Flexible Plattform für den Vertrieb der Zukunft
Viele Systeme sind in die Jahre gekommen und lassen sich nur mit einem hohen Aufwand an die neuen Bedingungen weiterentwickeln. Der MedTech-Hersteller Raumedic hat sich deshalb entschieden, das alte SAP-CRM-System durch die SAP Sales Cloud und SAP CPQ zu ersetzen. Auch weil das Wartungsende für die Business Suite 7 von SAP naht.
Es ist nichts Neues, dass sich Unternehmen überlegen müssen, welche Lösungen die Business Suite von SAP ersetzen sollen. Das betrifft auch CRM 7.0. Es liegt nahe, dass viele SAP-Bestandskunden einen Übergang auf C/4 Hana Customer Experience (CX) planen. Raumedic, ein internationaler Medizintechnikhersteller mit Hauptstandort im bayerischen Helmbrechts, hat sich bewusst für die Komponente SAP Sales Cloud innerhalb der C/4-Plattform entschieden. Auch weil der Entwicklungsaufwand zu hoch gewesen wäre, das alte CRM 7.0 an die veränderten Anforderungen anzupassen. Gemeinsam mit der Management- und IT-Beratung MHP wurden die Sales Cloud und CPQ (Configure Price Quote) im vergangenen Jahr eingeführt. Und das vollständig remote.
Seit über 70 Jahren entwickelt, fertigt und vertreibt Raumedic Schläuche, Formteile, komplexe Systeme und Medizinprodukte für unterschiedliche diagnostische und therapeutische Anwendungen. Es handelt sich häufig um komplexe, kundenspezifische Ideen, die Raumedic in wirtschaftliche Produkt- und Herstellungskonzepte überträgt und auch auf Wunsch in den eigenen Produktionsstätten herstellt.
Raumedic wächst und hat große Ziele: die Positionierung auf dem europäischen und asiatischen Markt zu festigen sowie den Aufbau des Geschäfts in Nordamerika, dem weltweit größten Medizintechnik- und Pharmamarkt, voranzutreiben. Erreicht werden sollen die Ziele mit einem weltweiten Vertriebsnetz und eigenen Vertriebsgesellschaften in den Kernmärkten Europa, Asien und USA, die den Kunden aus Medizin und Pharma sowie Endanwendern in Klinik und Praxis eine jederzeit hohe Produktverfügbarkeit gewährleisten können. Hierbei ist eine schnelle Reaktion auf Kundenanfragen sowie eine fixe Angebotserstellung und Umsetzung der individuellen Produktwünsche gefragt.
Out: SAP CRM 7.0
Das bestehende On-prem-System SAP CRM 7.0, das 2011 eingeführt worden war, konnte den veränderten Anforderungen nicht mehr gerecht werden. Damit sind insbesondere eine schnellere Bearbeitung und Bewertung von Kundenideen (Projekte) sowie eine präzise und zeitnahe Erstellung von Angeboten gemeint. Das war mit dem vorhandenen System und den verschiedenen Tools wie Access und Excel nicht oder nur sehr schwer möglich.
Der Vertrieb von Raumedic hatte vorrangig mit dem CRM-System gearbeitet, hier die Kunden und Leads gepflegt und bearbeitet. Das Produktmanagement hatte Excel-Tabellen im Einsatz und darin seine Projekte angelegt. Kunden aus dem Medizinbereich kamen mit einer Anfrage für die Herstellung eines kundenindividuellen Produkts auf den Raumedic-Vertrieb zu. Der Vertrieb von Raumedic hinterlegte solche Kundenanfragen im CRM-System.
Gemeinsam mit dem Produktmanagement wurde geprüft, ob die Produktidee eine interessante Opportunity ist oder nicht. Hierbei ging es vor allem um die wirtschaftliche Machbarkeit und die Abwägung, ob aus der Idee tatsächlich ein Produkt werden kann, beispielsweise die Herstellung eines individuellen Silikonschlauchs. War die Produktidee umsetzbar, wurde aus dem vorhandenen Kundenlead eine Opportunity. Hierzu erstellte das Produktmanagement ein Projekt in Excel, um relevante Daten wie Maße, Material, Margen usw. zu hinterlegen.
Ein Angebot wurde schließlich in einem Word-Dokument erstellt. Hierzu mussten Kundendaten aus dem ERP-System übernommen werden, Produktdaten aus Excel hineinkopiert und Zeichnungen aus einem anderen Programm ergänzt werden. Der Prozess, von Anfrage über Angebot bis zur eigentlichen Bestellung (Lead-to-Order) war aufgrund der zahlreichen Systembrüche zeitaufwändig und oftmals auch fehlerhaft.
