Der indirekte Nebel des Grauens
![[shutterstock.com:593838680, Laura Pashkevich]](https://e3magpmp.greatsolution.dev/wp-content/uploads/2017/08/shutterstock_593838680.jpg)

Seit Beginn des Jahres 2015 hat der SAP-Vertrieb bei Lizenzvermessungen oftmals die Vermutung geäußert, dass der Bestandskunde bezüglich „NetWeaver Foundation for Third Party Applications“ unterlizenziert sei.
Diese Herangehensweise des Vertriebs ist umso überraschender, weil mit der klassischen Lizenzvermessung eine „indirekte Nutzung“ nicht wirklich evaluiert werden kann. Demnach handelte der SAP-Vertrieb vielfach auf Hörensagen und verschickte auf gut Glück zum Teil extrem hohe Nachforderungen. Die geforderten Summen wurden teilweise nur geschätzt oder an der Zahl der lizenzierten Anwender (Professional oder Limited Professional User) orientiert.
In der SAP’schen PKL (Preis- und Konditionenliste) hat NetWeaver Foundation for Third Party Applications zwei Einträge. Der Bestandskunde muss sich zwischen einem Core-based oder User-based Lizenzmodell entscheiden.
Im ersten Fall zahlt man einmalig 30.000 Euro pro CPU-Core des NetWeaver-Servers – eine sehr teure Angelegenheit bei modernen Servern mit 50 und mehr Cores. Im zweiten Fall sind 450 Euro Lizenzgebühr pro Anwender veranschlagt. Es gilt eine Mindestabnahmemenge von 120 Lizenzen.
Wie in anderen Fällen auch üblich verlangt SAP die Lizenzierung aller im System hinterlegten Anwender, auch wenn diese nachweislich keine „indirekte Nutzung“ anwenden. Selbst mit mittelständischen ERP-Installationen mit 1000 Usern ergeben sich für SAP lukrative Mehreinnahmen.
Die teilweise recht undifferenzierte Vorgehensweise der Mitarbeiter aus dem SAP-Vertrieb verunsichert viele SAP-Bestandskunden. Folgerichtig gibt es seit Anfang 2015 diverse Rückmeldungen von DSAG-Mitgliedern zu diesem Sachverhalt.
Die meisten SAP-Bestandskunden wurden von den Nachforderungen doppelt überrascht: Die Existenz einer Lizenz „NetWeaver Foundation for Third Party Applications“ war nur beschränkt bekannt und seitens SAP wurden die Bestimmungen für diese Lizenz in den vergangenen Jahren immer wieder verändert.
Das bedeutet, wenn ein Bestandskunde ein Add-on im Einsatz hat, eine Modifikation oder eine Eigenentwicklung (Z-Funktion) macht, die auf der NetWeaver-Technologie basiert, kann es sein, dass SAP Lizenzgebühren nachfordert.
Somit hat der Anwenderverein umgehend das Gespräch mit SAP gesucht und versucht, einen konstruktiven Dialog zu starten, um gemeinsam Licht ins Dunkel zu bringen. Eine Neudefinition der Lizenz für die „NetWeaver Foundation for Third Party Applications“ ist das erste Ergebnis.
Aufgrund der Kooperation verschiedener Stellen seitens SAP mit der DSAG-Themengruppe NetWeaver und der Unterstützung des SAP-Managements sowie des DSAG-Vorstandes hat SAP die eigenen Vertriebsmitarbeiter sensibilisiert und eine Änderung des Prozesses eingeleitet. Daraufhin kehrte zwischenzeitlich Ruhe ein.
Zudem konnte die DSAG deutlich machen, wo der Schuh drückt. Nach einer längeren Prüfung des Sachverhaltes haben sich die Parteien auf Folgendes geeinigt: Neudefinition der Nutzungsrechte der Lizenz „NetWeaver Foundation for Third Party Applications“ für Neuverträge – ein Pyrrhussieg, weil die meisten Nachforderungen nicht auf Neuverträgen beruhen, sondern auf Add-ons und Modifikationen, die mehrere Jahre zurückliegen und im „guten Glauben“ als „lizenzfrei“ entwickelt wurden.
SAP hat demnach zugesichert, Rückrechnungen für Bestandskunden, insbesondere vor dem Jahr 2009, sorgfältig zu prüfen und partnerschaftlich zu agieren – was immer das im konkreten Fall auch heißen kann.
Die Unsicherheit bleibt für die Bestandskunden aktuell, trotz Intervention der DSAG! Somit fühlt sich der Anwenderverein verpflichtet, noch auf folgende Umstände hinzuweisen: Die generelle Prüfpflicht hinsichtlich der Lizenzierung der „NetWeaver Foundation for Third Party Applications“ besteht beim Kunden und nicht bei den Drittanbietern von Add-ons oder Z-Modifikationen.
Dieser Umstand führt immer wieder zu engagierten Diskussionen, sodass die DSAG empfiehlt, dieser Tatsache besondere Beachtung zu schenken und ein klärendes Gespräch mit dem Vertriebsbeauftragten der SAP zu führen.
