Waren- und Verkehrsströme in Echtzeit steuern
Er ist der größte Seehafen Deutschlands: der Hamburger Hafen. 145,7 Millionen Tonnen Waren und Güter wurden hier im Jahr 2014 umgeschlagen, bis zu 40.000 Lkw täglich be- und entladen, über 150.000 Arbeitsplätze sind in der Metropolregion direkt oder indirekt mit dem Hafen verbunden.
Und die Aussichten sind vielversprechend: Das Institut für Seeverkehrswirtschaft und Logistik erwartet, dass sich die Anzahl der jährlich umgeschlagenen Container von derzeit knapp 10 Millionen bis zum Jahr 2025 auf 14,5 Millionen erhöhen wird – ein Plus von fast 50 Prozent.
Doch der Erfolg des Hafens stellt dessen Betreiber, die Hamburg Port Authority (HPA), vor eine Herausforderung: Sie kann und will auf der begrenzten Hafenfläche Straßen, Schienen und Wasserwege nicht unbegrenzt ausbauen.
Daher suchte die HPA bereits 2011 nach Möglichkeiten, die Waren- und Verkehrsströme im Hafen effizienter steuern und die begrenzten räumlichen Kapazitäten optimal nutzen zu können. Mehr Umschlag und Umsatz auf gleicher Fläche, so lautete die Maxime.
Weltweit einzigartige IT-Lösung entwickelt
2011 beauftragte die HPA T-Systems damit, ein digitales Logistikkonzept zu entwickeln, das den Anforderungen gerecht wird und dazu beiträgt, die Zukunftsfähigkeit des Hamburger Hafens zu sichern.
Die Geschäftskunden-Sparte der Deutschen Telekom stellte dazu ein umfassendes Projektteam mit SAP, Spediteuren, Parkplatzbetreibern und dem ADAC auf.
Im September 2012 startete Smartport Logistics (SPL) als Pilotprojekt. Nach zweijähriger Testphase gaben die HPA, die Deutsche Telekom und SAP ihr gemeinsames Projekt zur offiziellen Nutzung frei.
Das weltweit einzigartige System besteht aus zwei zentralen Bausteinen: Telematic One auf Basis der Connected-Car-Plattform von T-Systems und Connected Logistics auf Grundlage von Hana.
Smartport Logistics führt alle relevanten Verkehrs- und Infrastrukturdaten des Hafens in Echtzeit in einer Private Cloud zusammen wie etwa von Container-Standorten, Lkw-Positionen, Baustellen und Parkplätzen.
Die In-memory-Datenbank Hana sorgt für eine umgehende Analyse der gesammelten Daten. Die gewonnenen Informationen werden direkt zielgerichtet an Hafenbetreiber, Spediteure, Lkw-Fahrer und Parkplatzbetreiber weitergegeben – unter anderem mittels einer Telematic-App von T-Systems.
So sorgt SPL dafür, dass alle Beteiligten zur rechten Zeit mit den relevanten Informationen versorgt sind. Und die Hamburg Port Authority selbst erhält auf Knopfdruck ein zentrales Lagebild.
Produktivität plus zwölf Prozent
Die digitale Logistik-Lösung von T-Systems und SAP bietet eine Reihe von Vorteilen. Der ETA-Service (Estimated Time of Arrival) berechnet und zeigt die erwartete Ankunftszeit der Lastwagen am Terminal.
Die Funktion „Track & Trace“ plant die Zuordnung von Containern zu Lkw und minimiert die Verweilzeiten im Hafen. Ein Geofencing-System informiert den Disponenten, wenn der Truck eine bestimmte Zone erreicht oder verlässt. Dadurch erhält der Fahrer nur genau die Informationen, die auf seiner Route relevant sind.
Die „Traffic Control“ sendet dem Lkw-Fahrer aktuelle Daten zur Verkehrs- und Infrastruktursituation – etwa zu Staus, tagesaktuellen Baustellen, Brückensperrungen oder -öffnungen. Und ein Messaging Service weist dem Trucker bei Bedarf einen Parkplatz zu.
Dank kontinuierlichem Datenaustausch können u. a. Hafenbetreiber, Spediteure und Parkplatzbetreiber in Echtzeit auf die aktuelle Situation reagieren und ihre Ressourcen effizienter einsetzen.
Alle Beteiligten profitieren davon: Das Hafen-Management kann Lkw- und Containerbewegungen in Real-Time überwachen und steuern. Spediteure können ihre Flotten schneller und flexibler koordinieren. Und der Trucker weiß sofort, wie er am schnellsten zum Standplatz des abzuholenden Containers kommt oder ob sich die Beladung verzögert und er zunächst einen freien Parkplatz ansteuern kann.
Positive Effekte: kürzere Standzeiten, schnellerer Waren-Umschlag, bessere Auslastung der vorhandenen Infrastruktur. Dank Smartport Logistics wurde die Produktivität einzelner Teilnehmer bereits um zwölf Prozent gesteigert.
Und das Potenzial der Lösung ist noch längst nicht ausgereizt. Auch im Arbeitsalltag ist der Mehrwert von SPL deutlich spürbar: So schafft ein Lkw-Fahrer statt sieben nun durchschnittlich acht Hafentouren am Tag.
Frei skalierbar dank Cloud
Das zeigt: Neben vielen anderen Branchen gehen auch Logistiker den Weg der Digitalisierung – und der zahlt sich aus. Grundlage für die digitale Transformation der Hafenlogistik ist die Cloud.
