprachigen SAP-Anwendergruppe (DSAG e. V.) von Anfang dieses Jahres zeigt, dass unter den DSAG-Mitgliedern die Relevanz von SAP als gleichbleibend bis leicht fallend wahrgenommen wird. Trotz neuer Themen wie KI und Cloud gelingt es SAP nicht, für die traditionellen Bestandskunden attraktiver zu werden.

Hyperscaler versus SAP Cloud

Die Erwartungshaltung der SAP-Bestandskunden ist eine andere als die Strategie von CEO Christian Klein. Ein langjähriger SAP-Anwender erwartet vom ERP-Weltmarktführer betriebswirtschaftliche und organisatorische Standardlösungen. Relevant war SAP immer aufgrund der programmierten Geschäftsprozesse, aufgrund der ganzheitlichen Sichtweise auf die Aufbau- und Ablauforganisation der Bestandskunden und aufgrund der soliden und effizienten End-to-End-Prozesse.

SAP verdiente mit betriebswirtschaftlicher Standardsoftware immer ausreichend. Naturgemäß waren die Deckungsbeiträge beim Datenbankhersteller Oracle höher, aber der Unterschied fand sich nicht in einer besseren Strategie, sondern lediglich in einem anderen Geschäftsmodell. Softwareprodukte wie Microsoft Office, Adobe Acrobat oder Oracle lassen sich anders verkaufen als beratungsintensive ERP-Software. ERP in Form des SAP-Softwareangebots war nicht nur für die Anwender aufwändig und komplex, sondern auch für den Anbieter hinsichtlich Entwicklung und Wartung eine Herausforderung.

Mit der S/4-Public-Cloud will SAP den erfolgreichen Weg der Hyperscaler gehen: durch maximale Standardisierung auch maximalen Profit zu erzielen. Was in Bereichen wie KI, Mail, E-Commerce und Storage sowie Datenbanken eventuell gelingen kann, das ist für eine umfassende ERP-Software kaum vorstellbar. SAP will dennoch eine Public-Cloud-Company nach dem Vorbild der Hyperscaler werden und beschneidet damit die Funktionen des eigenen ERP-Erbes, bis es in eine Public Cloud passt.

Die KI-Revolution besiegt das SAP ERP

Die SAP-Bestandskunden sehen die Entwicklung in Richtung einer reduzierten, vereinfachten und standardisierten Public Cloud sehr skeptisch. SAP verspricht sich von diesem Weg hohe Effizienz, einen hohen Deckungsbeitrag und weniger notwendiges Personal. Gleichzeitig investiert die IT-Szene und auch SAP in generative KI, die eventuell vorhandene Defizite einer Public Cloud ausgleichen kann.

Aber generative KI könnte schon bald jede Art von manuell programmierter Software obsolet machen. KI-Pionier Jürgen Schmidhuber erzählte vor vielen Jahren von der Konstruktion neuronaler Netze für das maschinelle Lernen. Damals meinte er, dass schon bald ML (Machine Learning) so erfolgreich sein wird, dass die Maschinen ihre eigenen neuronalen Netzwerke konstruieren. Dieser Effekt ist auch vorstellbar für generative KI. Ein Large-Language-Modell könnte weitere und immer bessere Modelle entwerfen. Eines Tages könnte eine generative Idee das bessere ERP in der Public Cloud anbieten, was jede weitere Bemühung von SAP vereiteln würde. ERP-Wissen in Form von Standardisierung und Mitarbeiterkündigungen aufzugeben kann in Zeiten der generativen KI eine Sackgasse werden. SAP sollte nicht versuchen, eine Cloud-Company zu werden, sondern weiterhin betriebswirtschaftliches Wissen generieren. Das kurzfristige Streben nach mehr Umsatz und Gewinn steht einem langfristigen Wissens- und Unternehmenserfolg entgegen.

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Peter M. Färbinger, E3-Magazin

Peter M. Färbinger, Herausgeber und Chefredakteur E3-Magazin DE, US und ES (e3mag.com), B4Bmedia.net AG, Freilassing (DE), E-Mail: pmf@b4bmedia.net und Tel. +49(0)8654/77130-21


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Veranstaltungsort

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Veranstaltungsdatum

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