Navigationssystem: Auf neuen Pfaden zur ganzheitlichen SAP-Modernisierung
Eine unternehmerische Aufbau- und Ablauforganisation soll Silos überwinden und funktionsübergreifende End-to-End-Prozesse realisieren. Das Fundament dafür liefern Open-Source-Technologien sowie Open-Source-basierte zertifizierte Enterprise-Kubernetes-Plattformen und Automatisierungslösungen.
Die SAP-Welt ist im Wandel – weg vom klassischen ECC 6.0 hin zu einer neuen Anwendungslandschaft mit dem Digital Core in S/4 Hana sowie neuen Services und Frameworks. Bei der SAP-Modernisierung handelt es sich somit nicht um ein reguläres Upgrade. Ganz abgesehen von der Deadline 2027 für die Migration von Datenbanken auf SAP Hana und von Applikationen auf S/4 geht es um eine Vielzahl neuer Herausforderungen: die notwendige Modernisierung von Fachanwendungen und Eigenentwicklungen mit einem Cloud-ready beziehungsweise Cloud-first-Ansatz; die Automatisierung mit der Überbrückung von Silos; die Integration moderner Lösungen in die täglichen Betriebsprozesse oder die Berücksichtigung der Innovation Roadmap von SAP mit Cloud-Optionen wie S/4 oder Rise.
Allein schon die erforderliche Migration stellt eine anspruchsvolle Aufgabe dar, etwa hinsichtlich der Legacy-Systeme, alter Lösungen, Schnittstellen und Integrationen, die nicht cloudfähig und nur on-premises nutzbar sind. Beispiele dafür sind Back-up- oder Monitoring-Tools oder Abap-basierte Add-ons aus der ECC-Landschaft.
Die Veränderungen stehen im Kontext der digitalen Transformation, die für nahezu jedes Unternehmen unverzichtbar ist. Um dabei wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen moderne IT-Umgebungen neue Ideen oder zusätzliche Funktionen agil und mit hoher Geschwindigkeit implementieren können. Agilität bedeutet auch, unmittelbar auf Ausfälle, veränderte Markt- und Nutzeranforderungen oder unvorhersehbare Situationen zu reagieren – und das betrifft auch die SAP-Welt.
Lock-ins sind kontraproduktiv: Jedes Unternehmen braucht in diesem Kontext prinzipiell eine langfristige strategische Flexibilität. Sie wird immer wichtiger, nicht zuletzt aufgrund regulatorischer Anforderungen. Ein Beispiel dafür ist der im Januar 2023 in Kraft getretene Digital Operational Resilience Act (DORA) der EU, dessen Regelungen bis Januar 2025 umgesetzt werden müssen. Die Verordnung betrifft grundsätzlich alle Arten von Finanz-unternehmen, von Kreditinstituten über Versicherungsunternehmen bis hin zu Wertpapierfirmen, und alle Drittanbieter von Informations- und Kommunikationstechnologien, die Leistungen für den Finanzdienstleistungssektor erbringen.
Mit der neuen Verordnung reagiert die EU auf die zunehmende Digitalisierung der Finanzwelt und die damit verbundenen steigenden Sicherheitsrisiken, auch hinsichtlich eines Cloud-Konzentrationsrisikos. Unternehmen müssen also ihre IT- und geschäftskritischen Risiken minimieren und ihre operative Resilienz erhöhen. Dabei gewinnen gerade Open-Source-basierte Lösungen, die konsequent einen Vendor-Lock-in vermeiden sowie Unabhängigkeit und Interoperabilität bieten, an Bedeutung.
Die notwendige Transformation im SAP-Umfeld erfordert vor allem auch die Integration neuer Anwendungen, Technologien, Plattformen, Architekturen und Frame-works etwa in Bereichen wie KI und ML, Data Analytics, Big Data, RPA oder IoT. Gerade KI und ML gewinnen derzeit an Relevanz, auch bei SAP-Anwendern. Sehr viele Unternehmen entwickeln und trainieren Modelle mit SAP-Daten, die sie anschließend in Produktivumgebungen wie Factory- und Edge-Szenarien betreiben.
Hybrid Cloud als Zielarchitektur
Die unterschiedlichen Anforderungen werfen die Frage nach der optimalen Zielarchitektur und Basis für die Umsetzung von Konzepten auf, die Migrationsszenarien mit Modernisierungs- und Innovationsthemen verknüpfen. Die Antwort sind Open-Source-Technologien, cloudnative Entwicklungsmodelle mit Containern und Microservices, zertifizierte Enterprise-Kubernetes-Plattformen und Automatisierungslösungen, konkret etwa Red Hat OpenShift und Red Hat Ansible Automation Platform. Immer mehr SAP-Partner, Tools und Lösungen nutzen daher genau diesen Unterbau für die Integration der SAP-Landschaft in eine agile Prozessumgebung.
