Gehälter unter der Lupe
Vor allem fundiertes Spezialwissen und Projekterfahrung würden sich bezahlt machen, ist Thomas Biber überzeugt. Als Geschäftsführer betreibt er das auf das SAP-Umfeld spezialisierte Personalberatungsbüro Biber & Associates.
Nach über fünf Jahren Projekterfahrung liegt das zu erwartende SAP-Berater-Gehalt zwischen 70.000 und 90.000 Euro.
Senior-SAP-Berater könnten sogar ein Gehalt im sechststelligen Bereich verdienen. Das gelte zwar auch für Berater mit Führungsverantwortung, dennoch würden sich Wissen und Erfahrung stärker auszahlen:
„Die Top-Fachleute verdienen oft mehr als Führungskräfte“
Doch nicht jede SAP-Laufbahn entwickelt sich so lukrativ. Es kommt stark auf die Branche und das Expertenwissen an. Und grundsätzlich auf die Frage, ob der SAP-Berater inhouse in einem Unternehmen oder als externer SAP-Berater bei einem SAP–Beratungsunternehmen angestellt ist.
Spezialisierungen werden honoriert
Expertentum durch Erfahrung ist der eine Faktor, Expertentum im Sinne von Spezialwissen der andere. Als Beispiele für vom Markt stark nachgefragtes Spezialwissen nennt Thomas Biber SAP BO (Business Objects), SAP HCM PY (Human Capital Management Payroll), oder SAP PP-PI (Produktionsplanung Prozessindustrie).
Mit Kenntnissen in diesen Bereichen ausgestattete Berater treffen auf einen Stellenmarkt mit vielen Möglichkeiten. Diese Spezialisierungen werden stark nachgefragt und mit Gehältern am oberen Ende der genannten Gehaltsspannen honoriert.
Rein koordinierende und inhouse tätige SAP-Professionals bewegen sich dagegen auf einem engeren Stellenmarkt mit entsprechend geringeren Lohnsteigerungen. Auch ABAP-Entwickler und SAP-Basisadministratoren verdienen laut Biber im Inhouse-Bereich weniger als SAP-Modulexperten.
Die attraktivsten Gehaltspakete bieten eindeutig SAP–Beratungsunternehmen. Im Vergleich zum Inhouse-SAP-Berater bei einem SAP-Endanwender macht sich hier vor allem die für den externen Berater im Regelfall obligatorische hohe Reisetätigkeit bemerkbar. Diese ist den Arbeitgebern einiges wert.
„Bei erfahrenen Senior-Beratern kann das SAP-Berater-Gehalt in einem erfolgreichen Beratungsunternehmen höher sein, als beispielsweise das Gehalt eines IT-Leiters im gehobenen Mittelstand“
so Biber. Das mache auch den von manchem gewünschten Absprung vom Berater-Dasein so schwer: Der Schritt aus der externen Beratung in eine Inhouse-Position ist oft mit einem Gehaltsverzicht verbunden.
Auch die Branche prägt die Gehaltsentwicklung stark. Hohe Margen im Kerngeschäft der Unternehmen schlagen sich SAP-Berater-Gehalt deutlich nieder. Chemie und Pharma gehören zu den Branchen, in denen SAP-Berater am besten verdienen. Aber auch die Automobil-, Finanz- und Luxusgüterbranche gehört zu den am besten zahlenden Branchen.
Ein externer SAP-Berater mit einer gefragten Spezialisierung in einer Branche mit hohen Margen hat nach fünf bis zehn Jahren eine sehr gute Chance auf ein sechsstelliges SAP-Berater-Gehalt. Mittlere und große Unternehmen bezahlen zudem oft besser als kleine.
Unterschied nach Region und Branche
Wie bei allen anderen Berufen auch, gibt es starke regionale Unterschiede in der Bezahlung. In den ostdeutschen Bundesländern einschließlich Berlin, ebenso wie in den weniger dicht besiedelten Regionen Deutschlands – zum Beispiel Niedersachsen – liegt das zu erzielende Einkommen als SAP-Professional deutlich unter dem in den südwestdeutschen Ballungszentren. Hier stehen die Ballungsräume rund um Frankfurt am Main, München, Stuttgart und Köln/Düsseldorf an erster Stelle.
„Ein HCM-PY-Berater mit circa sechs bis acht Jahren Projekterfahrung kann im Raum Frankfurt am Main bei einem renommierten Industrieunternehmen als Senior-Fachkraft, also ohne Führungsverantwortung, bis zu 100.000 Euro verdienen.
Bei einem Unternehmen im Gesundheitswesen in Ostdeutschland liegt ein SAP-Berater mit demselben Background bei rund 50.000 Jahresverdienst“
erläutert Thomas Biber.
Die Region und die Branche, in der ein SAP-Experte tätig ist, können also zu Differenzen von bis zu 50 Prozent führen. Zu beachten ist aber auch, dass die meisten SAP-Berater-Gehälter variable Gehaltsbestandteile enthalten.
