Mehr Hosting als Cloud
Fehlendes Cloud-Wissen
Bei SAP wird Cloud Computing als „Lift and Shift“ verstanden. Erprobte On-prem-Lösungen und verifizierte Geschäftsprozesse werden in die Wolke gehoben. Aber Cloud Computing ist mehr. Ohne dediziertes Betriebsmodell mit transparenter Wartung und kontinuierlichem Betrieb sind selbst die besten Cloud-Businessprozesse wertlos.
Ein Beispiel ist die viel gelobte SAP-Cloud-Lösung IBP (Integrated Business Planning). Es ist eine sehr umfangreiche Software für das Supply Chain Planning. Die Software selbst ist komplex, lässt aber kaum Wünsche offen. Das Betriebsmodell ist „Cloud only“, was einigen SAP-Bestandskunden aktuell viel Kopfzerbrechen bereitet.
SAP beherrscht das Cloud Computing nicht. Das Angebot ist mehr Hosting als Cloud. Während die allermeisten Cloud-Anbieter ohne Downtime und mit transparenter Wartung auskommen, besteht SAP auf vorgegebene Wartungsfenster. Ein großer Automobilhersteller aus München meinte dazu: Wir können uns von SAP nicht vorschreiben lassen, wann die Cloud-App in Wartung geht! Normalerweise bestimmen die SAP-Bestandskunden selbst, wann ein Releasewechsel durchgeführt wird. Die Maintenance-Zyklen liegen seit 50 Jahren im Verantwortungsbereich der Anwender. Nun will aber SAP vorgeben, wann die App-Wartung erfolgt.
Ein Cloud-Experte aus der SAP-Community meinte gegenüber dem E-3 Magazin, dass es hier eben ein gewaltiges Wissensdefizit bei SAP gibt, denn andere Anbieter schaffen es, ihre Apps zu servicieren und dennoch fortlaufend verfügbar zu halten. Cloud Computing muss gelernt sein und hier hat SAP die Hausaufgaben noch nicht gemacht. Wieder einmal gilt der Leitsatz: Schuster, bleib bei deinem Leisten! SAP hat hervorragende Geschäftsprozesse und Apps, selbst das viele Jahre kritisierte CRM ist in seiner jüngsten Ausprägung Salesforce bei Weitem überlegen. Schade eigentlich, dass SAP die Technik des Cloud Computing nicht beherrscht.