Superintelligenz – SAP jagt den fahrenden Zug
Im vergangenen Sommer gab es Hoffnung: Gemeinsam mit der Wochenzeitung Die Zeit veranstaltete SAP als Sponsor eine KI-Tagung in Berlin. Die Veranstaltung brachte Experten und Kritiker aus den unterschiedlichsten Disziplinen auf die Bühne. Damit wurde gezeigt, dass KI kein Orchideenfach der Informatik ist.
Spätestens seit dem revolutionären Erfolg der Go spielenden Google-Maschine ist KI auch Mainstream. Watson als KI-Meisterleistung der IBM wird seit vielen Jahren bewundert und diskutiert.
Für Microsoft und Amazon ist Machine Learning eine Selbstverständlichkeit. Onlinekurse und White Papers beweisen es. Nach der TechEd Barcelona 2016 und fast zeitgleich mit der Veranstaltung Select in Berlin hat nun auch SAP ihren ersten Machine-Learning-Kurs auf Schiene gebracht. Berücksichtigt man noch weitere Aktivitäten, wie etwa das Hana-Framework PAL mit Funktionsbausteinen zum Aufbau eines einfachen neuronalen Netzes, kann man SAP zubilligen, die richtige Richtung erfasst zu haben.
Auch wenn der KI-Trend von SAP rudimentär erkannt wurde, muss nach dem Ende der drei Veranstaltungen – Zeit Konferenz zur künstlichen Intelligenz, TechEd Barcelona und SAP Select Berlin – das Resümee gezogen werden: Die Verantwortlichen bei SAP haben die technische, organisatorische, betriebswirtschaftliche, finanzielle und gesellschaftliche Bedeutung der KI nicht verstanden.
Die Richtung stimmt, der Intellekt versagt.
Die Dartmouth Conference, die am 13. Juli 1956 stattfand, gilt als die Geburtsstunde der Artificial Intelligence (AI). Anlässlich dieses 60-Jahr-Jubiläums veranstaltete Die Zeit in Kooperation mit SAP und dem Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz eine Konferenz, die sich kontrovers mit dem Potenzial von KI für die digitale Gesellschaft und Wirtschaft befasste.
Einer der interessantesten Vortragenden war Professor Jürgen Schmidhuber, wissenschaftlicher Direktor des Schweizer Forschungsinstituts für Künstliche Intelligenz (IDSIA).
Seit seiner Jugend will Schmidhuber eine sich selbst verbessernde KI bauen, die klüger ist als er selbst, um dann in Rente zu gehen und KIs bei der Kolonisierung des Weltalls zuzusehen. Die mächtigen rückgekoppelten neuronalen Netze seiner Forschungsgruppen an der TU München und am Schweizer KI-Labor waren die Ersten, die Handschrifterkennung, Spracherkennung, maschinelle Übersetzung und automatische Bildbeschreibung realisierten, und sind nun Milliarden von Nutzern zugänglich durch Google, Apple, Microsoft, IBM, Baidu und anderen.
Dieses Jahr gab es einen weiteren Meilenstein auf dem Weg zur KI, die klüger ist als der Mensch: Für 600 Millionen US-Dollar kaufte Google das britische Unternehmen DeepMind, das in Folge ein Go-Programm präsentierte und den weltbesten Go-Spieler besiegte. DeepMind wurde stark beeinflusst durch ehemalige Doktoranden von Professor Schmidhuber. Zwei der ersten vier DeepMinder studierten in seinem Labor.
Man muss also nicht ins Silicon Valley, in die führenden US-Universitäten oder nach Japan, um herausragende Leistungen auf dem Gebiet der künstlichen Intelligenz zu bekommen. Aber ein Besuch auf der SAP-Executive-Veranstaltung Select in Berlin brachte wieder einmal die große Ernüchterung: Von SAP als Gastredner geladen war Nick Bostrom, Professor für Philosophie am St. Cross College der Universität Oxford. Einer breiten Öffentlichkeit wurde er bekannt durch seinen Bestseller: Superintelligenz, Szenarien einer kommenden Revolution.
In keinem anderen Gebiet der Informatik findet die Entwicklung ähnlich rasant statt.
Nick Bostrom, geschrieben 2014 (Superintelligenz, Seite 30)
„2012 hat die Zen-Serie von Go-Programmen bei schnell ausgetragenen Spielen den 6. Dan (das Niveau eines sehr starken Amateurspielers) erreicht […]. Go-Programme haben sich in den letzten Jahren um etwa einen Dan pro Jahr verbessert. Wenn es dabei bleibt, dürften sie in etwa zehn Jahren die Weltmeisterschaft erringen.“
Dieses Jahr machte ein überragend Go spielender Computer Züge, die kein Mensch analysieren konnte. Die Go-Experten standen staunend daneben und sahen den Computer gewinnen. Die SAP-Community braucht einen ERP-Weltmarktführer, der den KI-Trend mit ernsthaften Mitteln aufgreift, der zu Investitionen bereit ist und der Außerordentliches leisten will.
Ein Cloud-Modell zu entwickeln, wie Hunderte andere Unternehmen auch, eine neue Datenbank-Technik zu entwickeln ist zu wenig. Es braucht eine Superintelligenz für SAP!
SAP sollte sich mit den richtigen Leuten umgeben: Professor Jürgen Schmidhubers Team schuf die weltweit ersten tiefen Lerner, die Objektfindungs- und Bildsegmentierungswettbewerbe gewannen, u. a. zur Krebsfrüherkennung.
Seine Gruppe schuf die ersten Verfahren, die ohne Lehrer Steuerstrategien direkt aus hochdimensionalen Videoeingaben lernten. Sein Team etablierte weiterhin das Feld mathematisch rigoroser universeller KI und optimaler universeller Problemlöser. Er verallgemeinerte die algorithmische Informationstheorie und auch die Vielweltentheorie der Physik, um eine elegante minimale Theorie aller konstruktiv berechenbaren Universen zu erhalten.
Professor Schmidhuber ist Präsident der Firma Nnaisense, die die erste praktische Allzweck-KI erschaffen will. Das wäre eine Superintelligenz für S/4 Hana!