Universalwerkzeuge: Mit einer Ökosystem-Toolchain in die SAP-Zukunft
Immer mehr Partner aus dem SAP- Ökosystem nutzen Open-Source-Prinzipien und -Plattformen als methodischen und technologischen Unterbau für die SAP-Modernisierungen innerhalb einer integrierten Open-Source-basierten Toolchain. Ob Rise with SAP, Move to Cloud oder hybride Zielplattformen: SAP-Anwender treiben notwendige Migrationen aktiv voran. Diese Transformationsprojekte sind kein einfaches Update, sie sind komplex, zeitaufwendig und oft kommt die Innovation zu kurz, anstatt die Chance dafür zu nutzen.
Vorprojekte und Housekeeping werden notgedrungen auf ein Minimum reduziert und dennoch entstehen lange Projektlaufzeiten. Dies muss aber nicht so sein: Migrationen können auch eng mit Modernisierungs- und Innovationsthemen verzahnt und gleichzeitig deutlich beschleunigt werden. Die Basis hierfür sind zum einen Open-Source-Technologien, cloudnative Entwicklungsmodelle sowie zertifizierte Enterprise-Kubernetes-Plattformen und Automatisierungslösungen wie Red Hat Enterprise Linux, Red Hat OpenShift und Red Hat Ansible Automation Platform. Zum anderen setzen sowohl SAP-Partner als auch Tool- und Lösungsanbieter verstärkt auf genau dieses Fundament bei der Integration der SAP-Landschaft in eine agile Prozessumgebung. Und das Beste dabei: Aktuell entsteht daraus im deutschsprachigen Raum eine immer umfangreichere Ökosystem-Toolchain für SAP-S/4-Hana- und Rise-Projekte. Es handelt sich dabei um eine offene Community, in die sich Ökosystem-Partner einbringen können.
Disruption und Services
Exemplarisch können der neue disruptive Ansatz und das Zusammenspiel über die Modernisierungsphasen auf Basis von Lösungen und Services der Unternehmen West Trax, Red Hat, Microsoft, IBM, SmartShift, Devoteam und Objective Partner verdeutlicht werden. Viele Unternehmen verfolgen heute eine schrittweise Vorgehensweise bei der Transformation der SAP-Landschaft: Erst nach Abschluss der nötigsten Vorprojekte und der technischen Migration wird die Modernisierung in Angriff genommen. Dieses Vorgehen entspricht einer eher SAP-fokussierten In-side-out-Betrachtung, etwa mit einer Übertragung von ECC-Systemen in die Cloud unter Nutzung des Rise-with-SAP-Angebots, gewissermaßen nach dem Motto Lift und Shift. Das Customizing oder die Integration und Realisierung von Outside-in-Mehrwerten aus dem Nicht-SAP-Bereich werden dabei bis an das Ende der Migrationsphase verschoben. Hierzu gibt es allerdings auch eine alternative Strategie, bei der die Innovation von Anfang an ein integraler Projektbestandteil der IT-Migration ist.
Ein erster Schritt für die Durchführung eines SAP-Migrationsprojekts und eine Kernkomponente der SAP-Ökosystem-Toolchain für die Modernisierung sind die Analyse der bestehenden SAP-Systemlandschaft. Das war auch bisher der Fall. Neu ist dagegen die Möglichkeit, diese Analysen automatisiert, ohne Workshops und nahezu in Echtzeit durchführen zu können. An diesem Punkt kommt der KPI Analyzer des Unternehmens West Trax ins Spiel. Es handelt sich dabei um eine SaaS-Anwendung, die Unternehmen unterstützt, ihre SAP-Systeme zu bewerten. Der Analyzer generiert Nutzungskennzahlen zur Messung des Zustands und der Effizienz von SAP-Systemen. Das Tool analysiert nicht nur einzelne Aspekte oder Module des SAP-Systems, sondern betrachtet das System als Ganzes, etwa hinsichtlich Reifegrad, Produktivität, Kosten, Performance, Storage, Qualität oder Sicherheit.
Dabei greift der KPI Analyzer auch auf eine Benchmark-Datenbank zurück, um die Leistung des analysierten SAP-Systems mit anderen Systemen in der gleichen Industrie und branchenübergreifend zu vergleichen und zu bewerten. Auf dieser Basis kann ein mögliches Verbesserungspotenzial identifiziert werden. Prinzipiell ermöglicht der KPI Analyzer es Unternehmen, den Istzustand mit Schwachstellen und Ineffizienzen in ihrem SAP-System unmittelbar zu identifizieren. Innerhalb von 30 Minuten können erste Ergebnisse vorliegen, die als Empfehlung für die Nutzung von Lösungen aus der gesamten, nachgelagerten Ökosystem-Toolchain dienen können.