Ein weiteres Problem: die zahlreichen Excel-Listen, die in verschiedenen Versionen dezentral abgelegt wurden. Das hatte zur Folge, dass wichtige Opportunities nicht schnell genug priorisiert werden konnten. Deshalb war eine Änderung erforderlich: Angebotsabläufe sollten optimiert und beschleunigt werden. Angebotsformulare sollten individuell, jedoch schnell und ohne größeres technisches Know-how angepasst werden können. Außerdem war es notwendig, den gesamten Opportunity-Management-Prozess für das Projektgeschäft neu aufzusetzen. Sämtliche Excel-Tabellen, in denen Opportunities im Projektgeschäft bewertet wurden, sollten der Vergangenheit angehören.
Christian Vogler, IT Consultant SAP Applications bei Raumedic: „Wir hatten den Wunsch, unsere Vertriebsprozesse zu verschlanken. Zwei Hebel sollten dazu beitragen: Zum einen eine schnellere Bearbeitung potenzieller Produktideen. Zum anderen die präzisere und schnellere Erstellung von Offerten. Mit dem alten CRM-System wäre das so nicht möglich gewesen oder nur mit einem hohen Entwicklungsaufwand. Deshalb haben wir uns, auch aufgrund des Wartungsendes von SAP CRM 7.0 und des kompletten Umstiegs auf S/4 Hana, bewusst für die SAP Sales Cloud als neue CRM-Lösung entschieden.“
Sales Cloud als SaaS
Die SAP Sales Cloud wird als Software as a Service (SaaS) in der Cloud bereitgestellt und ist somit auch ohne VPN-Verbindung zu erreichen. Außerdem lässt sich die SAP Sales Cloud flexibel in das S/4-System einbinden. Raumedic entschied sich nach einem Ausschreibungsprozess für die Management- und IT-Beratung MHP, die die SAP Sales Cloud im Juni 2020 einführen sollte.
Vogler: „Überzeugt hatte uns die offene und ehrliche Art des Projektteams sowie die Projektumsetzung. Eine Mischung aus agiler Vorgehensweise und dem herkömmlichen Wasserfall-Modell.“
SAP Configure Price Quote (CPQ) vereinfacht den Prozess innerhalb der Angebotserstellung. CPQ ist ein leistungsstarkes, cloudbasiertes Konfigurationstool und eine Komponente der SAP Sales Cloud sowie der SAP Customer Experience Suite.
Stephan Jung, Senior Manager bei MHP und verantwortlich für das Implementierungsprojekt: „Wir hatten uns SAP CPQ als ergänzende Lösungsvariante überlegt. Wir haben gesehen, dass Raumedic sehr viele kundenindividuelle Angebote erstellen muss. Hierfür hatte der Vertrieb sehr viel Zeit aufgewendet, bis das finale Angebot schließlich beim Kunden landete. CPQ sollte Raumedic insbesondere dabei unterstützen, kundenindividuelle Angebote für die Herstellung von komplexen Medizintechnikprodukten schneller und präziser für die verschiedenen Märkte von Raumedic zu erstellen.“
Eine der wichtigsten Vorgaben war, dass die Sales Cloud im SAP-Standard eingeführt werden sollte, auch um langfristig eine maximale Releasefähigkeit zu sichern.
Auf Basis der definierten Anforderungen an die SAP Sales Cloud und CPQ wurden die Lösungen sukzessive aufgebaut und technisch getestet. Schließlich konnten die Konfiguration der Sales Cloud und CPQ in der Qualitätsumgebung und die Integration mit der ERP-Welt vorgenommen werden.
Die Integration von CPQ, wovon allerdings nur das Angebotswesen (Quote) implementiert werden sollte, stellte sich dabei als technische Herausforderung dar: SAP bietet zwar eine vorkonfigurierte Integration in die Sales Cloud an, diese liefert allerdings nur Basisfunktionen, die individuell nach den Anforderungen der Kunden sinnvoll ergänzt werden können. Das liegt daran, dass CPQ erst kürzlich von SAP übernommen wurde und das Tool noch nicht komplett in der C/4- und ERP-Suite integriert ist.
Im Falle von Raumedic haben beispielsweise Details im Datenaustausch zwischen SAP ERP und CPQ gefehlt. Um hier schnell Expertenwissen parat zu haben und das Projekt schnell und konsequent umsetzen zu können, wurde das SAP Expert Service Team mit an Bord geholt. Somit konnten in enger Zusammenarbeit Lösungskonzepte für die Anforderungen von Raumedic erstellt werden.
Ein wesentlicher Punkt waren die notwendigen Erweiterungen im SAP ERP für die Bereitstellung der Kunden- und Produktdaten, die später in der CPQ-Komponente im Angebotstemplate benötigt wurden. Hierzu lagen keine Standardintegrationsszenarien von SAP vor. Auch für die Bereitstellung und die spätere Verbuchung in CPQ mussten individuelle Implementierungen vorgenommen werden. Zudem wurde die Integrationsplattform entsprechend erweitert.
