Digitale Transformation in Zeiten der Pandemie
Die Unternehmen der Welt arbeiten sehr arbeitsteilig. Geschäftsjahr für Geschäftsjahr wurde die eigene Fertigungstiefe verringert, immer mehr Halbfabrikate in der ganzen Welt eingekauft und idealerweise nur noch die Teile selbst produziert, die die Kernkompetenz eines Unternehmens ausmachen. Daran ist grundsätzlich nichts verwerflich. Dadurch wurden Waren günstiger und vielfältiger.
Zur Herausforderung wird es, wenn eine Bedrohung, wie aktuell das Sars-CoV-2-Virus mit der Covid-19 Erkrankung, auftritt. Die Maßnahmen zu seiner Bekämpfung unterbrechen die Warenströme und schränken die Bewegungsfreiheit der Menschen durch sogenannte nicht-pharmazeutische Interventionen ein.
Was passiert mit der Supply Chain? Fragen Sie Einkäufer, ist es selbstverständlich, dass sie ihre Lieferanten kennen. Aber werden dabei auch die richtigen Fragen gestellt und sind die Antworten aktuell? Was ist mit der Risikotransparenz über verschiedene Fertigungsprozesse bei mehreren Lieferanten hinweg?
Allein hier scheitern die meisten Systeme bzw. sind nicht vorhanden. Es gibt Branchen, da sind Engpässe für Insider leicht erkennbar, wie im Bereich der Pharmazie.
Aus vor drei Jahren 50 Präparaten, die nur unregelmäßig oder nicht mehr zu erhalten waren, sind aktuell über 300 geworden, wie man auf Seiten wie der Gelben Liste sehen kann.
Zum Beispiel wird Ibuprofen weltweit nur in sechs Fabriken hergestellt, davon steht keine in Europa. Wenn wir von einem Transport per Seefracht ausgehen, kommen von der Produktion bis zur Weiterverarbeitung in Europa noch zwei Monate Transport dazu.
Solange eine lokale Produktion nicht möglich ist, kann zum Beispiel eine Order-Management-Lösung helfen, die Bestände und Kapazitäten der angeschlossenen Läger sichtbar zu machen.
Damit wird transparent, wo welche Mengen (in welcher Qualität) vorrätig sind. Bereits reservierte Mengen bzw. Mindestbestände werden dabei berücksichtigt. Mithilfe von Vergangenheitsdaten, den angefragten Mengen der eigenen Kunden und idealerweise ihrer Kunden lassen sich Bedarfe besser prognostizieren und verteilen. Parallel können neue Lieferanten „ongebordet“ werden.
Dies wird zwar im Falle von Ibuprofen nur möglich sein, wenn weitere Anbieter auf den Markt kommen.
Bei anderen Engpässen, wie wir sie zurzeit haben, wie Desinfektionsmitteln oder Atemschutzmasken, lassen sich aber leichter neue Anbieter finden. So können, wenn die aktuellen Daten der Lieferanten vorliegen, im Bedarfsfall die passenden Lieferanten angesprochen werden, um ein bisher fachfremdes Produkt herzustellen.
Als Beispiel hat der Bekleidungshersteller Trigema angekündigt, auch Atemschutzmasken herstellen zu können, da sie sich zwar vom Material, aber nicht produktionstechnisch zu sehr von herkömmlicher Bekleidung unterscheiden. Etwas, das ZF bereits schon macht.
Aus Mangel an bezahlbaren Atemschutzmasken stellt der Getriebehersteller vom Bodensee diese in China für seine lokalen Mitarbeiter einfach selber her. Für Desinfektionsmittel bieten sich zum Beispiel Destillerien oder Hersteller von Parfum an. So hat LVMH angekündigt, Teile der Produktion für bestimmte Zeit auf die dringend benötigten Handdesinfektionsmittel umzustellen.
Wenn ein Ereignis so weitreichende Einschnitte nach sich zieht, heißt es oft, „nichts wird mehr so sein, wie es vorher war“. Im Zuge der Ereignisse und akuten Erfahrungen eine richtige Aussage. Trotzdem blieb danach doch vieles so, wie es vorher war.
Bezogen auf die digitale Transformation hoffe ich doch auf ein Umdenken. Eine bessere Vernetzung der Unternehmen in der Lieferkette, höhere Transparenz, eine schnelle und räumlich flexibel einsetzbare Infrastruktur verbunden mit etwas künstlicher Intelligenz, das hätte aktuell schon vielen Unternehmen weiterhelfen können. Mein Schlusssatz kommt von Herzen: Bitte bleiben Sie gesund!