Red Hat fungiert als Unterbau
Je nach Analyseergebnis ergeben sich klare Handlungsempfehlungen für die Modernisierung, die Auswahl oder die Ergänzung der passenden Zielplattformen und für geeignete Partnerlösungen. Als technologischer und methodischer Unterbau für die Modernisierungs- und Integrationsszenarien fungiert eine kuratierte und für SAP-Anwender und -Partner optimierte Enter-prise-Open-Source-Plattform aus Red Hat Enterprise Linux, Red Hat OpenShift und Red Hat Ansible Automation Platform.
Damit werden Betrieb, Automatisierung und Integration Ende-zu-Ende abbildbar, je nach Kundenvorgaben gewichtet, aber immer als passender Teil der Modernisierung. Diese Plattform ist aber auch das Fundament einer integrierten Ökosystem-Toolchain, deren Charakteristikum das Teilen von Informationen, Fakten und Erkenntnissen in einem konkreten Modernisierungsprojekt ist. Analyseergebnisse und Projektparameter werden untereinander ausgetauscht, Resultate und Quick Wins von allen genutzt, Zielplattform-Vorgaben und Sizing automatisiert an den nächsten Stake-holder übergeben.
Der Betrieb von SAP in der Cloud wird zunehmend Realität, ist aber noch immer mit Einschränkungen verbunden. So haben die Cloud-Anbieter kaum Einblick in die SAP-Landschaften und können sich dadurch mehr oder weniger nur auf die Infrastruktur fokussieren und Unternehmen nicht bei der Verwaltung von SAP unterstützen. Einen neuen Ansatz verfolgt hier das Azure Center for SAP Solutions (ACSS), das mit Lösungen von Red Hat wie Red Hat OpenShift und Red Hat Ansible Automation Platform kombiniert wird – auf Wunsch auch vorkonnektiert.
S/4-Deployment
Das ACSS ist eine moderne Betriebsumgebung für SAP, die Anwender durch das Deployment der SAP-Systeme führt und dabei viele Arbeitsschritte automatisiert – bis hin zur Konfiguration von Betriebssystem, Datenbank und Security. Letztlich „versteht“ ACSS die SAP-Landschaft und überwacht den Status und die Integrität sämtlicher Systeme. Anwender können somit auf separate Monitoring-Lösungen verzichten. Sie können SAP-Systeme unkompliziert per Knopfdruck starten und beenden und künftig auch Services nutzen, die bislang nur auf Infrastrukturebene zur Verfügung standen. Dazu zählen ein spezielles Azure Backup for SAP, ein bei Kostenoptimierungen unterstützendes Azure Cost Management und Billing sowie die Threat Intelligence.
Die Ergebnisse der Analysen von West Trax liefern auch hier Vorlagen, Sizing-Vorgaben und Empfehlungen und sinnvolle Microsoft Azure Services im SAP- und Nicht-SAP-Kontext. Microsoft hat Azure Center for SAP Solutions als modulares und offenes Framework konzipiert, das Anwender und Partner erweitern und mit anderen Lösungen verbinden können. Durch die Integration von Red Hat Open-Shift und Ansible in das Azure Center for SAP Solutions erhalten Unternehmen und SAP-Ökosystem-Partner ein einheitliches Fundament für die Entwicklung moderner, cloudnativer Anwendungen und den Betrieb von Drittanbieterlösungen, das sich von der Cloud bis ins lokale Rechenzentrum erstreckt und die SAP-Welt mit anderen Anwendungslandschaften verbindet. Dank der engen Partnerschaft zwischen Red Hat und Microsoft können Kunden nicht nur virtuelle Maschinen mit Red Hat OpenShift beziehen. Auch die Abrechnung kann direkt über den bestehenden Azure-Vertrag erfolgen, was die Verwaltung für viele Kunden deutlich vereinfachen kann.
Die toolgestützte IBM-Rapid-Discovery-Methode profitiert von den Analyseergebnissen und den Automatisierungsmöglichkeiten und bietet einen strukturierten, funktionalen Rahmen für die geschäftsfokussierte Innovation und Migration der SAP-Landschaft. Im Kontext der IBM-Rapid-Discovery-Methode wird der technologieagnostische Clean-Core-Ansatz integriert. Dieser Ansatz ordnet die genannten technischen Plattformen und Lösungen in einen zielgerichteten, strategischen Rahmen ein, um den Kunden ein nachhaltig optimiertes SAP-Ökosystem zu ermöglichen. IBM benutzt dafür den eigenen IBM-Garage-Ansatz. Es handelt sich dabei um ein Framework für die Beschleunigung der digitalen Transformation im SAP-Umfeld unter Nutzung von Hybrid-Cloud-Umgebungen.
