Transformation der SAP-Basis
Betriebswirtschaft, Organisation und Technik
In den vergangenen Jahren gab es eine stringente Trennung zwischen Technik, ERP-Architektur und SAP-Basis auf der einen Seite und Applikationen, Algorithmen und Geschäftsprozessen auf der anderen Seite. Zu Beginn eines jeden Jahres veranstaltet der SAP-Anwenderverein DSAG die bekannten Technologietage, dort treffen sich unter anderem die CCC- und CCoE-Leiter sowie viele Basismitarbeiter der SAP-Bestandskunden. Nach der Sommerpause gibt es den DSAG-Jahreskongress mit strategischen und visionären Keynotes sowie dem Schwerpunkt auf Applikationen und Business Process Management. Dort mehr die Techniker, am Jahreskongress mehr die Anwender aus den Fachabteilungen.
Am Jahreskongress des vergangenen Jahres war es anders: Es standen sich nicht Techniker und Anwender gegenüber, sondern sie bildeten eine ERP-E2E-Story. Im Zentrum stand Application Lifecycle Management, links davon Business Process Management mit den Produkten von Signavio und rechts davon die Basisfunktion Testmanagement mit einer neuen SAP-Partnerkooperation. Das Ganze nennt SAP „Business Transformation Suite“ und zeigte auf dem DSAG-Jahreskongress erstmals die Breite und Tiefe an Aufgaben eines künftigen Customer Competence Center (CCC) und Customer Center of Expertise (CCoE).
Die im Vergleich zu On-premises neue Cloud-Sicht ist logisch: Cloud Computing bringt in kürzeren Abständen Upgrades und Updates, sodass dem SAP-Bestandskunden nur noch ein automatisiertes Testen die Stabilität seiner ERP-Systeme gewährleistet. Die SAP’sche Business Transformation Suite wird somit zu einem Tätigkeitsfeld der SAP-Basis und steht damit im Fokus von Application Lifecycle Management, ALM.
„Für erfahrene SAP-Verantwortliche steht fest: Nur eine gut funktionierende Infrastruktur beflügelt die wichtigen SAP-Anwendungen“, betont auch Empirius-Geschäftsführer Hans Haselbeck beim Thema SAP-Basis und Automatisierung. „Und je mehr und umfangreicher smarte Tools eingesetzt werden, IT-Infrastrukturaufgaben beziehungsweise Aktionen einfach, hochautomatisiert und schnell zu unterstützen, desto mehr kann die SAP-Basis sich auf wichtige anwendungsbezogene Aufgaben oder Tätigkeiten konzentrieren. Obendrein ergeben sich damit für SAP-Verantwortliche Nutzenvorteile. Läuft die SAP-Infrastruktur optimal, laufen auch die Anwendungen optimal. Verbunden sind mit Automatisierungslösungen nachweislich Zeit- und damit Kosteneinsparungen. Auch helfen Automatisierungslösungen, Personalprobleme im SAP-Basis-Umfeld besser zu managen.“
Wissen, was passiert, ist somit für die SAP-Basis im Rahmen einer Business Transformation Suite von entscheidender Bedeutung. Viele SAP-Bestandskunden fragen sich somit, ob mittlerweile Monitoring eine eigene Disziplin geworden ist und nicht vielleicht mit SolMan und ALM abgedeckt werden kann. Klaus Kurz von New Relic weiß aus seiner beruflichen Praxis, dass auf der Infrastrukturebene wichtige Komponenten wie Anwendungsserverinstanzen, Datenbanken oder Hosts liegen – und wenn hier Probleme auftreten, kann es Auswirkungen auf alle weiteren Geschäftsprozesse haben. „Observability auf Infrastrukturebene verschafft einen Überblick über den Gesamtzustand des Systems. So lassen sich Fehler und ihre Quellen schnell und einfach erkennen, weil wichtige Informationen direkt weitergeleitet, zentral gesammelt und von einer Software weiterverarbeitet werden können“, betont der New-Relic-Manager im E-3 Gespräch, siehe auch Folgeseiten der Coverstory. „Vielfach sind bereits herkömmliche Lösungen im Einsatz, wie auch der SAP Solution Manager. Ein Hindernis bei solchen Lösungen ist häufig, dass gemeinsame Telemetriedaten, Tools und Dashboards fehlen, sodass Fehler manuell behoben werden müssen und zudem die Kommunikation mit anderen Teams schwerer fällt.“
Monitoring
Infrastruktur-Monitoring ermöglicht es den SAP-Bestandskunden, die zugrunde liegenden Einheiten zu überwachen, die ihre Geschäftsprozesse am Laufen halten. „Viele Prozesse laufen aber auch auf Cloud-Plattformen wie Amazon Web Services oder Microsoft Azure“, erklärt Klaus Kurz und ergänzt: „Monitoring in der Cloud verringert das Risiko von Auswirkungen durch SAP-Fehler auf Cloud-Anwendungen und andersherum. Außerdem wird so auch das Risiko, dass etwas schiefläuft oder Daten verloren gehen, bei Cloud-Migrationen verringert. Effektives Infrastruktur-Monitoring, ob On-premises, in der Cloud oder bei hybriden Modellen, verkürzt die Zeit, die IT-Teams benötigen, um Probleme zu erkennen und zu beheben, und verringert so Mean Time to Detect und Mean Time to Resolve.“
Conversion
Im Rahmen der S/4-Conversion werden demnach das Betriebsmodell und die operative Betriebsführung immer wichtiger. SAP-Partner Itesys hat in der Schweiz einen SAP-Bestandskunden von einer AS/400-Plattform in die Cloud gebracht und betreut nun das Gesamtsystem. „SAP-Basis ist unsere DNA“, sagt Tanja Schöller von Itesys gegenüber dem E-3 Magazin. Der Erfolg steht und fällt mit der SAP-Infrastruktur, weiß man bei Itesys, denn die SAP-Basis bildet das Fundament für die ERP-Landschaft. Es gilt eine optimal eingerichtete und hochverfügbare SAP-Landschaft auf S/4 on-premises oder in der Cloud zu customizen. Dafür monitoren die Itesys-Betriebsmitarbeiter die Service Requests, Incidents, Request Fulfillments und Changes.
