Personalbeschaffung: Chefsache!

Im Management, weiß Martin Blaschek, Geschäftsführer von Avantum, werden Entscheidungen immer noch auf schmaler Datenbasis getroffen: „Deshalb versagen auch viele Planungsmethoden.“ Für Blaschek Anlass genug, das Angebot von Avantum um neue Beratungsfelder zu erweitern: So wird das auf Analytics spezialisierte Unternehmen neben Business Intelligence (BI) von SAP und IBM ebenfalls das Microsoft-Geschäft ausbauen.
Konkret benötigte Avantum nicht nur technisch versierte, mit BI vertraute Vertriebsmitarbeiter mit einem belastbaren Netzwerk, sondern auch Führungskräfte, die nachweislich bereits neue Geschäftsfelder erfolgreich erschlossen hatten. Er delegierte die Personalbeschaffung für strategisch wichtige Positionen nicht an das Recruiting. Ihm war es wichtig, sich persönlich der strategisch relevanten Aufgabe zu widmen, die fachlich richtigen und insbesondere zur Kultur von Avantum passenden Teammitglieder zu finden. Dass viele IT-Dienstleister noch den kausalen Zusammenhang zwischen Geschäftserfolg und ihn erst ermöglichenden Personalressourcen ignorieren, bleibt für viele Beobachter ein Rätsel.
Gerade im hochgradig angespannten Arbeitsmarkt der Informationstechnik gelingt es Unternehmen kaum noch, mit herkömmlichen Mitteln Personal anzuwerben. Laut Branchenverband Bitkom sind gut 80.000 Positionen vakant. Bis eine offene Stelle besetzt werden kann, dauert es schätzungsweise 182 Tage – lediglich examinierte Altenpfleger sucht man noch länger. Ein halbes Jahr bleiben also wichtige Aufgaben unerledigt, Projekte kommen nicht voran. Im schlimmsten Fall springen Kunden ab, weil sie sich nicht länger vertrösten lassen wollen.
Für den Münchner Strategie- und Personalberater Frank Rechsteiner ist diese Situation keineswegs Resultat des grassierenden Fachkräftemangels, der Unternehmen angeblich jeglicher Chance beraubt, die Personalplanung effektiv mit geschäftlichen Zielen zu verzahnen. Dass Geschäftsleitungen im Wissen um die dramatisch zugespitzte Lage am Arbeitsmarkt sich unreflektiert auf ihr Recruiting verlassen, ist für Rechsteiner „ein schwerwiegender Fehler“.
Offensichtlich gibt es kein Erkenntnis-, sondern ein Umsetzungsproblem. Wird im Management nicht die Initiative ergriffen, springt der Funke auch nicht auf HR über. Die Konsequenz: Viele Arbeitgeber wähnen sich in längst vergangenen Zeiten, als sie noch Arbeit vergaben und Bewerber höflich um Anstellung ersuchen mussten. Längst habe sich das Blatt jedoch gewendet, betont Rechsteiner: „Wer sich die Jobs als qualifizierte IT-Fachkraft aussuchen kann, lässt sich nicht wie ein Bittsteller behandeln.“
Martin Blaschek und Frank Rechsteiner, die seit vielen Jahren zusammenarbeiten, zogen deshalb an einem Strang. Der Avantum-Geschäftsführer zögerte nicht, seinen Geschäftspartner in die strategischen Überlegungen einzubinden. Rasch war man sich einig, dass der gemeinsame Plan in den angestammten Strukturen kaum realisiert werden könne. „Selbst mit intensivem internen Training kriegen wir es rechtzeitig nicht hin“, erinnert sich Blaschek an die intensiven Diskussionen. Deshalb bat er den Personalberater, in seinem Netzwerk entsprechend geeignete Kandidaten anzusprechen und ihm so schnell wie möglich eine Shortlist vorzulegen.
Die wichtigste Erkenntnis aus dem gemeinsamen Projekt mit Frank Rechsteiner
heißt für Martin Blaschek: „Personal ist ein Engpassfaktor.“ Noch rückten Personalwerbung und Recruiting für viele Unternehmensleitungen kaum in den Fokus, kritisiert er andere IT-Dienstleister. Deshalb will der Avantum-Geschäftsführer die Rekrutierung neuer Mitarbeiter weiterhin selbst vorantreiben. So animiert er seine Mitarbeiter, sich persönlich ins Recruiting einzuschalten und beispielsweise auf LinkedIn gezielt Experten anzusprechen. Zudem nimmt er auch persönlich an Einstellungsgesprächen teil, die HR moderiert und mit elementaren Informationen zur Kultur der Firma gestaltet. „Wenn ein interessanter Kandidat nicht anders kann, treffe ich mich auch spätabends mit ihm zu einem Gespräch. Alles andere muss dafür zurückstehen.“
1 Kommentar
Schweißer
Besonders in der IT Branche und hier bei Führungspositionen sind ja meist Headhunter im Spiel. Als Teil des Recruitment macht das auch Sinn, denn Unternehmen haben oft nicht die Netzwerke, um passendes Personal zu finden.