SAP und Punit Renjen haben entschieden, sich im gegenseitigen Einvernehmen zu trennen.
Bereits im E3 November 2023 wurde über die zahlreichen Baustellen im SAP-Aufsichtsrat berichtet. Nun ist die Situation abermals eskaliert. Auf den designierten Aufsichtsratsvorsitzenden Punit Renjen soll Pekka Ala-Pietilä folgen.
Punit Renjen
Der Aufsichtsrat der SAP hat Pekka Ala-Pietilä zur Wahl als neues Aufsichtsratsmitglied nominiert und beabsichtigt, ihn als designierten Nachfolger des Vorsitzenden, Professor Hasso Plattner, vorzusehen. Herr Ala-Pietilä soll bei der Hauptversammlung am 15. Mai aber lediglich für eine zweijährige Amtszeit zur Wahl vorgeschlagen werden und soll, sofern er gewählt wird, auch die Rolle als künftiger Vorsitzender des Aufsichtsrats übernehmen.
Bei der Nominierung von Ex-Deloitte-Manager Punit Renjen im vergangenen Jahr hatte Aufsichtsratschef Professor Plattner noch von seinem designierten Nachfolger geschwärmt. Christof Kerkmann vom deutschen Handelsblatt zitierte Hasso Plattner: „Es ist schwierig, einen Kandidaten mit so einer Reputation und so einer Kenntnis des Marktes zu finden. Einen besseren hätte ich nicht gewusst.“
Noch in der E3-Februar-2024-Ausgabe war zu lesen: „Ab Mai ist Punit Renjen nur SAP-Aufsichtsratsvorsitzender und somit nicht operativ verantwortlich, wenn es ihm aber durch geschickte Personalpolitik gelingt, die Spreu vom Weizen zu trennen, viele Seilschaften zu zerschneiden und ohne Rücksicht auf persönliche Empfindlichkeiten und lang zurückliegende Verdienste eine neue, agile und kommunikative SAP-Mannschaft zu formen – ja, dann könnte SAP im Jahr 2040, wenn S/4 endlich in Rente geschickt wird, drei Mal so groß sein wie aktuell. Punit Renjen kann SAP runderneuern. Er kann den Vorständen einen Weg in die Zukunft zeigen, er kann den Umsatz von SAP damit vervielfachen. Der Widerstand wird groß sein, denn viele Aufsichtsräte, Vorstände und Executives haben es sich gemütlich eingerichtet. Die Liste der SAP-Verantwortlichen, die keine Veränderungen wollen, ist lang.“
Aber nun haben Hasso Plattner und Punit Renjen entschieden, sich im gegenseitigen Einvernehmen zu trennen. Grund sollen die unterschiedlichen Vorstellungen über die Rolle als künftiger Aufsichtsratsvorsitzender, für die Punit Renjen vorgesehen war, gewesen sein. Punit Renjen hat sich daher entschlossen, sein Mandat im SAP-Aufsichtsrat mit Wirkung zum Ende der SAP-Hauptversammlung am 15. Mai 2024 niederzulegen. Sein Nachfolger soll Pekka Ala-Pietilä werden.
Pekka Ala-Pietilä
Naturgemäß kann und darf SAP nicht die ganze Wahrheit preisgeben, aber das aufziehende Unheil wurde bereits im E3-Editorial November 2023 beschrieben: „Der kommende SAP-Aufsichtsratsvorsitzende Punit Renjen ist kein technikverliebter ERP-Nerd, der schnell und nebenbei eine IT-Revolution mit einer In-memory-Computing- Datenbank lostritt. Renjens Aufgabe ist deutlich umrissen: Alle Friends of Hasso Plattner gilt es zu verabschieden, um Platz zu machen für Kompetenz. Wenn SAP in Zukunft noch eine Chance haben will, dann muss Punit Renjen ein aktivistischer Aufsichtsratsvorsitzender werden und ganz im Sinne des Wortes handeln: stringente Aufsicht ausüben und gute Ratschläge geben.“
„Nach zwei Jahrzehnten an der Spitze der SAP SE, des Unternehmens, mit dem ich seit der ersten Stunde verbunden bin, ist es mir besonders wichtig, den Führungsstab erfolgreich weiterzugeben und so den andauernden Erfolg der SAP zu festigen“, sagte nun angesichts der Eskalation Professor Hasso Plattner, der seit 2003 Vorsitzender des Aufsichtsrats ist. „Mit Pekka Ala-Pietilä haben wir eine Führungspersönlichkeit gefunden, die nicht nur ein tiefgreifendes Verständnis unserer Branche und der Komplexität der europäischen SE-Governance mitbringt, sondern auch ein wichtiger Verbündeter in vielen entscheidenden Momenten der SAP war. An dieser Stelle möchte ich Punit Renjen meinen tief empfundenen Dank für seine Arbeit und seinen Beitrag aussprechen. Seine Energie und sein Einsatz waren von Anfang an außergewöhnlich. Mit der Wahl von Pekka Ala-Pietilä bin ich zuversichtlich, dass der Aufsichtsrat der SAP in den besten Händen ist. Seine Vision und seine bedächtige Vorgehensweise sind genau das, was die SAP braucht, um sicher und auch weiterhin erfolgreich in die Zukunft zu blicken.“
Damit hat Hasso Plattner den Widerstand der europäischen SAP-Aufsichtsratsmitglieder gegen den US-indischen Manager Punit Renjen eingeräumt, wenn er „tiefgreifendes Verständnis […] der Komplexität der europäischen SE-Governance“ betont. Einen aktivistischen Aufsichtsratsvorsitzenden will bei SAP niemand haben. Damit ist Professor Plattner nun zum zweiten Mal gescheitert, den kulturellen Horizont von SAP zu erweitern. Nach dem indischstämmigen Ex-Technikvorstand Vishal Sikka ist ihm nun Punit Renjen abhandengekommen.