Pille gegen hausgemachte Krankheit
Mit ERP Pricing for the Digital Age soll die indirekte Nutzung transparenter geregelt werden. Das Modell wurde in enger Zusammenarbeit mit Anwendergruppen, Partnern und Analysten entwickelt.
Ob das neue Preismodell für die indirekte Nutzung – wie SAP behauptet – tatsächlich „fair und transparent“ ist und „zum Vorteil der Kunden gereicht“, erscheint uns allerdings fraglich.
Was ist neu?
Das Modell ist ein wirkliches Novum und orientiert sich beim indirekten Zugriff (Digital Access) nicht mehr an der Zahl der Nutzer, sondern setzt auf eine transaktionale Metrik.
Indirekter Zugriff erfolgt, wenn Geräte, Bots oder automatisierte Systeme auf SAP zugreifen oder wenn Personen, Geräte oder Systeme SAP indirekt über eine zwischengeschaltete Software eines anderen Anbieters nutzen wie ein Nicht-SAP-Frontend, eine eigenentwickelte Kundenlösung oder die Anwendung eines Drittanbieters.
Anders als bisher werden beim Digital Access von nun an auf Basis der vom System selbst verarbeiteten Transaktionen/Dokumente sogenannte „Documents“ lizenziert. Hierbei zählt das Erstellen eines solchen; Lesen, Aktualisieren oder Löschen werden nicht berechnet.
Wo lauern Probleme?
Nach unserer Einschätzung setzt SAP mit dem neuen Modell mittelfristig primär auf ein „transaktionales“ Lizenzsystem, das letztlich in nur eine Richtung funktioniert: Umsatzzuwachs für SAP.
Benötigt der Kunde beispielsweise aufgrund von steigenden Bestellungen mehr SAP-Lizenzen, lassen sich die Zusatzkosten für die indirekte Nutzung zuzüglich der damit verbundenen Pflegegebühren verschmerzen.
Kritisch wird es, wenn aufgrund ausbleibender Bestellungen die Anzahl der mit SAP verwalteten Bestellungen zurückgeht. Die zuvor gezahlten Lizenzkosten erstattet SAP nicht zurück – egal wie schlecht es bei dem Kunden läuft.
Wie geht es weiter?
SAP rollt das neue Vertriebs-, Audit- und Preismodell seit April aus und hat angekündigt, in den kommenden Monaten weiteres Schulungsmaterial zum leichteren Verständnis der neuen Lizenzbestimmungen zur Verfügung zu stellen.
Grundlegend können Bestandskunden entscheiden, ob sie beim bisherigen Modell bleiben oder auf das neue wechseln wollen – je nachdem, welches besser zu ihren SAP- und Drittanwendungen passt. Kunden, die jedoch noch nicht lizenziert haben, oder Neukunden wird diese Wahlmöglichkeit nicht angeboten.
Nach unseren Erfahrungen sind heute sowohl in mittelständischen Unternehmen als auch in Konzernen 30 bis 40 Prozent der eingesetzten SAP-Software unzureichend oder falsch lizenziert, was bei einem Audit drastische finanzielle Konsequenzen nach sich ziehen kann.
Was bleibt, ist die kontinuierliche Optimierung, um nicht zu viele oder die falschen Lizenzen zu kaufen und am Ende über Jahre hinweg für diese Fehlentscheidungen zu zahlen.
Unsere Empfehlung lautet: Get Audit Ready!
Erfahrungsgemäß reicht eine Ist-Bestandsaufnahme für eine dauerhaft lizenzkonforme Nutzung nicht aus, da sich die IT-Struktur im Unternehmen analog zu den Geschäftsprozessen kontinuierlich verändert und weiterentwickelt.