Digitales App-Ökosystem im Unternehmen
Die Nutzung von Standardsoftware ist auf dem Weg, ein Teil des flexiblen digitalen Workplace der Zukunft zu werden. Auch die Art und Weise, wie wir kundenindividuelle Anpassungen im SAP-Umfeld vornehmen, ist davon betroffen.
Die Mittel und Wege, mit denen wir in der IT unseren Fachbereichen Lösungen zur Verfügung stellen, verändert sich ebenfalls.
Die SAP hat in letzter Zeit viele wichtige Schritte in diese für sie neue Richtung unternommen. Dem vielfach geäußerten Wunsch, das Web als Basis eines Digital Workplace zu nutzen, wurde Rechnung getragen.
Insbesondere mit Fiori UX liefern die Walldorfer einen zeitgemäßen, personalisierten Zugang zu S/4 Hana und weiteren Anwendungen. Mit Fiori 2.0 und dem erneuerten Fiori LaunchPad steht beispielsweise ein deutlich aufgewerteter, zentraler Einstiegspunkt in die tägliche Arbeitswelt des Benutzers zur Verfügung.
Durch nutzerindividuelle Benachrichtigungen (Notifications) und zukünftig durch den SAP Co-Pilot werden die Anwender geräteübergreifend in ihrem Tagesgeschäft unterstützt.
Davon profitieren insbesondere Benutzer, die mit einer immer größer werdenden Informationsflut und wachsenden Entscheidungsfreiheiten umgehen müssen.
Um die Funktionalitäten von S/4 Hana und Fiori 2.0 bestmöglich im Unternehmen einsetzen zu können, sind neue Herangehensweisen für die Konzeption, das Design und die Umsetzung von Kundenlösungen erforderlich.
Es geht dabei nicht nur um die reine Benutzerschnittstelle, sondern um den gesamten Prozessablauf: Das Zusammenspiel von Erfassen, Bewerten und Verarbeiten vom Informationen zu betrachten, um daraus die besten Handlungsoptionen abzuleiten, ist essenziell.
So lassen sich beispielsweise komplexe Transaktionen, bei denen meist mehrere Personen an einem Beleg arbeiten, durch kleinere Prozessschritte mit eigener Fiori-App vereinfachen. Die dafür notwendige technische Basis liefert SAP mit S/4 Hana.
Augmented Reality
Die Grundidee, monolithische Funktionalität in wiederverwendbare Komponenten zu zerlegen, ist dabei nichts Neues. Das ist eines der Hauptanliegen in der Softwareentwicklung seit vielen Jahrzehnten.
Aktuelle Trends wie Serverless Architectures (Backend-Funktionalität wird zumindest in großen Teilen über Drittanbieter-APIs realisiert), Micro Services (vertikale kleine Funktionen bilden in Kombination einen Prozessschritt ab) sowie Augmented Reality (Nutzung vielfältiger Geräteformen und Zugänge in der Arbeitswelt) zeigen, wohin sich die Unternehmens-IT entwickelt.
Die digitale Zukunft in den Unternehmen wird geprägt sein vom Zusammenspiel verschiedener Technologie-Paradigmen und Lösungen. Die fortgeschrittene Digitalisierung im Automobilbau, in die Lösungen wie die Sprachsteuerung oder die Interaktion von mobilen Geräten mit dem Fahrzeug längst etabliert sind, ist ein Beispiel dafür, wie nah uns diese Zukunft bereits gekommen ist.
Von transaktionalen Anwendungen zum App-Konzept
Bei SAP handelt es sich um unternehmenskritische Geschäftsanwendungen. Viele Unternehmen stehen dem App-Konzept hier noch skeptisch gegenüber. Oft denkt man dabei lediglich an die sogenannten nativen Apps, also an Anwendungen, die für ein bestimmtes Betriebssystem erstellt werden.
Im Unternehmensumfeld sind die sogenannten Web-Apps wichtig: Diese sind im Browser lauffähig, übergreifend nutzbar und deshalb als Lösung für die meisten Szenarien zu bevorzugen.
Der Vorteil von Web-Apps: Fortschritte in der Browsertechnologie schaffen zum einen neue Zugriffsmöglichkeiten auf die Gerätehardware. Auf der anderen Seite besteht durch die geräteübergreifende Entwicklung keine Abhängigkeit zum Betriebssystemhersteller.
Die Nutzung etwa auf dem Notebook oder Smartphone wird möglich. Die Standard-Fiori-Apps von SAP sind im Normalfall solche Web-Apps, und daher im Browser lauffähig.
Falls notwendig, lassen sich Web-Apps auch in native Apps (sogenannte Hybrid Apps) umwandeln.
Die Vorbehalte gegen Apps sind unabhängig von ihrer Ausprägung ähnlich. Lassen sich damit auch komplexe Benutzerschnittstellen von bestehenden Altanwendungen mit Gewinn ablösen?
Die Krux: Dies lässt sich selten durch eine 1:1-Abbildung erreichen. Manchmal müssen komplexe Oberflächen in Teile zerlegt und konzeptionell neu erarbeitet werden.
Dieser Weg öffnet neue Chancen, die Integration zwischen den Anwendungen zu erhöhen. In immer komplexer werdenden IT-Landschaften sind dafür häufig auch herstellerübergreifende Lösungen notwendig.
Bessere Interaktionsmöglichkeiten
Der klassische Zugang zu SAP-Anwendungen hat den Nachteil, dass er in der Regel gut ausgebildete Experten in ihrem Fachgebiet und in der Bedienung der Software voraussetzt. Dabei sollte doch das Erledigen der eigentlichen Aufgabe im Vordergrund stehen.