Alle SPL-Services werden als Software as a Service aus einer Private Cloud heraus bereitgestellt. Vorteile der Technologie: Weitere Anwendungen lassen sich in Zukunft problemlos integrieren und die HPA muss keine eigenen Server-Farmen betreiben.
Zudem ist die Lösung ohne großen zusätzlichen Investitionsaufwand frei skalierbar. Über die Cloud werden aber nicht nur die Services für die HPA und andere Nutzer bereitgestellt, hier werden auch sämtliche verfügbaren Informationen gespeichert, die die beiden zentralen SPL-Komponenten bereitstellen.
Telematic One, auf Basis der Connected-Car-Plattform von T-Systems, integriert die Telematik-Systeme der Fahrzeug- und Trailerhersteller und übermittelt relevante Verkehrsinformationen.
Disponent und Lkw-Fahrer müssen wichtige Informationen nicht mehr über unzureichende Funkverbindungen austauschen. Zur Kommunikation dienen die On Board Units in den Trucks oder Samsung-Tablets mit einer speziellen T-Systems Telematic-App im Führerhaus.
Hierüber können Aufträge übermittelt, Positionen mitgeteilt, Verkehrsinfos angezeigt und Rückfragen gestellt werden. Eine Geofencing-Technologie sorgt für die genaue Positionsbestimmung des Lkw und ermöglicht Location Based Services.
Verkehrsdaten in Echtzeit auswerten
Connected Logistics – Grundlage ist hier Hana – ist die zweite Komponente. Die In-memory-Datenbank macht es erst möglich, die vielfältigen Informationen aus unterschiedlichen Quellen in Echtzeit auszuwerten.
Dazu gehören Telemetrie-, Geschäfts-, Wetter- und Verkehrsdaten sowie Nachrichten. Im Gegensatz zu Enterprise-Business-Intelligence-Lösungen speichert die In-memory-Lösung Hana die Daten nicht auf der Festplatte, sondern direkt im Arbeitsspeicher.
Das ermöglicht eine Datenverarbeitung und -analyse großvolumiger Bestände in Sekundenschnelle. Mit herkömmlichen Datenbanken würde das Stunden oder gar Tage dauern.
Im Hamburger Hafen hingegen sind die Daten für Bearbeitung, Auswertung und Weiterleitung fast unmittelbar verfügbar. Zudem bietet das Hana-Portal allen Beteiligten einen rollenbasierten Zugriff.
Gerade bei innovativen Technologien wie dem In-memory-Computing sind neben der Software vor allem drei Faktoren ausschlaggebend: eine zuverlässige, hochperformante Plattform zur technischen Bereitstellung, ein attraktives betriebswirtschaftliches Konzept als Kundenanreiz sowie der stabile und sichere Betrieb der Lösung.
Es gibt jedoch keine 100-prozentige Sicherheit – auch nicht in der IT. Deshalb hat T-Systems ein holistisches Qualitätsprogramm aufgebaut, von dem auch der Hamburger Hafen profitiert: „Zero Outage“ verbindet präventive Maßnahmen mit einem strukturierten Management im Ernstfall.
So proben T-Systems und seine Lieferanten in mehr als 500 Störungssimulationen im Jahr die unterschiedlichsten Szenarien und das Zusammenspiel von Plattformen, Prozessen und handelnden Personen. Der „Manager on Duty“ koordiniert bei einer Störung alle Maßnahmen bis zur erfolgreichen Problemlösung – wenn es sein muss Tag und Nacht.
Dank seines paneuropäischen Netzwerkes kann T-Systems seine zuverlässigen und sicheren SAP-Hostings und Cloud-Services auch außerhalb Deutschlands anbieten – aus deutschen Rechenzentren heraus.
Mit über 40 Millionen SAPS (SAP Application Performance Standard) und mehr als 2,6 Millionen produktiven SAP-Nutzern stellt T-Systems den Basisbetrieb und die weltgrößte Cloud-Hosting-Plattform für SAP-Landschaften.
Flughäfen und Bahnhöfe profitieren
Für die Hamburg Port Authority sollen künftig weitere Echtzeit-Daten in das Smartport-Logistics-System eingespeist werden – etwa zu Auftragsmanagement, Schiffsankünften sowie Depot- und Terminalressourcen.
Auf Basis dieser Echtzeit-Informationen kann SPL in Zukunft auch automatisierte Handlungsempfehlungen, sogenannte Predictive Analytics, für Disponenten und Fahrer bereitstellen: z. B. automatisierte Verspätungsmeldungen oder selbsttätige Wareneingangskontrollen bei Kühltransporten.
Langfristiges Ziel ist es, die Informationen aller Verkehrsträger mit den Ladungsinformationen zu koppeln. Das Zukunftsszenario: Im intelligenten Hafen 2025 sind Lotsen, Schiffe, Lkw, Speditionen, Katastrophenschutz und die nautische Zentrale komplett miteinander vernetzt und tauschen alle relevanten Daten in Echtzeit aus. Je mehr Daten in die SAP-Hana-Datenbank einfließen, umso besser können die Verkehrs- und Warenströme koordiniert werden.
Doch nicht nur eine kontinuierliche Erweiterung von SPL um weitere Datenquellen und Anwender im Hamburger Hafen ist geplant. Im März 2015 haben T-Systems und SAP eine Vereinbarung unterzeichnet, um die einzigartige Lösung Smartport Logistics künftig auch Betreibern von Flughäfen, Güterbahnhöfen und Paketzentren anbieten zu können.
Auch hier können Logistik-Prozesse und Warenflüsse durch eine Bereitstellung von Echtzeit-Daten nachhaltig optimiert werden.