Laut DSAG besteht bei den SAP-Verantwortlichen die Bereitschaft, „Fälle“ vor dem Jahr 2009 mit „Augenmaß“ zu prüfen. Sofern es zwischen DSAG-Mitgliedern und den SAP-Vertriebsbeauftragten zu „Diskussionen“ kommt, besteht weiterhin das Angebot des Anwendervereins, diese Fälle über die DSAG-Geschäftsstelle zu „eskalieren“.
Stellungnahme und
Definitionen der SAP
NetWeaver Foundation Runtime License:
Ein anwendungsspezifisches Runtime-Nutzungsrecht von SAP NetWeaver Foundation ist in allen Package-Nutzungsrechten enthalten, sofern SAP NetWeaver Teil des Lieferumfangs der erworbenen Software ist. Dieses Runtime-Nutzungsrecht berechtigt den Auftraggeber, die Funktionen von SAP NetWeaver Foundation ausschließlich in Verbindung mit (1) der erworbenen SAP-Anwendung (Customizing inbegriffen), (2) Modifikationen, (3) Add-ons der SAP Anwendung, die nicht direkt auf die Datenbank der SAP-Anwendungen oder auf die darin enthaltenen Informationen zugreifen, und (4) Drittanbieter-Software, die nicht direkt auf die Datenbank der SAP-Anwendungen oder auf die darin enthaltenen Informationen zugreifen, zu nutzen. Die Developer User des Auftraggebers dürfen die Werkzeuge, die im SAP NetWeaver-Foundation-Runtime-Nutzungsrecht enthalten sind, nur für die Entwicklung dieser Modifikationen und Add-ons, wie vorangehend beschrieben, nutzen.
NetWeaver Foundation for Third Party Applications:
Das Nutzungsrecht für SAP NetWeaver Foundation for Third Party Applications berechtigt den Auftraggeber zusätzlich zum Runtime-Nutzungsrecht der SAP NetWeaver Foundation, zur Nutzung der SAP NetWeaver Foundation for Third Party Applications-Software in Verbindung mit (1) Add-ons der SAP-Anwendung, die direkt auf die Datenbank der SAP-Anwendungen oder auf die darin enthaltenen Informationen zugreifen(*), und (2) Drittanbieter-Software, die direkt auf die Datenbank der SAP-Anwendungen oder auf die darin enthaltenen Informationen zugreifen, zu nutzen.
(*) Ein direkter Zugriff auf eine Datenbank (insbesondere, aber nicht abschließend auf Oracle- und/oder Microsoft-Datenbanken) oder die darin enthaltenen Informationen kann den Erwerb von Full-Use-Lizenzrechten an diesen Datenbanken erfordern. Der Auftraggeber trägt die Verantwortung, dass er die erforderlichen Nutzungsrechte von den entsprechenden Lizenzgebern erworben hat.
Weiterhin ist eine Vermischung von Core-basierten (30.000 Euro/Core) und User-basierten (450 Euro/User, min. 120 User) Nutzungsrechten für SAP NetWeaver Foundation for Third Party Applications nicht erlaubt. Auftraggeber müssen sich beim ersten Erwerb der SAP NetWeaver Foundation for Third Party Applications entscheiden, welche Lizenzmetrik (User-basiert oder Core-basiert) sie anwenden wollen.
SAP Platform User
(Lizenzpreis: 1300 Euro) ist ein Definierter Nutzer, der berechtigt ist, erworbene Software über eine separate SAP-, Partner- oder auftraggebereigene Anwendung zu nutzen, die über veröffentlichte SAP Application Programming Interfaces (Programmierschnittstellen) an die SAP-Software angebunden ist oder über veröffentlichte SAP Application Programming Interfaces mit der SAP-Software kommuniziert. Das Erfordernis, Nutzungsrechte für NetWeaver-Produkte und/oder Drittsoftware zu erwerben, bleibt hiervon unberührt.
SAP Platform User for Productivity Apps
(Lizenzpreis: 250 Euro) ist ein Definierter Nutzer, der erworben werden muss, für Szenarien in denen auf die erworbene Software über eine oder mehrere Productivity App(s) zugegriffen wird. Das Erfordernis, Nutzungsrechte für NetWeaver-Produkte und/oder Drittsoftware zu erwerben, bleibt hiervon unberührt.
Add-on
bezeichnet Entwicklungen, die keine Modifikation (wie unten definiert) darstellen, APIs benutzen und neue und unabhängige Funktionalität hinzufügen.
API
bezeichnet Application Programming Interfaces (Anwendungsprogrammierschnittstellen) oder anderen Code, die anderen Softwareprodukten die Möglichkeit einräumen, mit der SAP-Software zu kommunizieren oder diese aufzurufen (z. B. SAP Enterprise Services, BAPIs, IDocs, RFCs und ABAP-Aufrufe oder andere User Exits).
Modifikation
bezeichnet Entwicklungen, die (1) den ausgelieferten Quellcode oder die Metadaten ändern oder (2) APIs nutzen, aber keine neue und unabhängige Funktionalität hinzufügen, sondern nur die bestehende Funktionalität der SAP-Software ausprägen, verbessern oder ändern. Zur Klarstellung: Customizing und Parametrisierung der SAP- Software stellen keine Modifikation dar, sondern sind im Rahmen der vertraglichen Vereinbarungen zulässig.