Die Kooperation mit Red Hat und Partnern aus der Ökosystem-Toolchain nimmt eine zunehmend wichtigere Rolle ein. Beispielsweise führen Experten von IBM und SNP gemeinsam in einem Kompetenzzentrum selektive Datenmigrationen und Datentransformationen mithilfe der CrystalBridge durch. Die SNP-Lösungen für begleitende Datenmigration, -archivierung und allgemeines Datenmanagement bieten eine optimale Grundlage für eine effiziente Migration oder Transformation der SAP-Landschaft.
Die eigentliche Migration ist mit zahlreichen technischen und prozessualen Herausforderungen verbunden. Dabei unterstützen Ökosystem-Partner mit verschiedenen Lösungsansätzen. Letztlich werden SAP-Landschaften schlüsselfertig in die gewünschte Zielumgebung migriert. Schließlich unterliegen viele Aktivitäten und Transaktionen in SAP und den Umsystemen regulatorischen Anforderungen. Die Erfassung und Dokumentation dieser Prozesse sind in der Regel mit einem hohen manuellen Aufwand verbunden. Exemplarisch kann hier das am 1. Januar 2023 in Kraft getretene Lieferkettensorgfaltspflichtgesetz genannt werden, das Anforderungen an ein verantwortungsvolles Management von Lieferketten festlegt. Hierzu müssen Unternehmen verschiedene Datenquellen und externe Informationen miteinander verbinden. Mit den Devoteam-Lösungen lassen sich diese Abläufe automatisieren und damit beschleunigen. Sie werden als Ansible Content Collection, Ansible Certified Content und OpenShift Certified Applications bereitgestellt, die geprüft, verifiziert und überall ablauffähig sind. So entstehen die gewünschten Synergieeffekte bei der Nutzung einer einheitlichen Plattform, egal in welcher Zielinfrastruktur.
Abap Custom Code
Eine erhebliche Herausforderung bei der Migration und Modernisierung stellt vor allem der Abap Custom Code in Altsystemen dar. Unternehmen, die bereits seit Langem SAP-Systeme einsetzen, verfügen über eine große Menge an kundenspezifischem Code, der im Laufe der Zeit entwickelt wurde, um die sich ständig ändernden Geschäftsanforderungen zu unterstützen. Ein Großteil dieses Codes kann im Laufe der Zeit veraltet sein, da er nicht mit Blick auf die heutigen Anforderungen konzipiert ist, etwa hinsichtlich Sicherheit, Performance oder Wartbarkeit. Schwierigkeiten bereitet der Code zudem, da er typischerweise eng an den monolithischen Ansatz traditioneller ECC-6.0-Systeme gekoppelt ist. Eine Like-to-Like-Migration kann daher nur ein erster Schritt sein. Außerdem ist der Code in den neuen S/4-Umgebungen vielfach nicht mehr ablauffähig und muss aufwendig angepasst werden. Mit einer intelligenten Code-Modernisierung und einer adäquaten Zielarchitektur können Unternehmen diese mit dem Abap Custom Code verbundenen Herausforderungen in den Griff bekommen, sodass auch komplexe Transformationsprojekte relativ einfach, schnell und kostenoptimiert durchführbar sind. SmartShift, ein Partner von Red Hat, übernimmt genau diese Aufgaben mit einer Modernisierung des Custom Code, angefangen mit der initialen S/4-Transformation bis hin zur Implementierung eines Clean-Core-SAP-Systems. Mit dem erwähnten KPI Analyzer gewinnt das Unternehmen in kürzester Zeit Einblicke in die individuellen Herausforderungen des SAP-Anwenders. Auf dieser Analysebasis werden die sinnvollen Komponenten für die Migration ermittelt sowie Optimierungs- und Innovationspotenziale identifiziert. Die neue Migrationsmethode mit Red Hat bringt viele Vorteile mit sich. Dank der schnellen und sicheren Plattform ist eine zuverlässige Migration möglich, die bereits vielfach getestet wurde. Doch was hat der Kunde davon? Ein schneller Return on Investment ist greifbar und es gibt mehr Spielraum für Innovation. Die Fachbereiche können zudem rascher auf Marktbedürfnisse reagieren. Red Hat OpenShift ist eine besonders geeignete Zielumgebung, da die Plattform verschiedene Architekturen, einschließlich On-premises und Edge, mit einem einzigen Entwicklungsansatz unterstützt. Außerdem können kombinierte Proof-of-Concept-Umgebungen von Red Hat, SAP und Nicht-SAP zum Beispiel leicht in Microsoft Azure erstellt werden, was die Umsetzung von Ende-zu-Ende-Prozessen deutlich beschleunigt.