ROI-Faktoren einer SAP-integrierten Tax Technology
Soll nun eine S/4 Tax Technology manuell neu aufgesetzt und auf Dauer gepflegt werden? Oder macht die Integration einer zentralen Steuertechnologie Sinn? Schließlich muss global durchgängig Steuer-Compliance gewährleistet werden, immer öfter auch in nahezu Echtzeit. Die Praxis zeigt: Mehrere Kriterien sind bei der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung von Tax Technology wesentlich.
Allein aus technischen Gründen ist klar: Bestehende eigenentwickelte Funktionen im SAP zur Umsatzsteuerermittlung können nicht einfach in S/4 kopiert werden. Dies fordert eine Entscheidung: Soll die nötige Steuerlogik neu nativ in SAP programmiert werden? Dann gilt es, die zusätzlichen Aufwände für das SAP-Team zu kalkulieren. Nicht zu vergessen sind die Folgekosten: kontinuierliche Steuer-Recherchen und die zugehörige systemtechnische Aktualisierung für alle relevanten Besteuerungsgebiete. Dies gilt es abzuwägen gegenüber der Alternative: die Implementierung einer SAP-zertifizierten Tax Engine beziehungsweise Steuertechnologie von Drittanbietern.
Umsatzsteuer-Ermittlung mit Standards
Grundsätzlich sind Tax Engines in externen Systemen zur automatisierten Umsatzsteuerfindung im ERP-System vorhanden. Die weltweit steuerrechtlichen Regelungen dafür hält der Anbieter laufend auf dem neuesten Stand. Als zentrale Einheit können die Regelungen neben SAP an jegliche Transaktionssysteme eines Unternehmens angebunden werden. Der Effekt: Die Steuerfindung wird übergreifend standardisiert, selbst kurzfristige steuerrechtliche Änderungen stehen durchgängig zur Verfügung. Dies vereinfacht die Steuer-Compliance, nachvollziehbar durch interne Audits und Steuerbehörden.
Wann sich eine vollintegrierte Drittlösung zur automatisierten Umsatzsteuerfindung lohnt, ist pauschal nicht zu beantworten. Es hängt weniger vom Gesamtumsatz eines Unternehmens ab. Vielmehr spielt die Komplexität des Geschäftsfeldes eine Rolle sowie die Anzahl der Länder, in denen ein Unternehmen geschäftlich aktiv ist oder in Zukunft sein wird.
Die folgenden Aspekte machen einen möglichen Rentabilitätszeitpunkt aber schnell deutlich. Denn: Nicht-Steuerexperten fehlt oft der Einblick, wie hoch die Kosten für die Steuerermittlung und -einhaltung tatsächlich sind. Eine vage Vorstellung davon haben zumindest die IT-Teams, die in allen Transaktionssystemen die vergleichsweise einfachen Covid-bezogenen Steuersatzänderungen umsetzen mussten.
Es liegt auf der Hand, dass die Entscheidung für oder gegen eine Tax Engine am besten vor einer S/4-Umstellung getroffen werden sollte. Denn dann ergibt sich die Chance, dies frühzeitig in den Planungs- und Implementierungsprozess einzubinden und das Umsatzsteuer-Management von vornherein global zu modernisieren.
Steuerbehörden setzen auf Echtzeit
Weltweit fordern Steuerbehörden mehr und mehr alle Arten von Echtzeitberichten. Damit zwingen sie die Finanzabteilungen von Unternehmen, ihre Steuerermittlung und das Reporting zu digitalisieren und zu automatisieren. Dies zeigt sich auch in der geplanten EU-Umsatzsteuer-Reform „VAT in the Digital Age“, kurz ViDA.
Im gleichen Zuge werden durch die Einführung der elektronischen Rechnungsstellung beziehungsweise E-Invoicing Handelspartner verpflichtet, ihre Umsatzsteuer-Rechnungsdaten elektronisch an die Steuerbehörden zu übermitteln. Das heißt für Unternehmen: Steuerliche Daten müssen von Anfang an den rechtlichen Regelungen entsprechen. Einen zweiten Versuch, etwa nach Datenanalysen Fehler im Nachhinein zu korrigieren, gibt es nicht mehr. Auch manuelle Eingriffe bei Transaktionen, deren Steuerfindung vom eigenen System nicht abgedeckt wird, sind nicht mehr möglich.
Weniger Steuerrecherche
Wie jedes andere ERP-System stellt SAP selbst keine Inhalte für globale Umsatzsteuersätze, Umsatzsteuerkodierung oder eingeschränkte Vorsteuerabzugsregeln zur Verfügung. Dafür gibt es Tax Engines mit dem Ziel, die Umsatzsteuer selbst für komplexe Transaktionen und Besteuerungsgebiete automatisiert zu ermitteln. Ansonsten sind multinationale Unternehmen zweifach gefordert: Experten für eigene Umsatzsteuer-Recherchen zu beschäftigen und ihre SAP-Umgebung entsprechend spezifisch anzupassen. Diese Anpassungen können weitreichend und häufig sein. Jede Gesetzesänderung zu indirekten Steuern in jedem Land, in dem das Unternehmen geschäftlich tätig ist, gilt es kontinuierlich zu prüfen. Umsatzsteuerlich relevant sind zudem geschäftliche Veränderungen wie geografische Expansionen, Fusionen und Übernahmen, neue Geschäftseinheiten, digitaler Handel oder erweiterte Produktangebote mit komplexer Steuerbarkeit.
