Vorteile der KI-gestützten End-to-End-Prozessautomatisierung im SAP-Umfeld
Unternehmen jeder Größe und aus nahezu allen Branchen stehen heutzutage vor der Aufgabe, ihre digitale Transformation voranzubringen, um resilienter zu werden und schnell und flexibel auf neue Marktanforderungen zu reagieren. Doch dabei gibt es noch viel Luft nach oben. Ganze 52 Prozent der Firmen, die SAP-Anwendungen nutzen, seien noch nicht sehr weit vorangekommen auf ihrer „digital transformation journey“, stellt der DSAG- Investitionsreport 2023 fest.
Intelligente SAP- Prozessautomatisierung mit KI
Abhilfe kann hier eine intelligente, KI-gestützte End-to-End-Prozessautomatisierung schaffen, und zwar systemübergreifend. Sie funktioniert über alle Applikationen und Datenquellen hinweg, also von zentralen SAP-Applikationen über Nicht- SAP-Systeme, selbst entwickelte Datenbanken und individuelle Excel-Lösungen bis hin zu E-Mail-Programmen oder externen Dokumenten.
Zwar sind bestimmte Arbeitsschritte und Aktivitäten eines Geschäftsprozesses in Anwendungen wie SAP S/4HANA oder SAP ERP durch spezielle Programme oder Skripte schon automatisiert. Der weitaus größte Teil der Transaktionen wie auch der eigenentwickelten Z-Programme und -Reports muss aber per Transaktionscode oder Kurzbefehl nach wie vor manuell ausgeführt werden.
Der Einsatz einer intelligenten, KI-gestützten Automatisierung, bei der Softwareroboter (Robots) bislang manuell ausgeführte Routineaufgaben und Prozessschritte in SAP-Transaktionen systemübergreifend und somit End-to-End automatisieren, bietet da ein enormes Optimierungs- und Nutzenpotenzial. Lassen sich diese Robots darüber hinaus nahtlos in die vorhandene IT-Systemlandschaft (SAP und Nicht-SAP) integrieren, ohne dass die zugrunde liegende Infrastruktur geändert werden muss, ist das ein weiterer unschätzbarer Vorteil.
Prozessautomatisierung im SAP-Umfeld – drei Beispiele
Um die Digitalisierung und den Einsatz von datengetriebenen Geschäftsmodellen entscheidend nach vorne zu bringen und sich zukunftssicher aufzustellen, sollte ein Unternehmen möglichst viele Prozesse automatisieren. Im SAP-Umfeld tut sich dafür ein breites Spektrum an Einsatzmöglichkeiten auf, zum Beispiel das Erstellen, Prüfen und Sichern von SAP-Belegen, das SAP-Testing (Regressionstests), die Einbindung externer Daten und Dokumente in SAP- und Nicht-SAP-Lösungen oder in Bezug auf das Intelligent Document Processing (IDP).
1. Belegverarbeitung und Massen-Upload
Da, wo SAP-Belege (Auftragsbestätigung, Wareneingang, Lieferschein, Rechnung) nicht manuell, sondern durch einen Softwareroboter, der mit KI-Technologien arbeitet, automatisiert erstellt, geprüft und gesichert werden, reduziert sich die Fehlerquote auf ein Minimum. Gleichzeitig spart es Zeit, die Mitarbeitende für andere, wertschöpfende Tätigkeiten nutzen können. Auch ein automatisierter (Massen-)Upload von mehreren Tausend Dokumenten pro Monat aus Nicht-SAP-Software in eine ERP-Lösung von SAP samt Prüfung gestaltet sich im Vergleich zur händischen Ausführung per Mausklick deutlich einfacher, schneller und effizienter. Ein Beispiel: Bei einem führenden Anbieter von Feinwerkstofftechnik-Lösungen für die Halbleiter-, Flachbildschirm- und Photovoltaikindustrie läuft seit der Implementierung einer Automatisierungssoftware die Massenübertragung und -verarbeitung von mehr als 5000 Bestellungen pro Monat zuverlässig und schnell automatisiert.
2. SAP-Testszenarien mit Bots und KI
Ähnlich verhält es sich im Hinblick auf SAP-Regressionstests: Übernimmt ein Softwareroboter die zeitraubenden und sich ständig wiederholenden Aufgaben menschlicher Systemtester, wird das Testteam spürbar entlastet und kann sich zum Beispiel auf Funktionstests für geänderte Prozesse konzentrieren. Durch KI-Unterstützung lassen sich auch Testfälle und Daten automatisch generieren. Die Automatisierung von Regressionstests bietet aber noch zahlreiche weitere Vorteile.
Ein weltweit agierender Logistikdienstleister konnte seine Testaktivitäten auf diese Weise enorm beschleunigen, sodass die Rückmeldungen für jeden Test nun deutlich schneller vorliegen als früher. Das Unternehmen will durch die Testautomatisierung vor allem die Sicherheit und die Stabilität seiner komplexen Logistikprozesse im SAP-Umfeld auf lange Sicht gewährleisten und seine Betriebskosten senken. Auch lassen sich die Testumfänge nun so ausweiten, dass sie eine erheblich größere Anzahl von Geschäftsanforderungen abdecken als bislang.