Hier bieten Fiori-Apps die Möglichkeit, den Zugang für den Endanwender zu vereinfachen. Die Schwierigkeit in der Lösungsfindung ist es, diesen Anspruch an Simplifizierung der Oberflächen mit der schnellen Arbeitsweise des Experten-Benutzers zu vereinen, der in komplexen Screens zu Hause ist.
Dabei gilt es, zusätzlich zum Experten, auch dem Gelegenheitsnutzer die Bedienung zu ermöglichen. Dieser muss sich jederzeit einen Überblick verschaffen und auf einer vereinfachten Oberfläche sein Aufgabenpaket abarbeiten können, ohne delegieren zu müssen.
Welche Vorteile bieten sich?
An erster Stelle stehen höhere Portabilität und vereinfachte Bedienung. Durch eine Ergänzung oder gar Ablösung von transaktionalen Abläufen durch geeignete Apps lassen sich Prozessdurchlaufzeiten verkürzen und Vorteile im Ablauf generieren, indem Prozesse mittels digitaler Technologien neu gestaltet werden.
Web-Technologien sind zudem ein agiles Mittel, um Anwendungen auf eine gemeinsame Plattform zu heben. Durch den rapiden Fortschritt lassen sich mittlerweile viele Szenarien mit Standard-Web-Technologien realisieren, die vorher Spezialanbietern vorbehalten waren.
Bei der Bildbearbeitung, beim Erkennen von QR-Codes oder auch bei der Verfügbarkeit von Bibliotheken zur Sprachsteuerung ist das Web auf dem Vormarsch. Dies ermöglicht eine Konsolidierung der verwendeten Technologien, wobei es gilt, auf offene Standards zu achten und prozessorientiert vorzugehen.
Die Erkenntnisse aus der Prozessmodellierung und Prozesssteuerung sollten eingebunden werden. Fiori-Apps erlauben hier, etwa durch App-to-App-Navigation, die Abbildung eines Prozessflusses.
Das Ziel: Anwendertätigkeiten durch einen Mix aus Apps, klassischen Anwendungen und neuen Endgeräten so zu verbessern, dass sich wachsende Geschäftsanforderungen einfacher bewältigen lassen.
Digitales Ökosystem und Cloud – die Rolle der HCP
SAP bietet mit der Hana Cloud Platform (HCP) die Möglichkeit, eine bewusste Trennung von Standard-Prozessen und kundenspezifischer Anwendungsfunktionalität auch infrastrukturell und in den Entwicklungsumgebungen abzubilden.
Funktionale Ergänzungen lassen sich von den transaktionalen Backendsystemen entkoppeln und auf der HCP als separater Cloud-Infrastruktur mit neuer Flexibilität realisieren. Sowohl Erweiterungen des S/4-Systems als auch komplette Anwendungen sind auf der HCP lauffähig.
Die Vorteile liegen auf der Hand: Der Abap-Server des Backendsystems hält die Daten und die zentralen Verarbeitungslogiken innerhalb des Unternehmens vor. Integration und Flexibilität kommen als Ergänzung von der HCP.
Die HCP bietet durch Java-basierende Technologien sowie den Hana-Server mit JavaScript-Applikationsserver deutlich mehr Spielraum, um lösungsübergreifende Szenarien abzudecken. Dazu bietet SAP mit dem Hana Cloud Connector das passende Werkzeug, um beide Welten ohne umständliche Konfiguration sicher zu verbinden.
Das Zusammenspiel entfaltet die Stärken der On-Premise-Welt (stabiler Kern) mit den Cloud-Vorteilen (hohes Innovationspotenzial).
Die Vorteile der HCP sind aber nicht nur für S/4-Hana-Anwender nutzbar. Die Plattform bietet für Mitarbeiter außerhalb des Unternehmensnetzwerkes einen vereinfachten Zugriff auf Apps. Häufig sind dafür noch Investitionen in die Infrastruktur notwendig (Security, Single Sign-On/SSO, Netzwerke).
Etablierte Standards wie E-Mail müssen weiterhin reibungslos integriert werden. Um alle Vorteile auszuschöpfen, sollten moderne Geräte bereitstehen, die etwa über eine Kamera als auch genügend Rechenleistung verfügen.
Ein weiterer Vorteil ist die Integration von Inhalten externer Anbieter. Hier bietet eine Cloud-Plattform zusätzliche Möglichkeiten, Lücken im SAP-Portfolio zu schließen. Durch eigene Entwicklung oder Drittanbieter-Lösungen lassen sich somit Prozesse gut unterstützen.
Fazit
Web-Apps bieten SAP-Anwenderunternehmen viele Potenziale. Sie helfen, neue Anwendungskonzepte zu etablieren, und erlauben einen pragmatischen Einstieg in die digitale Systemlandschaft der Zukunft.
Dabei empfiehlt sich ein schrittweises Vorgehen mit dem Blick auf das große Ganze. Nur einige wenige Fiori-Apps anzubieten ist nicht der richtige Ansatz, um mobile Technologien, das App-Konzept und Fiori UX im Unternehmen zu etablieren.
Die Integration in eine Gesamtarchitektur ist zwingend notwendig. Erst mit ganzheitlichen Lösungen lässt sich der Nutzer überzeugen, dass das App-Konzept Vorteile bietet.
Veränderungsbereitschaft gehört dazu: Unternehmen und IT-Abteilungen müssen offen sein für neue Denkansätze und Ideen und eine alternative Kultur der Softwareentwicklung fördern. Dies wäre der Nährboden, auf dem ein hybrides, digitales App-Ökosystem nachhaltig wachsen und gedeihen kann.