„SAP-Basis ist unsere DNA“
Tanja Schöller, Itesys
Ähnlich sieht es auch Hans Haselbeck: „Konsequent verfolgt Empirius die Leitlinie, der SAP-Infrastruktur und -Basis smarte Lösungen bereitzustellen. Das bedeutet, mittels Mausklicks Aufgaben und Aktionen ohne Programmieren zu initiieren, auszuführen oder ausführen zu lassen. Damit auch Nicht-Spezialisten befähigt werden, einfach und schnell etwa SAP-Systemkopien zu erstellen.“ Ebenso gilt es laut Hans Haselbeck, dass darüber hinaus mittels hinterlegter Automatisierungsmechanismen massiv Zeitminimierungen für Aufgaben und Aktionen zu erzielen sind. So dauert die BlueCopy-Installation von Empirius nur rund einen Tag und die Erstellung einer SAP-Systemkopie mit der Automatisierungslösung wenige Stunden anstatt mehrerer Tage. „Zudem ist es nicht notwendig, die Erstellung einer oder mehrerer SAP-Systemkopien als eine Art Projekt aufzusetzen“, betont Haselbeck. Ferner laufen SAP-Systemkopien bei Empirius stets mit der gleich hohen Prozessqualität ab.
„Konsequent verfolgt Empirius die Leitlinie, der SAP-Infrastruktur und -Basis smarte Lösungen bereitzustellen.
Hans Haselbeck, Empirius
Vorherrschendes Thema ist die S/4-Conversion, aber nach wie vor nutzen viele SAP-Bestandskunden die Business Suite 7 mit Any-DBs (IBM DB2, Oracle, Microsoft, Sybase, MaxDB oder Hana); und auch viele S/4 mit der Hana-Datenbank in eigenen Rechenzentren oder bei Serviceprovidern. „Und alle SAP-Kunden befassen sich mit den Betriebsthemen Cloud, hybride Clouds und On-Premises“, weiß Hans Haselbeck aus seiner beruflichen Erfahrung. Schon früh richtete Empirius die Lösungen darauf aus, sowohl SAP-Systemkopien bei SAP-Klassik mit Any-DBs als auch bei S/4 mit Hana nutzen zu können.
Automatisierung
Warum ist für einen SAP-Bestandskunden die Automatisierung seiner SAP-Basis-Aufgaben wichtig? „Es bestehen aus unserer Sicht zwei akute Herausforderungen im SAP-Basis-Betrieb, welchen mit der Automatisierung von SAP-Basis-Aufgaben ideal gegengesteuert werden kann“, erklärt Nikolas Roggenbauer von Automatics.ai im E-3 Gespräch. „Der Fachkräftemangel ist bereits heute bei SAP-Basis-Administratoren stark spürbar. Durch Pensionierungen, wachsende parallele Projekte wie S/4-Conversion und fehlende Personen am Arbeitsmarkt wird sich diese Situation in den nächsten Jahren noch deutlich verschlechtern. Egal ob Fachkräftemangel, die Work-Life-Balance oder das Freispielen von Mitarbeitern für dringend erforderliche Projekte: Durch die Automatisierung des SAP-Basis-Betriebs können Mitarbeiter im Daily Business entlastet werden, indem Aufgaben, welche auf zahlreichen SAP-Systemen manuell und in der Nacht oder an Wochenenden durchgeführt werden müssen, vollständig automatisiert werden.“
Business Processing
Unternehmen nutzen SAP als Geschäftsanwendung für die zentralen Business-Prozesse, was durch die Funktion der Business Transformation Suite deutlich wird. SAP-Bestandskunden speichern oft ihre wichtigsten Daten einschließlich geistigen Eigentums in den SAP-Systemen. Diese Daten müssen vor unbefugtem Zugriff geschützt werden. Aufgrund der drastisch steigenden Anzahl an Cyberangriffen ist es für Unternehmen daher essenziell, die Sicherheit ihrer SAP-Systeme so hoch wie möglich zu halten. Durch die automatisierte Erkennung und Implementierung neuer Security-Hotfixes in den SAP-Systemen sowie das automatisierte Patchen aller SAP-Komponenten steigt die Systemsicherheit deutlich.
