Recht bekommen
E3: Was sind für Sie die wichtigsten Erkenntnisse des CC-Summits bezüglich der aktuellen Lizenzsituation der SAP-Kunden?
Jana Jentzsch: Zunächst einmal ganz allgemein gesprochen: Dass die Unternehmen mit der Conversion zu SAP S/4 Hana vor einer riesigen He-rausforderung stehen – technisch, kaufmännisch und rechtlich. Die Conversion ist in der Regel irreversibel und durch die ausgelaufene Option der Product Conversion müssen Unternehmen zukünftig vor allem die komplexe Contract Conversion in den Blick nehmen – jedenfalls dann, wenn sie das Produkt SAP S/4 Hana Enterprise Management for ERP Customers nicht bereits zur Vorbereitung einer Product Conversion im Portfolio haben. Bei der Contract Conversion werden die Verträge konvertiert, jedoch grundsätzlich zu den aktuellen Bedingungen der SAP, wenn sich der Kunde nicht im Vorfeld gut vorbereitet und seinen individuellen Bedarf gezielt verhandelt.
E3: Wieso ist das so kompliziert? Kann man nicht einfach die
bisherigen R/3- und ECC-Verträge in S/4 umwandeln?
Jentzsch: Können schon, aber dann hat man vermutlich am tatsächlichen Bedarf vorbeikonvertiert. Die neuen S/4-Bedingungen unterscheiden sich grundlegend von den Altbedingungen. Der Kunde muss zahlreiche Entscheidungen treffen, z. B.: Wie können bestehende Sonder-User und Sonderbedingungen unter S/4 abgebildet werden? Welche Flexibilität bezüglich der Nutzungsberechtigung benötigt die Unternehmensgruppe? Wie ist das Thema der indirekten Nutzung zu handhaben? Wie gestaltet man die Transitionsphase und welche Optionen bestehen, wenn die Implementierung nicht läuft wie gewünscht? Hinzu kommen die spezifischen
Fragen der Cloud-Nutzung, z. B.
das Rise-with-SAP-Programm, die FUE-Thematik und Fragen der Vermessung. Das sind nur einige Beispiele. Auf dem CC-Summit war ein großes Interesse der Teilnehmer an diesen Fragen zu spüren.
Die Herausforderung für die Unternehmen ist riesig – auch unter rechtlichen Gesichtspunkten.
Die Hamburger Rechtsanwältin
berät seit über zehn Jahren Unternehmen und Organisationen in DACH zu rechtlichen Fragen im Zusammenhang mit der Nutzung von SAP-Software.
E3: SAP hat auf dem CC-Summit eine Art „Cloud first“-Strategie für die Zukunft vorgestellt. Ist das aus rechtlicher Sicht vorteilhaft?
Jentzsch: Aus rechtlicher Sicht verursacht es für die Kunden einen erhöhten Aufwand. Die regulatorischen Anforderungen an die datenschutzkonforme Nutzung von globalen Cloud-Diensten sind bereits jetzt sehr hoch. Insbesondere in der Public Cloud muss der Kunde die Datenschutzthemen sehr ernst nehmen, prüfen und auch gegenüber SAP aktiv adressieren. Ansonsten besteht die große Gefahr einer Incompli-ance. Das Thema beschränkt sich nicht auf die beigefügte Datenschutzvereinbarung; viele datenrechtliche Herausforderungen finden sich an anderen Stellen der Verträge. Das wird oft übersehen. Unter anderem das Thema Datennutzung für Zwecke der KI und des maschinellen Lernens gewinnt hier an Bedeutung.
E3: Was ist also die rechtlich
beste Strategie zum Umgang mit der S/4-Conversion?
Jentzsch: Eine frühe Planung unter Einbeziehung der rechtlichen Aspekte und Festlegung einer Strategie. Ein kommerziell attraktives Angebot zu unterschreiben und zu hoffen, dass die rechtlichen Themen schon keinen Ärger verursachen werden, ist keine Strategie, sondern kann sich mittelfristig als der teuerste Deal aller Zeiten entpuppen.
E3: Danke für das Gespräch.