Und eine schweizerische Eisenbahngesellschaft profitiert in hohem Maße vom automatisierten Software-Testing in einem zentralen Datamanagement- und Governance-System auf Basis von SAP Master Data Governance (MDG). Mit dessen Hilfe wurden die Testprozesse um ein Vielfaches vereinfacht und beschleunigt, und auch die Qualität der Daten und der Softwareimplementierung konnte beträchtlich verbessert werden. Darüber hinaus stellt das Automatisierungsprojekt für das Unternehmen einen wichtigen Schritt dar, um zwei strategische Kernziele zu realisieren: die Etablierung einer datengesteuerten Unternehmenskultur und die Transformation zur datengesteuerten Organisation.
3. Intelligente Dokumentenverarbeitung (IDP) und Co.
Auch bei Szenarien wie der Extraktion, Interpretation und Verarbeitung von Daten und Informationen aus Dokumenten aller Art (PDF, Scan, Manuskript) kann eine intelligente Prozessautomatisierung mit KI-/ML-Modellen ihre Stärken ausspielen und den manuellen Aufwand auf nahezu null reduzieren. Gleiches gilt für die Analyse und die Klassifikation von Bildern und Sprache/Texten aus E-Mails, Dokumenten, Webseiten, Portalen und Social-Media-Plattformen.
Automatisierung von SAP- S/4HANA-Migration und -Upgrade
Doch damit ist das Potenzial, das die Automatisierung im SAP-Umfeld bietet, längst nicht ausgereizt. Besonders die Vorteile beim Umstieg von SAP ERP auf SAP S/4HANA, sei es per Brownfield-, Greenfield- oder Colorfield-Ansatz, oder beim Upgrade älterer SAP-S/4HANA-Versionen (1809, 1909) auf ein aktuelles Release, ob on premises oder Cloud-Edition (Private/Public), sind nicht zu unterschätzen. Eine Migration beziehungsweise ein Upgrade per robotergesteuerter Automatisierung lässt sich nicht nur erheblich schneller und damit kostengünstiger durchführen, sondern gestaltet sich dank einer auf das Minimum reduzierten Fehlerquote auch deutlich sicherer – ein klarer Mehrwert.
Beispielsweise führte der weltweit größte Anbieter für kommerzielle Sprengstoffe und Zündsysteme für Bergbau und Infrastruktur den Wechsel von SAP S/4HANA 1809 auf die Version 2022 mithilfe einer Test-Suite automatisiert und somit zügig und sicher durch. Gleichzeitig identifizierte und verifizierte der Konzern im Zuge dieses Projekts auch über 4000 Prozessschritte und 120 Geschäftsszenarien, die für eine Automatisierung infrage kommen. Geplant ist, sowohl 50 Prozent der Prozessschritte als auch der Business-Szenarien zu automatisieren. Das strategische Ziel, das man mit der intelligenten Automatisierung möglichst vieler SAP-Prozesse verfolgt, besteht darin, die digitale Transformation zu beschleunigen, um die führende Position am Markt zu stärken, weiterzuwachsen und den Unternehmenswert zu steigern.
Umstieg auf SAP S/4HANA – vom Prozess-Mining zum Cut-over
Optimieren lässt sich auch der Umstieg von SAP ECC 6.0 auf SAP S/4HANA: Den Ausgangspunkt dafür bildet eine Analyse und quantitative Bewertung der Nutzung der Geschäftsprozesse. Dafür eignen sich IT-Tools für Process Mining wie SAP Signavio beziehungsweise für (KI-gestütztes) Task und Communications Mining, wie UiPath es anbietet. Diese Tools ermöglichen einen datenbasierten und objektiven „Röntgenblick“ auf die tatsächlichen Abläufe bei SAP-Prozessen und liefern wichtige Hinweise darauf, welche Abläufe oder Teilprozesse primär automatisiert werden sollten. Das ist eine wichtige Voraussetzung, nicht nur um das Automatisierungs-, sondern auch um das Optimierungs- und das Standardisierungspotenzial in den Betriebsabläufen zu heben.
Auch der nächste Schritt beim Umstieg, die Vorbereitungsphase, lässt sich durch die Automatisierung wiederkehrender Aufgaben deutlich straffen, zum Beispiel mit sofort einsetzbaren Accelerator-Paketen mit vordefinierten Workflows. Zu diesen Aufgaben zählen allen voran die Identifizierung und Deaktivierung/Löschung ungenutzter und unter S/4HANA nicht mehr benötigter beziehungsweise nicht mehr lauffähiger Eigenentwicklungen und individueller Erweiterungen (Custom Code), um ein von Altlasten entschlacktes und schlankes S/4HANA-Kernsystem zu erhalten. Zugleich werden Risiken reduziert.
