Klassischer S/4-Releasewechsel
SAP-Algorithmen versus Golden Record
Solange es ebenso aufwendig war, Programme zu schreiben, wie auch Daten zu pflegen, existierte zwischen den beiden Konzepten „Algorithmen und Datenstrukturen“ friedlicher Gleichstand. Das Eine war ebenso wichtig wie das Andere. Die Grundlage dafür schuf em.Univ.-Prof. Dr. Niklaus Wirth (1934 bis 2024) mit seinem legendären Informatik-Bestseller „Algorithmen und Datenstrukturen“.
Klassische Programmiersprachen wie Cobol und Pascal spiegeln diesen Gleichklang wider: Zum Programm gehören neben den Funktionen auch die Datendefinitionen. Beides war in einer Welt ohne generative KI essenziell. Es war ebenso aufwendig, Datenstrukturen wie auch Algorithmen zu konstruieren.
Generative KI ersetzt die Programmierung
In modernen IT-Umgebungen sind Funktionen zweitrangig, weil sie in Cloud-Systemen mannigfaltig verfügbar sind oder durch generative KI schnell erstellt werden können. Ganz so weit ist die ERP-Praxis noch nicht, aber die ersten Ansätze existieren: Notwendige Funktionen und Apps werden bei Bedarf im Web gegoogelt oder durch eine generative KI auf Zuruf programmiert. Klassische Programme mit Lizenzen und Wartung verlieren an Bedeutung. Der Kauf oder die Planung von und für Software sind ein altes Informatikkonzept, damit verliert aber auch das klassische ERP an Bedeutung.
Ein Releasewechsel von einem SAP ECC 6.0 auf S/4 Hana ist aufgrund der aktuellen Entwicklung ein Schritt zurück. Warum einen teuren, starren und veralteten Algorithmus gegen einen teuren, starren und neuen Algorithmus austauschen? Manche Dinge werden mit einer S/4-Conversion besser, aber das grundlegende Konzept ändert sich nicht. Software als Materialisierung eines Algorithmus wird zukünftig nicht mehr lizenziert, sondern als Service von beliebigen Orten abgerufen. Generative KI eröffnet Freiheit bezüglich Software-Funktionalität.
Mehrwert des Golden Record
Während Algorithmen immer beliebiger werden – nicht in ihrer Funktion, sondern hinsichtlich der Bezugsquellen – werden Daten immer einzigartiger und damit wichtiger. Daten sind die Kernaussage einer Aufbau- und Ablauforganisation. Daten sind nicht beliebig verfügbar, herstellbar und abrufbar.
Datenstrukturen und das Datenmanagement sind die Basis jeder weiteren ERP-Entwicklung. SAP hingegen glaubt an das klassische Programmiermodell und versucht, die alten Strukturen in einer Public Cloud zu konservieren. Die SAP Public Cloud ist eine moderne IT-Architektur, aber sie ist auch ein veraltetes Softwarekonzept. Letztendlich ist es einerlei, ob klassische Algorithmen in einem On-prem-System oder in der Cloud ausgeführt werden. Einmal heißt es Lizenzen, ein andermal Subscription.
Zukünftige ERP-Systeme sind datengetrieben. Der Golden Record ist das ERP-Architekturparadigma. Programme werden zu austauschbaren Dienstleistungen, Daten werden das Steuerelement neuer ERP-Architekturen.