Viele Altlasten? So bleibt die S/4-Stresskurve flach
Sünden aus der Vergangenheit? Kennt jeder. Heterogene Systeme, uneinheitliche Prozesse und Datenwildwuchs sind weitverbreitet. Auf unserer Kundenkonferenz One.Con 2018 in Heidelberg fragte mich der CIO eines Autobauers:
„Ich muss erstmal aufräumen. Wie kann ich das mit dem S/4-Umstieg verbinden?“
Gerade die Aufräumarbeiten sollte man eng am S/4-Thema ausrichten, antwortete ich. Dies verhindert, dass man am Ende nicht nur einmal aufräumen, sondern mehrmals umräumen muss.
Wenn ich als IT-Manager zügig wissen möchte, was ein Umstieg auf S/4 für mich bedeutet, ohne dabei schon die Fachbereiche involvieren zu müssen, ist eine technische Systemanalyse ein guter Einstieg.
Eine S/4-Hana-Readiness-Analyse beleuchtet auf dieser Basis Prozesse, Daten, Systeme und Technologien – umfassend, toolgestützt und mit geringem Business-Involvement. Kundige Berater interpretieren diese Ergebnisse in Hinblick auf den Impact einer Umstellung auf S/4.
Danach wissen Sie Bescheid: Was müssen wir insgesamt tun, um die bestehende Prozess- und Systemwelt nach S/4 zu bringen. Welche Must-do’s haben wir? Was erledigen wir wann?
Wer sich so den Überblick verschafft, erhält eine Faktengrundlage für alles Weitere. Er kann fokussiert vorgehen und dreht an den richtigen Stellschrauben. Der klare Blick auf die Realität vereinfacht auch das Business Alignment. Die Ziellandschaft lässt sich präziser ableiten, der Abstimmungsaufwand mit den Process-Ownern reduziert sich.
Sorgen Sie für eine kluge Lastenverteilung
Das Erste jedoch, was jeder IT-Manager machen muss: Transparenz bezüglich der Änderungen erzeugen, die S/4 mit sich bringt. Strukturieren Sie Ihr Projektvorhaben im Lichte der neuen Business Suite.
Es ist wichtig, für eine kluge Lastenverteilung zu sorgen. Damit die Phase des eigentlichen Umstiegs so einfach und reibungslos wie möglich ablaufen kann. Packen Sie daher so wenig Innovation wie möglich in die eigentliche Umstellungsphase.
Versuchen Sie, Ihre Aufgaben zeitlich zu entzerren. Dabei hilft es, in drei Phasen zu denken: 1. Vorbereitung, 2. Technischer Umstieg, 3. Nachbereitung. Gelingt dies, können Sie Ihre Stresskurve für die Transformation deutlich abflachen.
Zurück zu den Must-do’s:
Mein Rat wäre: Einen Regelkreis aufbauen, einen Arbeitsstapel mit Aufgabenpaketen anlegen und anfangen. Die Liste der Must-do’s ist lang. Vieles ändert sich mit S/4. SAP hat simplifiziert. Das bedeutet einiges an Anpassungsaufwand, oft genug ohne direkten Nutzen.
Interfaces, Add-ons, die nicht mehr kompatibel sind, alte Buchungskreise und Belege, die archiviert werden müssen. Besser nicht aufschieben, sondern strukturieren, portionieren, intelligent angehen. Alles, was ich jetzt nicht anpacke, muss ich später mühsam durch die Simplification ziehen.
Innovationen? Kein Warten auf S/4
Vielfach wird suggeriert, die digitalen Innovationen kommen erst durch S/4 in die Systeme. Das ist falsch. Niemand muss auf S/4 warten, um digital zu werden. „Digital Now!“ heißt das Motto.
Innovationen werden nicht nur im ERP-Kern, sondern auch außerhalb realisiert, in der Cloud, mit verschiedenen Technologien. Es gibt Industriekonzerne mit einem Uralt-ERP-System, die schon heute Apps nutzen, die auf der SAP Cloud Platform, mit Fiori-Technologien und anderem mehr entwickelt wurden. Ein guter Weg.
Was bedeutet das in Hinblick auf die S/4-Stresskurve? Innovationen können sowohl vor als auch nach der Transition sinnvoll realisiert werden. Die Erfahrung zeigt: Beim Übergang zu S/4 nimmt man sich gerne Großes vor, häufig will man zu viel auf einmal.
Eine schlecht balancierte Lastenverteilung frisst extrem viel Energie. Mit wachsendem Projektdruck wird dann oft der Scope reduziert. Die Stresskurve war zu hoch. Wichtige Themen bleiben auf der Strecke. Viele Chancen der Digitalisierung werden so verspielt.