„Wir haben das passende Konstrukt für Raumedic schnell und konsequent in SAP CPQ entwickelt. Dazu wurden in SAP ERP und in SAP CPQ jeweils Implementierungen vorgenommen, welche den Austausch von Kunden- und Produktdaten ermöglichen. Damit ist das CPQ-System nahtlos an die CRM- und ERP-Umgebung angebunden und entscheidend, um den gesamten Lead-to-Order-Prozess zu beschleunigen. Alle Vertriebsprozesse sind nun vereinfacht und End-to-End miteinander verbunden“, erklärt Jung.
Opportunities und CPQ
Der Prozess sieht nun wie folgt aus: Es entsteht in der SAP Sales Cloud eine Anfrage für ein individuelles Produktangebot, beispielsweise Thermoplast- und Silikon-Spritzgusskomponenten. Die Opportunity wird in der SAP Sales Cloud geprüft und bewertet. Mitarbeiter im Vertrieb und Produktmanagement (Projektverantwortliche) sehen ein einheitliches Bild über die verschiedenen Opportunities und können auf einen Blick sehen, welche der Opportunities priorisiert werden soll. Ist eine Opportunity vielversprechend, kann in CPQ innerhalb der Integrationsplattform das Angebot vorbereitet werden. Hierzu werden Kunden- und Produktdaten automatisch aus dem ERP-System gezogen und in das Angebotstemplate übernommen. Das Dokument wird nun generiert und kann noch individuell angepasst werden, beispielsweise durch farbliche Unterstreichungen im Dokument.
Sobald das Angebot fertig erstellt ist, startet automatisch ein Genehmigungsprozess. Passt das Angebot, erteilt das Vertriebsteam eine Genehmigung. In SAP CPQ ist der aktuelle Status des Angebots zu sehen. Ist der Kunde zufrieden, kann in SAP Sales Cloud aus dem Angebot eine Bestellung mit den notwendigen Informationen an das SAP ERP geschickt werden. So können Fertigungsaufträge in ERP erstellt und an die Produktion weitergeleitet werden.
Mit der Einführung der SAP Sales Cloud und der CPQ-Applikation ist der Vertriebsprozess, insbesondere der Lead-to-Order-Prozess, um ein Vielfaches schneller, da Opportunities und Angebote nun in einem System bearbeitet werden können. Ein Wechsel von Applikationen ist nicht mehr notwendig. Opportunities lassen sich in der Cloud schneller bewerten und priorisieren.
Auf dieser Basis lässt sich in Zukunft auch das Deal Intelligence aktivieren. Diese Funktion kann den Vertrieb dabei unterstützen, auf Basis von Machine Learning Opportunities entsprechend zu bewerten und zu priorisieren (intelligentes Scoring
von Opportunities). Damit kann sich der Vertrieb insbesondere auf vielversprechende Opportunities fokussieren.
CPQ-Templates
Die neue CRM-Lösung trägt außerdem dazu bei, dass sich der Angebotsprozess wesentlich vereinfacht hat. Der Vertrieb kann dank der flexibel anzupassenden CPQ-Templates kundenindividuelle Angebote schneller erstellen. Margen lassen sich transparent anzeigen, sodass unprofitable Rabatte vermieden werden können. Änderungswünsche lassen sich in Echtzeit auch nachträglich im System berücksichtigen. Kurzum: Raumedic kann komplexe Angebote schneller und in höherer Qualität bereitstellen, was letztlich auch zu einer besseren Customer Experience führt.
Christian Vogler: „Wir sind sehr zufrieden mit den Anpassungen von MHP. Wir profitieren heute von vereinfachten, aber ganzheitlichen Vertriebsprozessen. Die einheitliche, cloudbasierte und skalierbare Vertriebsplattform trägt dazu bei, dass wir nun schneller auf Marktdynamiken in der Medizinproduktbranche reagieren können.“
Ein einheitlicher und vereinfachter Angebotsprozess sorgt dafür, dass komplexe und individuelle Angebote präziser und schneller erstellt werden können. Der Aufwand für die Angebotsbearbeitung konnte um 50 Prozent gesenkt werden. Opportunities lassen sich nun in einem System bewerten und bearbeiten sowie künftig auch nach einem Scoring priorisieren.
Es gibt einen „Single Point of Truth“ für vertriebsrelevante Produkt- und Preisinformationen sowie für die kundenindividuelle Vertriebshistorie. Alle Informationen sind an einer Stelle verfügbar, was die Dokumentation erleichtert – auch vor dem Hintergrund einer sauberen und FDA- und TÜV-konformen Nachweisführung. Der Vertrieb hat mehr Zeit für das Tagesgeschäft, da notwendige Informationen an einem Ort vorliegen, was sich auch positiv auf die Qualität im direkten Kundenkontakt auswirkt.