„Je höher das Gehalt, desto höher ist oft der Anteil der erfolgsbasierten Zulagen. Bei einem Gehalt von 100.000 Euro sind oft nur 70.000 Euro fix.“
Prämien in großem Umfang sind üblich, wenn SAP das Kerngeschäft darstellt, also vor allem in Beratungsunternehmen. Im Consulting gibt es manchmal Prämien in einer Höhe von bis zu 50 Prozent des Basisgehaltes; 20 bis 30 Prozent erfolgsbasierter Zulagen sind weit verbreitet.
Dabei gilt im Allgemeinen: Je höher das Gehalt, desto mehr wird über die variablen Zulagen verdient. Prämien für den Inhouse-SAP-Berater liegen dagegen deutlich niedriger.
Bei SAP-Anwenderunternehmen spielt SAP eben nur eine das Kerngeschäft unterstützende Rolle, und der Inhouse-Berater arbeitet nicht im Kerngeschäftsfeld seiner Arbeitgebers. In so einer Konstellation liegt der Anteil der Prämien meist nur bei etwa zehn Prozent. In vielen Fällen besteht das Gehalt auch nur aus einem Fixanteil, ohne variable Zulagen.
Locken mit Firmenwagen
Auch die geldwerten Vorteile für den externen SAP-Berater sind nicht zu unterschätzen. Der Firmenwagen ist im Consulting oft von Anfang an Bestandteil des Gehaltspakets und begründet sich mit der intensiven Reisetätigkeit als externer Consultant.
Gerade junge SAP-Professionals sind meist nicht nur beruflich, sondern auch privat sehr mobil.
Da – je nach konkreter Firmenwagenregelung – Kosten für die private Nutzung des Wagens inklusive Wochenendfahrten und sogar Urlaube oft abgedeckt sind, ist auch dies ein erheblicher finanzieller Vorteil für einen Berater.
„Wer nachrechnet, kommt bei einer intensiven privaten Nutzung mit Benzin, Unterhalt und Wertverlust leicht auf einige zehntausend Euro pro Jahr“
so Biber.
Außerdem würden manche Beratungshäuser mit attraktiven und ungewöhnlichen Firmenwagen aus der Masse herausstechen. Für Inhouse Consultants gebe es dagegen nur selten Firmenwagen, da von ihnen praktisch keine Reisetätigkeit erwartet wird.
Lässt sich das Gehalt aber auch durch geschickte Gehaltsverhandlungen erhöhen?
Thomas Biber sieht Möglichkeiten:
„Personalentscheider haben – entgegen weitverbreiteter Vorstellungen – kein Interesse, Bewerber beim Gehalt möglichst weit herunterzuhandeln.
Routinierte Personaler gehen davon aus, dass die Bewerber dann die Stelle entweder nicht antreten, oder von Anfang an frustriert ins neue Unternehmen kommen.“
Die in einer Bewerbung genannte Gehaltsvorstellung wird also auf Seiten der Unternehmen sehr ernst genommen.
Biber rät Bewerbern aber zu Augenmaß: Es sei ein gravierender Fehler, mit einer möglichst hohen Summe in die Verhandlungen einzusteigen, um sich dann mit dem Gesprächspartner irgendwie in der Mitte zu einigen.
Die Konsequenz einer unrealistisch hohen Gehaltsvorstellung ist praktisch immer, dass Arbeitgeber die Bewerber nicht einladen und diese dann auch keine Chance erhalten, ihre Stärken zu präsentieren und mit den Arbeitgebern erfolgreich zu verhandeln.
Gehaltsverhandlung: Trümpfe ausspielen
Vielmehr sollten Bewerber mit realistischen Gehaltsvorstellungen in die Gespräche gehen und dann herausfinden, welches Know-how, welche Soft Skills und Fähigkeiten der Arbeitgeber als besonders wichtig in der zu besetzenden Position erachtet.
Dazu gehören auch Sprach- oder Branchenkenntnisse. Der Bewerber sollte durchaus selbstkritisch prüfen, in welchem Umfang er diese Punkte erfüllt. Die Punkte, bei denen er glänzt, kann der SAP-Berater in den Gehaltsverhandlungen noch einmal einzeln ansprechen und darstellen, warum ihn diese Punkte zum geeigneten Bewerber für diese Position machen.
„Spielen Sie hier Ihre Trümpfe Punkt für Punkt aus“
rät Thomas Biber.
Denn Bewerber, die in einem realistischen Gehaltsband in die Verhandlungen einsteigen, die erforderlichen Qualifikationen wirklich nachweisen können und dann geschickt auf ihre Stärken hinweisen, haben durchaus die Möglichkeit, ein Angebot zu erhalten, das die ursprüngliche Planung des Unternehmens übersteigt.
Thomas Biber ist Geschäftsführer der auf das SAP-Umfeld spezialisierten Personalberatung Biber & Associates. Als Spezialist für Personalbesetzungen von Fach- und Führungskräften verfügt er über ein Netzwerk von SAP-Bestandskunden, -Beratungshäusern und -Professionals in der DACH-Region. Bis 2006 arbeitete er als Projektleiter und Führungskraft bei SAP Deutschland und Siemens, zuvor war er als Berater bei MicroStrategy in Washington und London tätig.