Auch SAP selbst schlägt verstärkt diesen Weg ein und setzt auf Lösungen von Red Hat. So haben die beiden Unter-nehmen Anfang des Jahres eine intensivierte Partnerschaft bekannt gegeben. In deren Rahmen migriert SAP nach und nach einen immer größeren Teil der internen IT-Landschaft und das SAP-Enterprise-Cloud-Services-Portfolio auf das Standardfundament Red Hat Enterprise Linux.
Das heißt, SAP nutzt primär Red Hat auch als Unterbau für neue SAP-Rise-Kundenumgebungen. Diese gemeinsame Initiative zur Erweiterung von SAP-Software-Workloads auf Red Hat Enterprise Linux soll es SAP-Kunden erleichtern, ihre Geschäftsagilität zu steigern, Cloud-Implementierungen zu beschleunigen und geschäftliche Innovationen voranzutreiben, indem sie auf der skalierbaren, flexiblen und offenen Hybrid-Cloud-Infrastruktur von Red Hat aufbauen.
Eine kuratierte, einheitlich in allen Infrastrukturen verfügbare und für SAP-Anwender und -Partner optimierte Enterprise-Open-Source-Plattform wie Red Hat OpenShift dient dabei als Basis sowohl für die Bereitstellung und Integration von Non-SAP-Anwendungen als auch für die Modernisierung und Erweiterung der vorhandenen Abap-Eigenentwicklungen. Wichtig ist dabei, dass eine Open-Source-basierte Hybrid-Cloud SAP-Anwendern die Möglichkeit bietet, einerseits die SAP-Philosophie „Keep the core clean“ und andererseits Side-by-Side-Erweiterungen sowie die Integration von SAP- und Non-SAP-Lösungen in hybriden End-to-End-Prozessen schnell umzusetzen. Ein solches Infrastrukturfundament ist für SAP-Anwender auf dem Weg zum intelligenten, integrierten Unternehmen letztlich unverzichtbar. Darüber hinaus gewinnen Unternehmen mit einer cloudagnostischen Hybrid-Cloud-Nutzung eine maximale strategische Flexibilität. Gemäß dem Leitgedanken „Develop once – deploy anywhere“ können sie wahlweise On-premises-Umgebungen, Hyperscaler-Infrastrukturen nutzen oder das Rise-with-SAP-Angebot ergänzen. Diese Flexibilität mit der freien Wahl des Unterbaus ist auch hinsichtlich der operativen Resilienz von essenzieller Bedeutung.
Automatisierung als Brückenbauer
Open-Source-basierte Hybrid-Cloud-Plattformen und integrierte End-to-End-Architekturen sind wesentliche Erfolgskomponenten einer SAP-Migration und -Modernisierung. Ein zentrales Bindeglied und wichtiger Brückenbauer ist dabei die -Automatisierung. Sie gehört heute zu den zentralen IT-Themen, auch in der SAP-Welt. Aktuelle und künftige Herausforderungen in einer Zeit der digitalen Transformation können Unternehmen nur mit einer Automatisierung bewältigen, die über das reine Deployment in Richtung einer konsequenten End-to-End-Automatisierung der gesamten Prozesslandschaft hinausgeht. Das heißt, die Automatisierung muss von der Bereitstellung über die Wartung bis zum Betrieb eines kompletten IT-Stacks reichen. Eine entscheidende Unterstützung bietet dabei die universelle und bewährte Open-Source-Automatisierungslösung Ansible. Für den Unternehmenseinsatz hat sich Red Hat Ansible Automation Platform etabliert: Zertifizierte, vorkonfigurierte Module, Automatisierungsworkflows und erweiterte Sicherheitskonzepte erlauben eine bereichsübergreifende Skalierung über Silos hinweg.
Taktisch und strategisch
Als Best Practice für den unternehmensweiten Einsatz von Red Hat Ansible Automation Platform hat sich die stufenweise Einführung erwiesen: ausgehend von einem eher opportunistischen über einen taktischen bis hin zu einem strategischen Ansatz. Das heißt, zunächst sollten einzelne Abläufe vereinfacht, anschließend Automatisierungsprozesse zentralisiert und schließlich ganze Automatisierungsworkflows orchestriert werden. SAP-Landschaften fügen sich inzwischen nahtlos und gleichberechtigt in diese Strategie ein.