Umsatzsteuerrecherchen für Fälle wie diese sind enorm aufwändig und bedürfen häufig einer zusätzlichen Steuerberatung – Kosten, die bei der ROI-Kalkulation einer Tax Engine miteinzubeziehen sind.
SAP-Teams von Anpassungen befreien
Bei der Verwendung nativer Umsatzsteuer-Funktionen in SAP ist die IT-Abteilung gefordert, gemeinsam mit den Steuer-Teams jede gesetzliche Änderung manuell zu erfassen, zu aktualisieren, den Material- oder Konditionssätzen im System zuzuordnen und die korrekte Umsetzung zu testen. Dieser Vorgang muss ebenso für jedes weitere Transaktionssystem im Unternehmen erfolgen.
Dabei ist kombinierte Weitsicht sowohl in Steuer- als auch in Software-Anforderungen gefragt, um keine Folgefehler zu verursachen. Steuer- und IT-Teams müssten dafür kontinuierlich sehr eng mit einem hohen gegenseitigen fachlichen Verständnis zusammenarbeiten.
Zudem kommen Umsatzsteuer-Änderungen oft mit knapper Vorlaufzeit – manuelle Anpassungen hingegen dauern. Dies wirft zusätzliche Fragen auf: Was geschieht während der Zeit, in der die IT-Teams steuerbezogene Systemanpassungen vornehmen, die regelmäßig stattfinden werden. Würden Steuerfragen den Vertrieb stoppen? Inwieweit würden Zahlungsprozesse beeinträchtigt? Oder werden potenziell nicht konforme Rechnungen ausgestellt?
Mehr Automatisierung
Bei der Entscheidung zu einer Tax Engine geht es nicht zuletzt auch um die eine Grundsatzentscheidung: Soll bei der Ermittlung indirekter Steuern „Benutzervertrauen“ durch „Systemgewissheit“ ersetzt werden, die auf einer regelbasierten Automatisierung im Kreditorenbuchhaltungsprozess basiert?
Ob bei der Rechnungsbuchung oder der Berechnung der Wareneinstandskosten – je mehr standardisierte Automatismen greifen, umso einfacher kann Konsistenz gewährleistet werden für ein funktionierendes TCMS (Tax Compliance Management System). Ein TCMS als innerbetriebliches Kontrollsystem dient der Risikobewertung sowie zur Erstellung von steuerlichen Berichten und Dokumentationen. Dafür umfasst es Funktionen zur Automatisierung von steuerlichen Prozessen sowie zur Überwachung der Einhaltung von Steuergesetzen und -vorschriften. Hierfür bieten Tax Engines eine valide Dokumentation.
Die IT kann mithilfe von Tax Engines sicherstellen, dass im SAP jederzeit ohne weiteren Aufwand eine korrekte Behandlung der Umsatzsteuer gewährleistet ist. Werden zusätzliche Transaktionssysteme eingeführt oder kommen durch Übernahmen hinzu, können diese einfach an die zentrale Tax Engine angebunden werden. Das Umsatzsteuer-Management ist damit einfach skalierbar, statt mit neuen Anforderungen zusätzliche Komplexität zu verursachen.
Gleichzeitig gewinnt die Steuerabteilung mehr Eigenständigkeit, wenn sie über eine intuitive Umgebung maßgeschneiderte Regeln selbst testen und pflegen kann.
Komplexe Lieferketten
Die meisten multinationalen Unternehmen sind von komplexen Lieferketten und Produktionsprozessen geprägt. Zudem verändern sich Einkaufs-, Produktions- und Liefertransaktionen kontinuierlich, wobei auch häufig geografische Zuständigkeiten wechseln. Hier wird es für die Steuerabteilung immer schwieriger, aus dem SAP-System die umsatzsteuerlich relevanten Transaktionen zu identifizieren und zu analysieren.
Bei der Auswahl einer Tax Engine sollte daher auch geprüft werden, ob diese eine Visualisierung von Lieferketten ermöglicht, einschließlich einer Zusammenfassung der für die Steuerfindung genutzten Parameter.
Denn erst damit gewinnen Steuerabteilungen das nötige Prozessverständnis, das ihnen das Management und die Kontrolle korrekter Umsatzsteuerfindung erheblich vereinfacht.
SAP-zertifizierte Tax Engine
Unternehmen ab dem gehobenen Mittelstand mit komplexeren, internationalen Geschäftsmodellen profitieren von Steuertechnologie. Eine zentrale, SAP-zertifizierte Tax Engine senkt in der Regel über die Zeit die Gesamtbetriebskosten (TCO) im Vergleich zu einem Umsatzsteuer-Management mit nativen SAP-Funktionen. Daneben schafft sie strategische Vorteile für die Steuerabteilung, während sie gleichzeitig IT-Teams von Zusatzaufgaben entlastet. Multinationale Unternehmen, die in den USA geschäftlich tätig sind oder dies in Zukunft sein wollen, setzen in der Regel bereits eine Tax Engine ein. Ohne sie ist die Ermittlung der Sales and Use Tax in den über 10.000 Steuerbezirken der USA nicht zu bewerkstelligen. Die Anwendung derselben Tax Engine für die Umsatzsteuer in Europa oder Asien ermöglicht es, die Rentabilität dieser Investition zu maximieren und die Kosten für die Ermittlung der globalen indirekten Steuern im gesamten Unternehmen zu senken.