Gipfelstürmer
Die vergangenen SAP-Kundenveranstaltungen waren geprägt durch das Datenbankprodukt Hana. Eine alles überragende Geschwindigkeit sollte fast jedes Problem lösen. Hana wurde zum Synonym für Kompetenz, Agilität und Resilienz. Auch wenn Hana sehr schnell war, blieb es dennoch bei einer simplen SQL-Datenbank für ein mächtiges ERP – zuerst SAP Business Suite 7 mit SoH, Suite on Hana, und später S/4 Hana, das neue SAP’sche ERP-System, das exklusiv nur auf der In-memory-Computing-Datenbank läuft.
Hana ist theoretisch sehr schnell und manchmal auch in der Praxis. Viele Probleme lassen sich aber dadurch nicht lösen, weil die allermeisten SAP-Bestandskunden gute ERP-Algorithmen und Roadmaps brauchen, um den Gipfel zu erlangen, statt wie die Formel 1 ständig im Kreis zu fahren und den Berg immer wieder mit einem neuen Geschwindigkeitsrekord zu umrunden, siehe Illustration. Nun sah man SAP-Chef Christian Klein auf der Sapphire-Bühne vor einem Gipfelfoto und er versprach den anwesenden Ehrengästen einen Gipfelsieg. Bereits mit Rise with SAP bemühte das SAP’sche Marketing ein Bild auf dem Weg zum Gipfel.
Offensichtlich streben Christian Klein sowie seine CEO-Vorgänger nach Höherem, in der Illustration sieht man neben Ex-Technikvorstand Vishal Sikka auch Ex-CEO Bill McDermott. Die Metapher mag im ersten Moment funktionieren, dennoch sollte sich der SAP-Bestandskunde fragen, was SAP mit diesem Bild des Gipfelsturms ausdrücken will – einmal oben angekommen, kann es nur noch bergab gehen!
Christian Klein hat im aktuellen Diskurs zur digitalen Transformation vieles falsch verstanden: Er glaubt, dass es gilt, einmalige Ziele zu erreichen – möglichst schnell mit Hana und S/4. Im wirklichen Leben geht es um ein Kontinuum, das Leben ist ein langer, ruhiger Fluss. Es sind die Algorithmen und Datenstrukturen, die es zu beherrschen gilt. Das Datenchaos ist zu bezwingen, siehe Illustration, und zwar immer wieder, weil die digitale Transformation eine ewige Herausforderung sein wird.
Christian Klein sollte weder der Schnellste noch der Größte sein, sondern ein verlässlicher Partner für die Community und seine Bestandskunden. Soeben hat er wieder einmal das Gegenteil bewiesen: Er hat die 9000-Euro-S/4-Flatrate aus der PKL Q2/2023 (Preis- und Konditionenliste) streichen lassen. Nun können seine Bestandskunden nicht mehr zwischen Product und Contract Conversion wählen, wenn diese ihre finale S/4-Lizenz ordern. Die Product Conversion kann nur angewendet werden, wenn man im Besitz der S/4-Flatrate ist.
Nicht die Schnellsten werden erfolgreich sein, sondern die Um- und Weitsichtigen, denn SAP wird von Jahr zu Jahr trick- und ideenreicher. Eine erfolgreiche S/4-Conversion ist in erster Linie ein bedachtes Umgehen aller SAP’schen Stolperfallen und das gilt für das Bergauf- und Bergabgehen.