Fiori und UI5 – über Umwege in die mobile Welt
Von intuitiver Bedeutung möchte man da erst gar nicht sprechen. SAP musste man sich bislang erarbeiten – und wer das einmal geschafft hatte, war auch irgendwie stolz.
Kleine Schrift und Minimaldesign, das gehörte zu SAP eben genauso wie das geniale System dahinter. Es wäre aber ungerecht zu verschweigen, dass SAP bereits seit Jahren an diesem Thema arbeitet.
Die Antwort auf Fragen zu Nutzerfreundlichkeit und einem ansprechenden Design sind HTML5-Anwendungen, die in modernen Browsern laufen und mittels des hauseigenen Werkzeugkastens SAPUI5 erstellt werden.
So weit, so gut – nur leider bedeutet eine neue Technologie nicht auch automatisch deren Nutzerakzeptanz.
Fiori: Strauß voller Nutzerfreundlichkeit, Einstieg holprig
Seit 2013 arbeitet SAP intensiv und anwendungsunabhängig daran, die Nutzerakzeptanz neu zu definieren, und liefert mit SAP Fiori ein Designkonzept aus, welches die Umsetzung mobiler Anwendungen auf der Grundlage von SAPUI5 vordefiniert.
Partner und Kunden können sich damit auf die Umsetzung der Anwendung konzentrieren, ohne aufwändig eine eigene UX-Strategie entwickeln zu müssen und so auch Gelegenheitsanwender zu erreichen.
So schön die neue bunte Welt auf den ersten Blick aussieht, so holprig kann sich der Einstieg gestalten. Fiori bedeutet trotz des Designgrundsatzes der Geräteunabhängigkeit leider nicht, dass jede Fiori-App aus der Fiori Apps Library auch automatisch mobil genutzt werden kann.
Ein Blick in die Bibliothek zeigt, dass viele Anwendungen auf WebDynpro basieren und damit nicht für Smartphone und Tablet geeignet sind.
SAP‘sche Vermarktungstrickkiste
Böse Zungen könnten behaupten, dass SAP hier tief in die Vermarktungstrickkiste greift, denn interessante Fiori-Anwendungen mit einem hohen Kundennutzen werden oft nur für eine Hana-Datenbank oder sogar nur für S/4 bereitgestellt.
Hinzu kommt, dass bei der Wahl der geeigneten Entwicklungsumgebung der Webanwendungen Verwirrung herrscht. Soll es Eclipse mit einem Dschungel von Plug-ins sein, eine on premise installierte WebIDE mit reduziertem Funktionsumfang oder doch die WebIDE in der Hana-Cloud?
Schnell fühlt man sich als Anwender hier allein gelassen und ist versucht, die alten Oberflächen doch wieder lieb zu gewinnen.
Die Strategie von SAP mag sicherlich auch technologische Gründe haben, täuscht aber nicht darüber hinweg, dass so vor allem ein Anreiz für den Sprung auf Hana oder S/4 geschaffen werden soll.
Mit vorhandenen Lizenzen in die mobile Welt
Dennoch sollten sich Nutzer nicht so schnell entmutigen lassen, denn im Rahmen der vorhandenen Lizenzen steht eine Reihe von Hilfsmitteln für die Gestaltung und Nutzung von Fiori-Apps zur Verfügung.
Mit dem SAPUI5-Werkzeugkasten, dem dazugehörenden Designkonzept und den ausgelieferten App-Templates lassen sich in kürzester Zeit erste Fiori-Anwendungen umsetzen und mit SAP-Geschäftsanwendungen verbinden.
Und das gerade auch dann, wenn die Fiori Library nicht die passende Anwendung für die eigenen Prozesse enthält. Die Anforderungen an die Infrastruktur sind minimal und wie gewohnt auf den jeweiligen Anwendungsfall skalierbar.
Vielleicht braucht man für das Designen eigener Apps einen Dienstleister. Der Aufwand ist aber überschaubar und lohnt sich in jedem Fall.
Und so erfüllt sich dann doch über kleine Umwege der Ansatz von SAP, neben den Power-Usern auch die Gelegenheitsnutzer in den Lager- und Produktionshallen oder die Genehmiger auf Bahnhöfen, Autobahnen und Flughäfen nicht nur in die Prozesse zu integrieren, sondern mehr noch, Akzeptanz für die Software zu erzeugen.
In Richtung Usability und weg von den alten, doch etwas angestaubten Oberflächen ist das ein Riesenschritt.
Und auch wenn viele Fiori-Apps eine Hana-Datenbank oder S/4 erfordern, ist das Angebot an Apps für die klassische Business Suite bereits sehr umfangreich und hat beste Chancen, die teilweise dringend benötigte Akzeptanz von SAP-Anwendungen markant zu verbessern und nicht erst auf die konkrete S/4-Strategie zu warten.