Kann hier der erfolgreiche SAP SolMan auch noch weiterhelfen? „Wir sehen den SolMan bei den Kunden mehr als zentrale Informationsplattform von ausgewählten Systeminformationen“, betont Nikolas Roggenbauer. „Der SolMan muss jedoch laufend gepflegt werden, um einen sauberen Informationsstand aufrecht zu halten. In Bezug auf das zentrale Auditieren und Management von Systemkonfigurationen kommt er dabei jedoch kaum zum Einsatz. Der Kunde wünscht sich eine Automatisierungs- und Managementlösung für das zentrale Auditieren, Managen von Konfigurationen, das Patch-Management, das Einspielen von SAP-Notes. Diese Funktionen bietet Automatics aufbauend auf den Solution Manager oder auch das Landscape Management an und kann bei Bedarf diese beiden Systeme als Informationsquelle nutzen.“
„Wir sehen den SolMan bei den Kunden mehr als zentrale Informationsplattform von ausgewählten Systeminformationen“
Nikolas Roggenbauer, Automatics.ai
Ist also eine Beschränkung auf das Monitoring der SAP-Infrastruktur mit dem Solution Manager hinreichend? Klaus Kurz von New Relic ergänzt in der E-3 Diskussion: „Der Solution Manager sammelt die Telemetriedaten einzelner SAP-Tools, Logs, Events, Metrics und Traces. Wenn ein Problem in einem SAP-System auftritt, kann es lange dauern, das Problem zu erkennen, es zuzuordnen, die Ursache zu finden und es zu lösen. Die Telemetriedaten werden nämlich nicht zentral gesammelt und ausgewertet – dieser Prozess erfolgt von Hand. Diese Verzögerungen wirken sich auf die Betriebszeit, die Zuverlässigkeit, die Leistung und die Benutzerfreundlichkeit aus und beeinträchtigen die Service-Level-Ziele und Service-Level-Agreements des Unternehmens für seine wichtigsten Geschäftsprozesse. Die Leistung und den allgemeinen Zustand des gesamten SAP-Systems mit einer einzigen SAP-freundlichen Integration zu verstehen ist das Ziel einer umfassenden Observability-Lösung. Statt sie von Hand zu suchen, erscheinen die benötigten Informationen dann im Kontext auf einem einzigen Dashboard.“
Observability
Die Praxis zeigt, dass ohne eine angemessene End-to-End-Observability die SAP-Bestandskunden keinen Überblick über die Leistung ihrer SAP-Komponenten und deren Auswirkungen auf weitere Systeme und Software haben. „Und in den seltenen Fällen, in denen Leistungsdaten verfügbar sind, ist es kostspielig und zeitaufwendig, diese manuell aus verschiedenen Quellen zusammenzustellen“, ergänzt der New-Relic-Manager. „Um jederzeit und überall einen umfassenden Überblick zu haben, ist eine klare, schnelle und einfach zu implementierende Observability-Lösung für Unternehmen von großem Vorteil.“ Die gesamte SAP-Basis befindet sich in einem Transformationsprozess, der auch das Thema Open Source einschließt. Hierbei muss sich die SAP-Basis nicht nur mit Linux beschäftigen.
„Da immer mehr Kunden ihre SAP-Workloads auf Kubernetes verlagern, wird das Monitoring immer wichtiger, um sicherzustellen, dass diese Workloads reibungslos laufen, und um eventuell auftretende Probleme schnell zu erkennen und zu beheben“, weiß Klaus Kurz aus seiner beruflichen Praxis. „Das Kubernetes-Monitoring kann wertvolle Einblicke in die Leistung und Ressourcennutzung von SAP-Workloads liefern und Kunden dabei helfen, ihre Nutzung zu optimieren und fundiertere Entscheidungen über Skalierung und Ressourcenzuweisung zu treffen.“ Daher ergänzt eine Kubernetes-Monitoringlösung das SAP-Angebot, indem sie die Überwachung der Workload-Container übernimmt, während die SAP-Lösung die Anwendungs- und Geschäftsprozessebenen überwacht.
Open Source
Nikolas Roggenbauer ergänzt das Thema Open Source an der SAP-Basis: „Open-Source-Lösungen, wie Ansible, sind im Bereich der Automatisierung von zentraler Bedeutung. Wichtig dabei ist, dass bei der Entwicklung von Automatismen eine ganzheitliche Prozesssicht für Betriebsoperationen betrachtet wird. Daher ist aus unserer Sicht bei Open-Source-Lösungen weiterhin erforderlich, dass SAP-Basis-Experten diese Bausteine zu einem stimmigen und stabilen Ablauf zusammenführen. Weiters müssen die unterschiedlichen Rahmenbedingungen, wie Betriebssysteme, Datenbanken, SAP-Releases usw., sowie laufende Veränderungen in der Systemlandschaft berücksichtigt werden.