Das mögliche Ansible-Einsatzspektrum im SAP-Kontext ist weitreichend. Es umfasst zum einen die Infrastruktur oder Wartungstätigkeiten im Kontext von Deployment, Installation oder Provisioning und zum anderen das „Housekeeping“ im laufenden SAP-Betrieb, also die Automatisierung von Prozessen in SAP-Anwendungen selbst. Erweiterungen aus dem Partner-Ökosystem nehmen aus Ansible heraus direkte Automatisierungen in SAP vor, zum Beispiel die Verwaltung von Rechten, das Anlegen von Nutzern, Auslesen von Systemdaten oder auch das Ausführen von Prozessen.
Die Anwendungsfälle, die Ansible abdeckt, steigen dabei kontinuierlich. Red Hat Ansible Automation Platform etwa verfügt derzeit über mehr als 130 zertifizierte und gewartete Content Collections, die von Hardware- und Softwareherstellern oder Red Hat entwickelt und bereitgestellt werden, unter anderem auch im Hinblick auf die Automatisierung in SAP-Umgebungen. Die Content Collections bieten gemäß Erfahrungswerten von Red Hat Use Cases für rund 80 Prozent der typischen Anwendungsszenarien, wobei eine einfache kunden- und anforderungsspezifische Anpassung gewährleistet ist.
Darüber hinaus ermöglicht es die Flexibilität von Red Hat Ansible Automation Platform SAP-Anwendern, mittels RESTful APIs und eines Self-Service-Portals Automatisierungen einfach in vorhandene Tools und Prozesse zu integrieren. So können sie zum Beispiel Themen wie Compliance, Security oder Governance adressieren, die herkömmlicherweise mit einem hohen manuellen Aufwand verbunden sind. Die Automatisierung beseitigt diesen Aufwand und unterstützt beispielsweise auch eine schnellere Umsetzung des neuen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes mit der Verbindung verschiedener Datenquellen.
SAP Rise
Man könnte nun die Fragen aufwerfen, ob die Hybrid Cloud eine Alternative zu SAP Rise darstellt und ob Rise allein nicht ohnehin alles abdeckt. Es geht aber nicht um einen Ersatz von Rise beziehungsweise der SAP Business Technology Platform (BTP), sondern um die Integration und um die Balance zwischen einer Outside-in- und einer Inside-out-Betrachtung der Prozesse. Dafür gibt es mehrere Gründe. Zunächst ist festzuhalten, dass SAP-Anwender mit der BTP viele vorintegrierte und sinnvolle Erweiterungen für SAP-Prozesse erhalten. Eine offene Hybrid Cloud als oftmals bereits etabliertes Fundament in der IT-Landschaft des Kunden bietet den Nutzern darüber hinaus die notwendige und gewünschte Flexibilität hinsichtlich Entwicklung und Betrieb. Der Schlüssel zum Erfolg liegt in der Verbindung. Mit Red Hat OpenShift etwa steht ein Abstraktions- und Integrationslayer sowohl für Hyperscaler-Plattformen mit ihren nativen Services als auch für die SAP-BTP-Umgebung zur Verfügung.
SAP und Non-SAP
Aus funktionalen, technischen, kaufmännischen oder Compliance-Gründen ist SAP Rise ohnehin nicht für alle Non-SAP-Workloads geeignet; es betrifft etwa Sicherheitsanforderungen in Bereichen wie Public und Militär oder auch Edge-Anwendungsszenarien. Eine cloudnative Laufzeitumgebung als Basis hingegen unterstützt Hybrid-, On-premises- und Edge-Umgebungen – und damit auch unterschiedliche kunden- und anwendungsspezifische Anforderungen.
Insgesamt sollte jedes Migrations- und Modernisierungsprojekt im SAP-Bereich im Kontext einer Neukonzeption und Konsolidierung der gesamten IT-Landschaft gesehen werden. Die ideale technologische Basis hierfür sind zertifizierte Open-Source-basierte Betriebssysteme, Hybrid-Cloud-Plattformen und Automatisierungslösungen wie Red Hat Enterprise Linux, Red Hat OpenShift und Red Hat Ansible Automation Platform. Nicht umsonst nutzen immer mehr Partner aus dem SAP-Ökosystem genau diesen Technologieunterbau für SAP-Modernisierungen gemeinschaftlich als eine integrierte Open-Source-basierte Toolchain. Dafür gibt es einen überzeugenden Grund: SAP-Modernisierungen und -Migrationen können so deutlich besser kalkuliert, vereinfacht und beschleunigt werden.