S/4 und der Mittelstand
Ob sich S/4 Hana aber erfolgreich durchsetzt, wird sich vor allem bei Mittelständlern entscheiden, die auf ihr ERP setzen, nicht aber das neueste Release im Einsatz haben.
Insbesondere Unternehmen aus dem Mittelstand führen das Ende des von der SAP vorgegebenen Wartungszeitfensters (2025) für SAP ERP als größte Motivation an, um sich überhaupt mit dem Thema S/4 Hana zu beschäftigen.
Maßgebliche Vorteile von S/4 Hana im Sinne einer vereinfachten Datenstruktur sowie ein Wegfall von Sperren bei massiven Materialbewegungen haben für Unternehmen des Mittelstands, seien es Gastransporteure oder öffentliche Verwaltungen, keinen bahnbrechenden Mehrwert.
Wirklichkeit des Mittelstands
Wesentlich für mittelständische Unternehmen ist, ein ERP-System funktional effizient zu nutzen und die Mehrheit der Geschäftsprozesse abdecken zu können.
Argumente dieser Natur fehlten auf den großen Roadshows der SAP, welche in den Beispielszenarien bislang nur Großunternehmen fokussierte. Es scheint, als bliebe die Bearbeitung des Mittelstandes den Partnerunternehmen der SAP überlassen.
Langsam kommt die SAP aber auch dieser Kundenklientel entgegen. Die Anwendung des Fiori-Designkonzepts und die Schaffung eines modernen User Interface durch das Fiori Launchpad sowie die strukturierte, aber nicht neue Nutzung von Best Practices kommen insbesondere beim Mittelstand sehr gut an.
Allein die Tatsache, dass sich durch S/4 Hana eine hybride Frontend-Welt durch das Fiori Launchpad einerseits und die klassische SAP GUI andererseits entwickelt, stößt in Kundensystemen mit sehr vielen Z-Transaktionen auf Anklang.
Mit dem Vorschlag einer zweistufigen Transformation – erst S/4 Hana mit klassischer GUI und danach Nutzung des Fiori Launchpad – lassen sich historisch gewachsene Screen-Erweiterungen und Z-Transaktionen auch nach einer erfolgreichen S/4-Hana-Migration weiter nutzen, bis Standard- oder Custom-Fioris diese ersetzen können.
Akquisen und verwirrende Cloud-Angebote
Interessant bleibt es auch beim Design der peripheren Systemlandschaft um S/4 Hana Enterprise Management. Durch Zukäufe und Integration von Cloud-Software wie Ariba, Hybris oder SuccessFactors wird die allgemeine Richtung zurück zum Kern teilweise relativiert.
Ein gutes Beispiel dafür stellt SAP SRM dar. Während Buy-Side-Aktivitäten (z. B. Shopping-Cart-Szenarien) in S/4 Hana abgebildet werden, wird für Sell-Side-Aktivitäten und Lieferantenkooperationen das Ariba-Netzwerk positioniert.
Damit steht insbesondere der Mittelstand im SRM-Umfeld vor der Fragestellung, ob Ariba als strategische Lösung genutzt werden soll oder ob für die nächsten fünf Jahre ein Anbindungsszenario zwischen SRM und S/4 Hana präferiert wird.
Ariba selbst wurde von der SAP bisher vorwiegend für Großunternehmen vermarktet. Auch hier öffnet man sich erst langsam für den Mittelstand und bietet entsprechende Programme für Partnerunternehmen an, welche ein Onboarding für bestehende SAP-Kunden vornehmen können.
Die nächsten fünf Jahre werden entscheidend sein S/4 Hana Enterprise Management löst nach elf Jahren SAP ERP ECC ab und bringt die Business Suite technisch auf den neuesten Stand. Das ist absolut folgerichtig.
Maßgeblich verbesserte Funktionalitäten erreichen derzeit aber noch nicht die Hauptinteressen des Mittelstands, welcher ein funktional effizientes ERP einsetzen und schlanke und integrierte Prozesse leben will.
Insbesondere durch den integrierten Einsatz von Cloud-Lösungen aus dem eigenen Portfolio lässt die SAP die Lizenzkosten in Summe steigen. Die Arbeit, bestehende SAP-Kunden aus dem Mittelstand von S/4 Hana zu überzeugen, wird vorwiegend Partnerunternehmen übergeben.
Dienstleister, wie auch Gisa, übernehmen dies professionell und beraten Kunden umfassend zu einem möglichen Umstieg auf S/4 Hana inklusive individueller Roadmap-Projekte.
Es bleibt aber spannend, wie viele Transformationen – egal ob Greenfield oder Brownfield – in den nächsten Jahren von bestehenden SAP-Kunden aus dem Mittelstand unternommen werden.