Zu guter Letzt vereinfachen und beschleunigen Softwareroboter auch den komplexen, aus zahlreichen repetitiven Einzelschritten bestehenden Cut-over-Prozess bei der Migration und beim Roll-out der neuen S/4HANA-Lösung und machen ihn sicherer. Im Idealfall führen Bots, die sich selbst koordinieren und wiederkehrende Probleme eigenständig beheben, die damit verbundenen Aufgaben hochgradig vernetzt und workflowgestützt durch. Das erhöht die Qualität des Cut-over signifikant, zugleich entlastet der Wegfall manueller Tätigkeiten das interne IT-Team, das sich so auf die Überwachung des Cut-over und die Lösung komplexerer Probleme konzentrieren kann.
Kriterien zur Auswahl der passenden Automatisierungsplattform
All das belegt den konkreten Nutzen und den Mehrwert, der einem Unternehmen durch eine robotergesteuerte End-to-End-Prozessautomatisierung im SAP-Umfeld entsteht. Jedoch will die Auswahl einer Automatisierungsplattform wohlüberlegt sein, geht es doch um eine individuelle und strategisch weitreichende Entscheidung.
1. SAP-zu-SAP-Prozessautomatisierung
Liegt der Fokus des Unternehmens auf der Prozessautomatisierung in einer reinen SAP-Umgebung (SAP to SAP), kann die Low-Code-Plattform SAP Build Process Automation das Mittel der Wahl sein.
2. Systemübergreifende End-to-End-Automatisierung
ERP-Software von SAP (SAP S/4HANA, SAP ERP) hat sich zwar in vielen Branchen als Quasi-Standard etabliert – man denke nur an die Automobil(zuliefer)industrie –, doch erfahrungsgemäß setzen die wenigsten Unternehmen ausschließlich SAP-Software ein. Getreu dem Best-of-Breed-Ansatz wird das ERP-Kernsystem von SAP in den meisten Fällen durch Nicht-SAP-Lösungen ergänzt, zum Beispiel durch ein CRM für das Kundenmanagement, ein Manufacturing-Execution-System (MES) zur Steuerung der Shopfloor-Prozesse oder eine HR-Anwendung für das Personalmanagement.
Um den Automatisierungsgrad in einer IT-Landschaft, die aus SAP- und Nicht-SAP-Applikationen besteht, systemübergreifend zu erhöhen, braucht es eine Plattform, die sich nahtlos sowohl in SAP- als auch in Nicht-SAP-Software und -Anwendungen integrieren lässt. Aus technischer Sicht eignet sich dafür eine End-to-End-Automatisierungsplattform wie die von UiPath, die mit KI- und ML-Technologien arbeitet und gängige SAP-UI-Technologien (WinGUI, WebGUI, SAP Fiori, Business Client) unterstützt und zudem mit On-premises- und Cloud-Software von SAP wie auch mit SAP-Schnittstellen (BAPI, RFC, OData) kompatibel ist.
Unverzichtbar für die Realisierung einer systemübergreifenden End-to-End-Automatisierung ist auch eine umfassende Bibliothek von API-Konnektoren zur Integration einer großen Anzahl von Nicht-SAP-Lösungen (Salesforce, Workday, Microsoft, ServiceNow, Jira, Zendesk), die laufend erweitert wird. Des Weiteren ist es wünschenswert, dass die Plattform sofort einsatzbereite Pakete und KI-Modelle zur robotergesteuerten Automatisierung sowie direkt in SAP integrierte ML-Modelle für Predictive Analytics und Chatbots mit natürlicher Sprachverarbeitung (NLP) bereitstellt.
Obendrein muss die Automatisierungsplattform sämtliche Anforderungen in Bezug auf Rechts- und Compliancekonformität erfüllen. Neben der Premium-Zertifizierung von SAP als „SAP Endorsed App“ und einer Veracode-Zertifizierung sollte sie auch ISO-9001-, ISO/IEC-27001- und SOC-2-Konformität (Typ 2) aufweisen sowie eine lückenlose Verschlüsselung, eine rollenbasierte Zugriffskontrolle und eine Uptime-Garantie von 99,9 Prozent bieten.
Keine Automatisierung ohne Changemanagement
Doch aufgepasst: Um den maximalen Nutzen aus einer Prozessautomatisierung im SAP- und auch im Nicht-SAP-Umfeld zu ziehen, sollte man sich von Beginn an im Klaren sein, dass es sich bei diesem Unterfangen nicht nur um ein IT-, sondern in erster Linie um ein strategisches Business-Projekt handelt, das ein kluges Changemanagement erfordert. Robotic Process Automation verändert die Art und Weise, wie Arbeitsabläufe und Aufgaben abgewickelt und erledigt werden, schließlich fundamental. Das gelingt nur mit gutem Changemanagement wie auch mit der vorbehaltlosen Unterstützung durch das Management/die Geschäftsleitung.