SAP-Stammtisch
Wir sind zuversichtlich, dass die SAP-Community auch das S/4-Desaster überleben wird. Es wird uns wieder einmal viel Geld kosten und jeder von uns CIOs wird einige harte Diskussionen mit unseren CFOs führen. Wer aber R/1 geschultert hat, der kommt auch mit Hana und S/4 klar. Unklar für uns Stammtischschwestern und -brüder sind jedoch die zukünftige Funktion des SAP-Aufsichtsrats ohne Hasso Plattner und die Rollenverteilung im SAP-Vorstand.
Wir sind schon gespannt auf die erste PKL plus das zugehörige Excel-Sheet von SAP-Vorständin Julia White. Sie kam von Microsoft und verantwortet das Marketing. Nun bekam sie zusätzlich die Aufgabe des obersten Pricing-Managers – eine interessante Kombination: Marketing und Pricing. Ob damit der Wunsch unserer DSAG nach Vereinheitlichung, Konsolidierung und Transparenz erfüllt wird, steht noch aus.
Es verändert sich aktuell viel bei SAP, ob daraus ein konstruktiver Reset wird, wie das deutschsprachige Manager Magazin am Cover der April-2024-Ausgabe anzudeuten versucht, bleibt jedoch offen. Hier eine Stimme von unserem Stammtisch: „Gut gesagt, aber ich fürchte, es wird noch weitergehen mit dieser Entgleisung der SAP. Darin liegt auch die Chance für eine wirkliche Veränderung und Transformation. Insofern glaube ich, dass noch eine sehr herausfordernde Zeit der Transformation nicht nur auf das SAP-Umfeld, sondern vor allem auch auf die SAP selbst zukommen wird.“
Wie unsicher sich SAP ihrer selbst ist, wurde kürzlich sichtbar, als der Vorstandsvertrag von Jürgen Müller lediglich um drei Jahre verlängert wurde. Der Technikvorstand, der sich unter der schützenden Hand von Hasso Plattner befindet, hat eine der wichtigsten Aufgaben im ERP-Konzern: Er muss die SAP Business Technology Platform marktreif und ein Erfolgsmodell daraus machen. Keine leichte Aufgabe und sicher keine Aufgabe, die sich innerhalb von drei Jahren fertigstellen lässt.
Würde der ganze SAP-Aufsichtsrat an die Arbeit von Technikvorstand Müller glauben, dann hätte es einen Fünfjahresvertrag gegeben. So schaut es mehr nach einem Abschiedsgeschenk an Hasso Plattner aus. Eine Stammtischschwester, die sehr gut mit den Verhältnissen in Potsdam vertraut ist, meinte auch in der Runde, dass die Zukunft von Jürgen Müller mehr im Hasso-Plattner-Institut (HPI) der Universität Potsdam liegt als bei SAP selbst.
Rätselhaft ist uns Stammtischschwestern und -brüdern die Rolle von Thomas Saueressig. Er ist seit 1. April im SAP-Vorstand verantwortlich für den Bereich Customer Services und Delivery. Wurde er aus seinem angestammten Bereich weggelobt oder ist der neue Aufgabenbereich die Vorbereitung, um Christian Klein als CEO abzulösen? Die traurigste Figur im SAP-Vorstand ist jedoch Christian Klein. Selbst optisch ist der Verfall am Cover des Manager Magazin zu sehen. Nach harten Jahren des Reparaturdienstverhaltens scheint keine Energie mehr für zukünftige Innovationen vorhanden zu sein.
Das wiederholte Betonen der Megatrends KI und Cloud ist keine Strategie. Christian Klein macht Cloud, weil es alle machen, und er redet über KI, obwohl der Konzern keine Kernkompetenz besitzt wie etwa in den Bereichen Finance, Supply Chain Planning oder E-Commerce mit BRIM. Auch dazu ein Kommentar vom Stammtisch: „Wachstum und Größe sind nicht immer zielführend. Durch die vielen Zukäufe hat SAP viel an Geist und Kultur verloren und an Komplexität im Portfolio gewonnen. Das freut den Aktionär, aber sicher nicht den Kunden. Früher war es undenkbar, dass Mitarbeiter oder gar Manager eine SAP verlassen. Es war eine Gemeinschaft. Aber genug der alten Zeiten. Schauen wir nach vorne. Hyperscaler beherrschen die Technik. Und SAP sollte sich auf ihre betriebswirtschaftlichen Stärken besinnen. Zum Wohle der Kunden und auch wenn der Aktienkurs mal wieder fällt.“
Christof Kerkmann hat im deutschsprachigen Handelsblatt die Situation bei SAP folgendermaßen beschrieben: „Die Restrukturierungsaufwendungen fallen mit rund 200 Millionen Euro höher aus als ursprünglich gedacht. Finanzchef Dominik Asam begründete das (…) damit, dass sich in den USA mehr Mitarbeiter für das Vorruhestandsprogramm gemeldet hätten.“ Ein Schelm, der nun Böses denkt – die Ratten verlassen das sinkende Schiff.