SAP-Plattform-Economy
Von SAP NetWeaver bis Hana Cloud Platform
Bereits SAP-Ex-Technikvorstand Shai Agassi erkannte die Kraft einer IT-Plattform für unterschiedliche Algorithmen und Applikationen. Mit NetWeaver schuf er bei SAP eine Funktionssammlung hochwertiger Programme.
Aber NetWeaver kam nie über einen Marketingansatz hinaus. Jedes Mitglied der SAP-Community kannte den Begriff, aber kaum jemand erkannte oder nutzte den Plattformgedanken. Es gab sogar SAP-Bestandskunden, die wichtige Funktionsblöcke aus dem NetWeaver nutzten, sehr zufrieden waren, aber nur wenig auf den Mehrwert einer Plattform reflektierten. Dieser bedauerliche Zustand hatte naturgemäß viel mit der Lizenzpolitik von SAP zu tun. Es gab kein einheitliches Modell für die Lizenzierung der NetWeaver-Funktionen und manche Engine-Preise widersprachen sich sogar.
Als dann SAP auch noch begann, einzelnen Funktionen des NetWeaver neue Namen zu geben, da war das Chaos perfekt – aus XI, eXchange Infrastructure, wurde PI, Process Integration. Begleitet wurde diese Namensänderung, wie fast immer bei SAP, von einem deutlichen Preisanstieg der Engine-Preise.
Business Technology Platform
Nach etlichen Plattform- und Cloud-Versuchen entstand unter SAP-Ex-Technikvorstand Jürgen Müller eine universell gedachte Plattform: SAP BTP, Business Technology Platform. Auch hier wählte SAP wieder den bekannten NetWeaver-Weg: Aus zahlreich vorhandenen und noch zu entwickelnden und zugekauften Funktionen soll eine ERP-Plattform entstehen, die wesentlich zur Erweiterung von S/4 beitragen muss.
Aktuell ist BTP eine bunte Mischung aus Funktionen, Applikationen und Programmierumgebungen, in erster Linie für Abap, aber auch für andere Sprachen nach dem Motto: Bring your own Language. Es finden sich in BTP aber auch KI- und Analytics-Ansätze, sodass letztendlich jeder SAP-Bestandskunde früher oder später ein potenzieller BTP-Anwender wird.
Clean Core und SAP BTP
Einige Beobachter der SAP-Community bezeichnen BTP als ein weiteres ERP-System neben S/4. Dieses duale System, BTP und S/4, macht Sinn unter der Prämisse des S/4-Clean-Core. Hierbei versucht SAP, das ERP-Kernsystem wieder in den Standard zurückzuführen. Clean Core ist ein wichtiges SAP-Zukunftsprojekt, aber in der praktischen Umsetzung noch am Anfang. SAP-Partner LeverX engagiert sich und wird entsprechende Vorgehensmodelle auf dem DSAG-Jahreskongress in Leipzig am Messestand zeigen.
Offen ist noch, in welchen Bereichen sich ein SAP-ERP weiterentwickeln wird: Über APIs kann auch zukünftig ein S/4 mit Clean Core modifiziert werden. Ebenso gibt es aber die Möglichkeit, mittels Steampunk, CAP und RAP auf SAP BTP eine Erweiterung des ERP-Systems zu planen. Welcher Weg für SAP-Partner und Bestandskunden der bessere sein wird, das ist noch nicht entschieden. Auch SAP-Partner LeverX hat darauf noch keine finale Antwort. Auf dem Steampunk und BTP Summit 2025 in Heidelberg wird jedenfalls der Diskurs über SAP Business Technology Platform fortgesetzt.
Hyperscaler und LeverX-Framework
Ein wesentlicher Vorteil der SAP BTP gegenüber anderen IT-Plattformen ist eine breite Verfügbarkeit: BTP gibt es als Service auch bei Microsoft Azure, Google Cloud Platform und Amazon Web Services. SAP-Partner LeverX präsentierte auf der Konferenz LeverEdge 2024 Anfang Oktober in Miami, Florida, eine Zusammenarbeit mit AWS und ein Framework, das BTP ergänzt und Clean-Core-Konzepte ermöglicht. Damit scheint LeverX einer der ersten SAP-Partner zu sein, die strategisch die Themen Clean Core und BTP umsetzen werden.
Nun ist SAP gefordert! BTP trägt die Bezeichnung „Platform“ im Namen, ist aber noch weit entfernt von einem einheitlichen UI sowie einer konsistenten Lizenzgestaltung. Als Ergänzung und Erweiterung zu S/4 wird BTP inklusive „Steampunk“ erst dann ein Erfolg für Partner und Bestandskunden, wenn es eine konsolidierte PKL, Preis- und Konditionsliste, sowie eine verbindliche Benutzeroberfläche geben wird.
2 Kommentare
Bernd
Solange es so kompliziert bleibt, Services auf der BTP zu buchen und den Überblick über die Kosten zu behalten, so lange werden Erweiterungen OnStack gebaut. Auch hier funktioniert Cleancore.
Cleancore ist auf Grund der aktuellen Budgetsituation und der gewachsenen Z-Welten aber nicht das aktuelle Top-Thema bei den SAP Kunden. Erst mal S/4 Projekt verschieben, man wurde gerade von einem chinesischen Mitbewerber übernommen, oder im Grosskonzern herrscht Chaos, da an vielen SAP Systemen über Abteilungen hinweg an der Transformation gebastelt wird – natürlich ohne Berater Support, zu teuer.
Danach folgt dann das Augen zu und durch Brownfieldprojekt, 2 Jahre danach: Fiori (hybrid) Einführung. Clean core, was ist das?
E3-Magazin
Leider haben Sie Recht! BTP ist eine interessante Ansammlung von Funktionen und Applikationen aber keine konsistente Plattform, weder hinsichtlich Leistung noch bezüglich Lizenzen. Und „Clean Core“ ist dann vielleicht doch ein „Frozen Core“, was ein End-of-Life für S/4 werden könnte. Es gibt bei SAP keine Aussagen über eine Weiterentwicklung von S/4, das somit bis 2040 in der Wartung verharren wird.